US-Vizepräsidentin Kamala Harris in München
Reuters/Wolfgang Rattay
Ukraine

Harris warnt Russland und China

Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ist am Samstag den zweiten Tag in Folge im Zeichen des Krieges in der Ukraine gestanden. US-Vizepräsidentin Kamala Harris warf in ihrer Rede Russland „barbarische“ Verbrechen vor und drohte mit Konsequenzen. Eine Warnung richtete die US-Vizepräsidentin auch an die Adresse Chinas. Der britische Premierminister Rishi Sunak forderte einen härteren Kurs gegen Moskau.

Die russische Armee sei in der Ukraine für schwere Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde, Vergewaltigungen und die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland, verantwortlich. „Das ist barbarisch und inhuman“, sagte Harris in ihrem Redebeitrag am Samstag kurz nach Mittag.

Sie betonte, dass sich die USA dafür einsetzen werden, dass russische Verantwortliche für Kriegsverbrechen in der Ukraine zur Verantwortung gezogen würden. „Russland hat Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen.“

Harris wirft Russland „barbarische“ Verbrechen vor

Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ist den zweiten Tag in Folge im Zeichen des Krieges in der Ukraine gestanden. US-Vizepräsidentin Kamala Harris warf in ihrer Rede Russland „barbarische“ Verbrechen vor und drohte mit Konsequenzen. Eine Warnung richtete sie auch an die Adresse Chinas.

Hilfe Chinas würde „Aggression belohnen“

Harris warnte weiters China davor, Russland militärisch zu helfen. Damit würde die Volksrepublik nur die Aggression unterstützen. Alle Schritte Chinas in diese Richtung würden die „Aggression belohnen, das Töten fortsetzen und eine regelbasierte Ordnung weiter untergraben“, sagte sie am Samstag auf der MSC.

Seit dem russischen Angriff hätten sich die Beziehungen zwischen Moskau und Peking verstärkt. Wenn Russland mit seinem Krieg in der Ukraine Erfolg haben sollte, könnten sich andere autoritäre Länder in der Welt ermutigt fühlen, fügte Harris hinzu.

Sunak fordert schärferen Kurs

Großbritanniens Regierungschef Sunak forderte ein härteres Vorgehen der internationalen Gemeinschaft gegen die russische Aggression in der Ukraine. Die bisherigen Antworten seien „nicht stark genug“, sagte er am Samstag vor dem Plenum der MSC.

Britischer Premier Rishi Sunak in München
Reuters/Ben Stanstall
Sunak ist das Vorgehen gegen Russland im Kontext des Ukraine-Krieges nicht hart genug

London werde Länder unterstützen, die der Ukraine sofort Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen könnten. Fragen danach, ob auch London Kampfjets zur Verfügung stellen wolle, wich er aus.

Waffen mit größerer Reichweite versprochen

Der Krieg in der Ukraine befinde sich aktuell an einem „Wendepunkt“. Nun sei „der Moment gekommen, unsere militärische Unterstützung zu verdoppeln“. Großbritannien werde „das erste Land sein, das der Ukraine Waffen mit größerer Reichweite zur Verfügung stellt“. Details dazu nannte Sunak nicht.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen warb in ihrer Rede am Samstag für Abnahmegarantien für die Rüstungsindustrie, um die Ukraine besser und schneller mit Waffen und Munition zu versorgen. „Wir müssen jetzt das Gleiche tun, was wir während der Pandemie getan haben“, sagte sie mit Blick auf entsprechende Verträge mit Pharmaunternehmen zur Beschleunigung der Produktion von CoV-Impfstoffen. Abnahmegarantien könnten der Verteidigungsindustrie jetzt die Möglichkeit geben, schneller in Produktionslinien zu investieren und das Liefervolumen zu erhöhen.

China kündigt Friedensinitiative an

Das von US-Vizepräsidentin Harris angesprochene China hatte zuvor eine eigene Friedensinitiative für die Ukraine angekündigt. „Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise“, sagte Pekings oberster Außenpolitiker Wang Yi laut offizieller Übersetzung am Samstag auf der Konferenz in München. Die Volksrepublik werde „auf der Seite des Friedens und des Dialoges“ stehen.

Chinas oberster Außenpolitiker Wang Yi in München
AP/Petr David Josek
Peking will „auf Seite des Friedens und des Dialoges“ stehen

Französischer Appell für Aufrüstung der EU

Zuvor hatte am Freitag, dem ersten Tag der Konferenz, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron den EU-Partnern Gespräche zur atomaren Abschreckung in der EU angeboten. Dabei könnte es um die europäische Dimension der nuklearen Abschreckung Frankreichs gehen, erklärte er auf der Sicherheitskonferenz. Die derzeitige russische Aggression gegen die Ukraine sei eine Ermahnung, welche wichtige Rolle Atomwaffen in der Union hätten und weiter haben müssten.

Der französische Präsident Emmanuel Macron
Reuters/Wolfgang Rattay
Macron erneuerte sein Angebot einer atomaren Abschreckung Europas

Macron erinnerte daran, dass er das Angebot bereits Anfang 2020 gemacht hatte. Damals hatten europäische Partner wie Deutschland allerdings zurückhaltend darauf reagiert. Frankreich ist seit dem Austritt Großbritanniens am 31. Jänner 2020 die einzig verbliebene Atommacht der EU. Macron fordert seit Langem, dass sich Europa unabhängiger von der Supermacht USA machen sollte.

