Gastherme
ORF.at/Patrick Bauer
Tiefster Stand seit August 2021

Europäischer Gaspreis unter 50 Euro gefallen

Der Preis für europäisches Erdgas geht weiter zurück. Am Freitag fiel der Preis für den richtungsweisenden Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat erstmals seit gut eineinhalb Jahren unter die Marke von 50 Euro je Megawattstunde. Im Tief wurden am Vormittag 49,50 Euro markiert, das ist der tiefste Stand seit August 2021.

Infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine waren die Erdgaspreise im vergangenen Jahr drastisch gestiegen. In der Spitze wurden Preise von mehr als 300 Euro pro MWh gezahlt, nachdem Erdgas längere Zeit um die 20 Euro gekostet hatte. Die einst hohe Abhängigkeit von russischem Gas hatte zu einer Energiekrise geführt.

Der aktuelle Preisrückgang, der sich bereits seit vergangenem Sommer vollzieht, geht vor allem auf gut gefüllte Erdgasspeicher, hohe Importe auch von Flüssiggas und eine wetterbedingt niedrigere Nachfrage zurück. Hinzu kommen Einsparungen vor allem in der Industrie, die aus Kostengründen weniger herstellt.

Gaspreisdeckel in Kraft

In der EU steht seit Mittwoch zudem ein flexibler Preisdeckel für den Schutz von Wirtschaft und Verbrauchern vor überhöhten Gaspreisen zur Verfügung. Konkret soll er verhindern, dass die Großhandelspreise für Gas in der EU über längere Zeit deutlich über den Weltmarktpreisen liegen. Dazu kann die EU künftig bestimmte Gashandelsgeschäfte verbieten, wenn ihr Preis ein vorab festgelegtes Niveau erreicht und der Preisanstieg nicht einem ähnlichen Preisanstieg auf regionaler Ebene oder auf dem Weltmarkt entspricht.

Die EU-Verordnung zu dem Korrekturmechanismus trat bereits am 1. Februar in Kraft. Eine Aktivierung ist aber erst seit Mittwoch möglich. Ausgelöst wird der Mechanismus nach einer EU-Einigung im Dezember dann, wenn der Preis der Produkte drei Arbeitstage lang 180 Euro pro MWh übersteigt und gleichzeitig 35 Euro über einem internationalen Durchschnittspreis für flüssiges Erdgas (LNG) liegt. Vorerst dürfte das – angesichts der derzeit niedrigen Gaspreise – allerdings nicht passieren.

Gasverbrauch um 19 Prozent gesunken

Laut einem am Mittwoch veröffentlichten Monatsbericht des Forums gasexportierender Länder (GECF) ist der Gasverbrauch deutlich rückgängig. Im Vergleich zum Jänner des Vorjahres ging der Verbrauch in der EU um 19 Prozent zurück.

Der Gasverbrauch sei auch „aufgrund der hohen Preise auf dem europäischen Markt“ und der damit verbundenen Sparmaßnahmen weiter zurückgegangen, heißt es im GECF-Bericht. Firmen und Privatverbraucher in den EU-Staaten verbrauchten im Jänner 2023 mit 40 Milliarden Kubikmetern fast ein Fünftel weniger Gas als im Jänner 2022. Der Gasverbrauch in den Kraftwerken der EU betrug dem GECF-Bericht zufolge 13 Prozent weniger, die Stromerzeugung aus Kohle habe um 24 Prozent und die aus Wasserkraft um acht Prozent zugenommen.

Plus sechs Prozent bei Flüssiggas

Für Großbritannien verzeichnete das GECF einen um 16 Prozent niedrigeren Gasverbrauch, für die USA einen Rückgang um 8,8 Prozent. Der GECF-Bericht bestätigte zudem den Einbruch der Lieferungen russischen Erdgases an die EU über Pipelines und die Zunahme von Gasimporten aus Norwegen, das 2022 zum größten Lieferanten der EU wurde. Die Lieferungen von Flüssiggas nach Europa nahmen um sechs Prozent zu.

Das 2008 gegründete GECF hat zwölf Mitgliedsstaaten, darunter Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Russland, Algerien, Ägypten und der Iran. Seine Mitglieder verfügen nach eigenen Angaben über 72 Prozent der weltweiten Gasreserven und 44 Prozent der weltweit verkauften Fördermenge. Außerdem gibt es mehrere Beobachterstaaten, darunter Norwegen.