Wetterballon
IMAGO/Becker Bredel
Mehr als 99 Luftballons

Großes Getümmel in der Stratosphäre

Spätestens seit die USA einen chinesischen Ballon in 20 Kilometer Höhe sowie weitere mysteriöse Flugobjekte im Luftraum abgeschossen haben, hat die Atmosphärenschicht zwischen Reiseflughöhe und Satellitenbahn große Aufmerksamkeit erlangt. Auch wenn die Stratosphäre mitunter als vergessener bzw. leerer Raum betrachtet wird, herrscht dort reges Treiben.

Insgesamt ist die Erdatmosphäre aufgrund von Eigenschaften wie Luftdruck, Temperatur und Zusammensetzung in fünf Schichten unterteilt, die hauptsächlich aus Stickstoff und Sauerstoff bestehen. Die Stratosphäre erstreckt sich etwa zwischen 15 und 50 Kilometern über der Erdoberfläche, sie wird auch als Nahraum bezeichnet. Die Stratosphäre beinhaltet die lebenswichtige Ozonschicht, wo UV-Strahlung absorbiert und in Wärme umgewandelt wird.

Darunter befindet sich die Troposphäre, die fast das gesamte Wasser der Atmosphäre enthält. In dieser Schicht formen sich auch Wolken, das tägliche Wetter spielt sich in dieser Höhe ab. Die Troposphäre hat unterschiedliche Höhen – an den Polen ist sie mit rund sieben Kilometern am niedrigsten. Auch der Reiseflugverkehr findet in der Troposphäre statt, in rund zehn bis zwölf Kilometer Höhe.

Infografik zu den Schichten der Erdatmosphäre sowie Flugobjekten nach Flughöhe
ORF/Sandra Schober
Wetter- oder Überwachungsballons bewegen sich meist in der Stratosphäre

Nach der Stratosphäre beginnt bei rund 50 Kilometer Höhe die sehr kalte Mesosphäre (bis –180 Grad Celsius) und nach rund 85 Kilometern die sehr heiße Thermosphäre (bis zu 1.500 Grad). Ab 500 Kilometern folgt dann die oberste Schicht der Atmosphäre und die Grenze zum Weltall, die Exosphäre.

1.800 Wetterballons täglich gestartet

Flugobjekte wie Ballons fliegen in einer Höhe von bis zu 36 Kilometern, also in der Stratosphäre. Besonders häufig handelt es sich dabei um Wetterballons. Laut US-Wetterdienst wird im Schnitt zweimal täglich von 900 Standorten weltweit ein Wetterballon gestartet, das entspricht mehr als 600.000 jährlich. Rund 20 Prozent der Messinstrumente werden wiedergefunden.

Beim Aufstieg dehnt sich der mit Wasserstoff oder Helium gefüllte Wetterballon durch die Abnahme des Luftdrucks auf bis zu 15 Meter aus. Platzt der Ballon schließlich, fliegt die angebrachte Radiosonde mit einem Fallschirm zurück zum Boden. Die Wetterballons müssen vor dem Start registriert werden, um sicherzustellen, dass sie etwa dem Flugverkehr nicht in die Quere kommen – in Österreich geschieht das über die Austro Control.

Wetterballon
GeoSphere Austria/Daniel Auer
Mit Hilfe von Wetterballons können in der Stratosphäre wichtige Daten gesammelt werden

Die Ballons übermitteln mit Hilfe der Radiosonden etwa Daten zu Luftdruck, -temperatur und -feuchtigkeit, eingebaute GPS-Sender ermöglichen zudem die Berechnung der Richtung und Geschwindigkeit der Höhenwinde. Aber auch andere wissenschaftliche Messwerte etwa zu Turbulenzen, energetischen Teilchen aus dem Weltraum und der elektrischen Ladung von Wolken können mit modifizierten Wetterballons erfasst werden.

Die gewonnenen Daten werden international geteilt, wodurch etwa Wettervorhersagen erstellt werden können – und auch für die Klimatologie sind die Daten ein wichtiger Indikator der Erderhitzung. Auch die Bundesanstalt für Geologie, Geophysik, Klimatologie und Meteorologie (Geosphere Austria) lässt zweimal täglich bei der Hohen Warte in Wien einen Wetterballon aufsteigen.

Das Problem mit dem Wind

Im Gegensatz zu Wetterballons, die nur relativ kurz unterwegs sind, können sich Spionage- und Überwachungsballons auch mehrere Wochen in der Atmosphäre bewegen. Diese Ballons sind meist so ausgestattet, dass sie Bilder des Bodens aufzeichnen beziehungsweise Kommunikation sowie elektronische Informationen auffangen.

Die gleiche Technologie, die dafür bei Satelliten verwendet werde, könne auch bei Ballons eingesetzt werden, sagte Stilianos Vidalis, stellvertretender Leiter des Fachbereichs Informatik an der Universität von Hertfordshire, zur „Financial Times“ („FT“). Ballons bieten, anders als Satelliten in hohen Umlaufbahnen, den Vorteil, dass die Übertragungszeit der Daten zum Boden deutlich geringer ausfällt. Zudem sind sie deutlich billiger als Satelliten.

Überwachungsballon
APA/AFP/Loren Elliott
Auch zur Überwachung werden Ballons eingesetzt, wie etwa dieser Ballon 2018 an der Grenze zwischen den USA und Mexiko

Ein Nachteil ist jedoch, dass Ballons starken Winden ausgeliefert sind. Auch wenn die Winde zu prognostizieren sind, kann es dazu kommen, dass der Weg eines Ballons falsch berechnet wird. Im Vergleich zur Flugbahn eines Flugzeugs ist schnell zu erkennen, dass Ballons deutlich turbulentere Routen einschlagen.

Zu viel „Himmelsmüll“?

Neben Regierungen und Forschungseinrichtungen schicken auch private Unternehmen Ballons und Flugobjekte in die Stratosphäre. Um Internet in ländliche Gebiete zu übertragen, hat etwa Google bis vor zwei Jahren Hunderte von selbst navigierenden Ballons in die Atmosphäre geschickt.

Für das Projekt „Loon“ wurden Ballons konstruiert, die aufsteigen und fallen konnten, um einen günstigen Wind einzufangen. 2021 wurde das Projekt aus finanziellen Gründen eingestellt und zum Teil verkauft. Auf der Website von Flightradar24, auf der Flugzeuge verfolgt werden können, gibt es sogar ein eigenes Symbol für Ballons – auch die Ballons von Google waren dadurch sichtbar.

Wie viel „Himmelsmüll“ sich nun in der Atmosphäre bewegt? Viel, sagte Brad Tucker, Astrophysiker und Astronom an der Australischen Nationaluniversität, zum „Guardian“. Das könne alles sein, was absichtlich aufgestiegen sei, wie Ballons und hoch fliegende Drohnen, aber auch Müll wie Plastiksackerln und Partyballons, die sich in den Strömungen verfangen hätten.

Gleichzeitig lässt sich aber die Menge an verirrten Flugobjekten in der Stratosphäre nicht mit der Menge an Weltraummüll vergleichen, der in der Umlaufbahn von ausgedienten Satelliten herumschwirrt.