Scholz warb erneut für Panzerlieferungen

Deutschlands Kanzler Olaf Scholz hatte in seiner Rede am Freitag in München betont, „intensiv“ dafür zu werben, „dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies nun auch wirklich tun“. Berlin hatte Ende Jänner als Ziel ausgegeben, der Ukraine bis zu 31 Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. 14 davon sollen aus Beständen der Bundeswehr kommen, für die restlichen Panzer wartet Berlin auf Zusagen von Verbündeten.

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz
AP/Michael Probst
Scholz sprach sich einmal mehr für Panzerlieferungen an die Ukraine aus

Scholz betonte erneut, dass jeder neue Schritt der Waffenhilfe mit den Partnern abgesprochen sein müsse. Der deutsche Kanzler verteidigte die Panzerlieferungen an die Ukraine gegenüber Bedenken aus dem eigenen Land. Es seien „nicht unsere Waffenlieferungen“, die den Krieg verlängerten. Je früher der russische Präsident Wladimir Putin einsehe, „dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen“, sagte Scholz.

Kampf gegen „Goliath“

Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner Videoansprache erklärt, er rechne mit einem Kriegsende im Jahr 2023: „Goliath hat schon angefangen zu verlieren. Goliath wird auf jeden Fall dieses Jahr fallen“, sagte der Präsident.

Er verglich sein Land mit dem biblischen David, der sich gegen einen russischen Goliath wehren müsse. Es gebe „keine Alternative zu unserem Sieg“, sagte Selenskyj, der den Westen zu einer größeren Geschwindigkeit bei der Lieferung von Waffen und der Unterstützung seines Landes aufforderte.

„Munition, Artillerie, Panzer“

Geht es nach dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba, benötige die Ukraine „Munition, Artillerie, Panzer“. Das sagte Kuleba in München bei einer Podiumsdiskussion mit seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock und US-Außenressort-Chef Antony Blinken. Baerbock erneuerte dabei ihre Forderung an die Verbündeten, der Ukraine Kampfpanzer des Typs Leopard 2 zur Verfügung zu stellen. Blinken sagte zum Thema Munition, jeder Winkel der Erde werde mit Blick darauf untersucht.

Kiew will auch umstrittene Munition

Auf der MSC forderte Vizeregierungschef Olexander Kubrakow am Freitag für Kiew zuvor auch Streu- und Phosphormunition – der Einsatz beider Waffen ist allerdings sehr umstritten. Wie Russland wolle auch sein Land diese „Art von Kampfmitteln“ nutzen.

„Es ist unser Staatsgebiet“, sagte Kubrakow. Er verstehe die Schwierigkeiten wegen Konventionen, aber diese (geächtete, Anm.) Art von Munition könne dazu beitragen, dass man den Angreifern standhalten könne. Als Streumunition wird Munition bezeichnet, die in der Luft über dem Ziel explodiert und viele kleine Sprengkörper freisetzt. Phosphormunition kann bei Menschen schwerste Verbrennungen und Vergiftungen verursachen.

Schallenberg: „Wir leisten unglaublich viel“

Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) sehen Österreich mit seinem Festhalten an der militärischen Neutralität im Ukraine-Krieg nicht unter Druck. „Ich habe nie Anfragen bekommen, wir sollen Waffen liefern“, sagte Schallenberg am Rande der Sicherheitskonferenz. „Es wird anerkannt, dass wir unglaublich viel leisten in anderen Bereichen“, ergänzte Edtstadler mit Blick auf die humanitäre Hilfe.

Die Europaministerin berichtete diesbezüglich von ihrem kürzlichen Besuch in Kiew, bei dem es nach einem russischen Raketenangriff einen Feuerwehreinsatz gegeben habe. „Der Feuerwehrmann trug eine Schutzausrüstung aus Graz.“ Schallenberg wies darauf hin, dass Österreich gemessen an seiner Wirtschaftsleistung an erster Stelle stehe, was die humanitäre Hilfe für die Ukraine betreffe. Auch fahre Österreich in dem Konflikt „scharf an der Kante (dessen, Anm.), was neutralitätsrechtlich möglich ist“.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP.) und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi
APA/Bmeia/Michael Gruber
Wang traf Schallenberg am Rande der MSC

Skeptisch betrachtet Schallenberg indes die chinesische Friedensinitiative. Es gebe diesbezüglich nämlich die „Quadratur des Kreises“ zwischen der Unterstützung Russlands und der chinesischen Position in der Taiwan-Frage, erläuterte Schallenberg nach einem Treffen mit Pekings Topaußenpolitiker Wang Yi. „Es bleibt abzuwarten, was sie vorlegen. Eine gewisse Skepsis ist angebracht“, so Schallenberg.

Russland nach Absage nicht mehr eingeladen

Am diesjährigen Treffen in München nehmen mehr als 150 hochrangige Regierungsvertreter teil. Russische Regierungsvertreter fehlen bereits das zweite Jahr in Folge. Nachdem der Kreml im vergangenen Jahr, kurz vor der russischen Invasion der Ukraine, jegliche Einladung zu dem Treffen ausgeschlagen hatte, erging diesmal keine Einladung nach Moskau.

Die Münchner Sicherheitskonferenz findet seit 1963 statt. Neben den öffentlichen Diskussionen und Reden ist sie nicht zuletzt für ihre „Hinterzimmertreffen“ im Bayerischen Hof bekannt, wo sich Politiker in inoffiziellen Gesprächen austauschen können.

Gegen die Konferenz protestierten am Samstag in der Münchner Innenstadt bei unterschiedlichen Kundgebungen mehrere tausend Menschen. Aufseiten der Sicherheitskräfte sind bei der MSC bis Sonntag rund 4.500 Polizisten und Polizistinnen aus Bayern und 300 Kräfte der Bundespolizei im Einsatz.