Verfahrensrichter Pöschl widerspricht Hanger

Nachdem die Fraktionen im ÖVP-U-Ausschuss gestern von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) den vorläufigen Abschlussbericht erhalten hatten, hat Andreas Hanger (ÖVP) die Vorwürfe gegen seine Partei für „in Luft aufgelöst“ befunden.

Anders sah das Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl heute im Ö1-Mittagsjournal: „Es wurde sicherlich Korruption festgestellt, wenn auch nicht im erwarteten Ausmaß.“ Die Opposition sieht in dem Bericht keine Entlastung für die ÖVP.

Korruption sei überall wahrzunehmen, so auch bei Postenbesetzungen und Inseratenvergabe, so Pöschl. Der Bericht konnte hier aber nicht in die Tiefe gehen, weil das Strafverfahren zuständig sei und man nicht vorverurteilen wolle.

ÖVP-Fraktionsführer Hanger, der sich durch den Bericht „fast zu einhundert Prozent bestätigt“ fühlte, empfahl der Verfahrensrichter, „den Bericht noch ein bisschen genauer zu lesen“.

SPÖ verweist auf Pöschls frühere Funktion

Anders als Hanger interpretierte den Abschlussbericht naturgemäß die Opposition. Wenn Hanger die Vorwürfe gegenüber seiner Partei nun als „in Luft aufgelöst“ erachte, so habe dieser „ein Wahrnehmungsproblem“, sagte SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zur APA.

„Massives korruptives Verhalten liegt klar auf der Hand“, so Krainer. Zu beachten sei aber auch, dass Pöschl Strafrichter sei und sich überlege, ob es „für eine strafrechtliche Verurteilung reiche“.

Für FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker ist der Bericht die Bestätigung seiner Forderung nach einer Fortführung des U-Ausschusses. Er übte abermals Kritik an Justizministerin Alma Zadic (Grüne). Sie habe es „in ihrer bald vierjährigen Amtszeit nicht zuwege gebracht, durchgreifende Reformen und Veränderungen zu setzen“.

NEOS-Mandatarin Stephanie Krisper sagte: „Die deutlichen Aussagen zur schon alltäglichen Korruption bei Postenvergaben insbesondere im BMI kann man eigentlich nicht überlesen – ebenso wie die auch von uns längst gestellten Forderungen von Informationsfreiheit über Cooling-off-Regeln bis zur Bundesstaatsanwaltschaft – alles Punkte, bei denen die ÖVP in der Regierung seit Jahren säumig ist.“