US-Außenminister Antony Blinken
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Blinken nach Sicherheitskonferenz

China erwägt Waffenlieferungen an Russland

China erwägt nach den Worten von US-Außenminister Antony Blinken die Lieferung von Waffen zur Unterstützung Russlands in seinem Krieg gegen die Ukraine. Jegliche Waffenlieferung an Moskau würde „ernste Probleme“ verursachen, warnte Blinken am Sonntag im Fernsehsender CBS.

„Die Sorge, die wir jetzt haben, beruht auf der uns vorliegenden Information, dass sie die Bereitstellung tödlicher Unterstützung erwägen“, sagte Blinken mit Blick auf China. Auf die Frage, was eine solche „tödliche Unterstützung“ umfasse, sagte der Außenminister, „alles von Munition bis zu den Waffen selbst“.

Ungeachtet des Drängens der Ukraine bleibt Washington beim Nein zur Lieferung von Kampfjets. „Der Schwerpunkt muss darauf liegen, was sie in den nächsten Monaten gebrauchen können, und zwar effektiv in den nächsten paar Monaten und nicht in den nächsten paar Jahren“, so Blinken zum Sender ABC. Die Ausbildung auf Kampfjets westlicher Bauart gilt als langwierig und anspruchsvoll.

US-Präsident Joe Biden habe den chinesischen Staatschef Xi Jinping bereits im vergangenen März vor Waffenlieferungen an Russland gewarnt, sagte Blinken dem Sender ABC. Seither habe China darauf geachtet, „diese Linie nicht zu überschreiten“, hieß es aus US-Regierungskreisen.

Gespräche bei Sicherheitskonferenz in München

Blinken war am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit Chinas ranghöchstem Außenpolitiker Wang Yi zusammengetroffen. Dabei warnte Blinken nach Angaben seines Ministeriums vor „Konsequenzen“ für den Fall, dass Peking Russland im Ukraine-Krieg „materielle Unterstützung“ leistet oder bei der Umgehung westlicher Sanktionen hilft.

China ist der wichtigste verbliebene Partner Russlands, das seit seiner Invasion in der Ukraine vor knapp einem Jahr international weitgehend isoliert ist. In München hatte Wang am Wochenende eine chinesische Friedensinitiative im Ukraine-Krieg angekündigt, ohne Details zu nennen.

Der prominente republikanische US-Senator Lindsey Graham, der Teil der US-Delegation bei der Münchner Sicherheitskonferenz war, bezeichnete es als schweren Fehler, sollte China Russland mit Waffen versorgen. Er sei sich so sicher wie nie, dass die Ukraine unbesiegt aus dem Krieg hervorgehen werde, sagte er. Jetzt Moskau mit Waffen zu helfen sei so, wie eine Fahrkarte für die bereits sinkende „Titanic“ zu kaufen.

China kündigt Friedensinitiative an

China hatte zuvor eine eigene Friedensinitiative für die Ukraine angekündigt. „Wir werden etwas vorlegen. Und zwar die chinesische Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise“, sagte Wang laut offizieller Übersetzung am Samstag auf der Konferenz in München. Die Volksrepublik werde „auf der Seite des Friedens und des Dialoges“ stehen.

Ukraine: China kündigt Friedensplan an

China hat am Samstag angekündigt, einen Friedensplan für die Ukraine vorlegen zu wollen. Bei der Sicherheitskonferenz in München reagierten die Ukraine und ihre Verbündeten allerdings skeptisch. Frieden sei nur möglich, wenn sich Russland aus den besetzten Gebieten zurückzieht, heißt es.

G-7 droht mit Sanktionen

Ebenfalls am Samstag hatten die Außenminister und -ministerinnen der G-7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Großbritannien und USA) bei der Münchner Sicherheitskonferenz eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht. Darin heißt es, die G-7-Staaten seien gemeinsam entschlossen, Länder zu sanktionieren, „die materielle Unterstützung für Russlands illegalen Krieg gegen die Ukraine“ zur Verfügung stellen oder Sanktionen gegen Russland umgehen.

Die betroffenen Länder wurden aufgefordert, ihre Unterstützung für die russische Armee und deren verbündete Truppen zu beenden, sonst drohten ihnen „hohe Kosten“. In der G-7-Erklärung wird zudem Russland aufgefordert, „unverzüglich und bedingungslos alle Streitkräfte und Ausrüstungen aus der Ukraine“ abzuziehen, „und die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität in den international anerkannten Grenzen“ zu „respektieren“.

Die G-7 verurteilte die anhaltenden russischen Angriffe auf ukrainische Zivilbevölkerung und wichtige Infrastrukturanlagen. Kriegsverbrechen und andere Gräueltaten dürften nicht ungestraft bleiben, alle Verantwortlichen einschließlich des russischen Präsidenten Wladimir Putin und der russischen Führung müssten zur Verantwortung gezogen werden. Außer Frage stellten die G-7-Staaten nach rund einem Jahr Krieg ihre in diesem Zusammenhang „standhafte Solidarität“.

„Inakzeptable nukleare Rhetorik“

Die G-7-Staaten bekräftigten zudem ihre Kritik an den atomaren Drohungen des Kreml. „Russlands unverantwortliche nukleare Rhetorik ist inakzeptabel und jedem Einsatz von chemischen, biologischen oder nuklearen Waffen oder ähnlichen Stoffen würde mit schwerwiegenden Konsequenzen begegnet“, erklärte der japanische Außenminister Hayashi Yoshimasa als Vorsitzender des G7-Außenministertreffens.

Deutliche Worte in Richtung Russland und China gab es in München zuvor auch von US-Vizepräsidentin Kamala Harris. Sie warf in ihrer Rede Russland „barbarische“ Verbrechen vor und drohte mit Konsequenzen. Eine Warnung richtete die US-Vizepräsidentin auch an die Adresse Chinas. Der britische Premierminister Rishi Sunak forderte einen härteren Kurs gegen Moskau.

Die russische Armee sei in der Ukraine für schwere Menschenrechtsverletzungen, darunter Morde, Vergewaltigungen und die Verschleppung ukrainischer Kinder nach Russland, verantwortlich. „Das ist barbarisch und inhuman“, sagte Harris in ihrem Redebeitrag am Samstag kurz nach Mittag. „Russland hat Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen.“

Harris wirft Russland „barbarische“ Verbrechen vor

Die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) ist den zweiten Tag in Folge im Zeichen des Krieges in der Ukraine gestanden. US-Vizepräsidentin Kamala Harris warf in ihrer Rede Russland „barbarische“ Verbrechen vor und drohte mit Konsequenzen. Eine Warnung richtete sie auch an die Adresse Chinas.

Sunak fordert schärferen Kurs

Großbritanniens Regierungschef Sunak forderte ein härteres Vorgehen der internationalen Gemeinschaft gegen die russische Aggression in der Ukraine. Die bisherigen Antworten seien „nicht stark genug“, sagte er am Samstag vor dem Plenum der MSC.

Britischer Premier Rishi Sunak in München
Reuters/Ben Stanstall
Sunak ist das Vorgehen gegen Russland im Kontext des Ukraine-Krieges nicht hart genug

London werde Länder unterstützen, die der Ukraine sofort Kampfflugzeuge zur Verfügung stellen könnten. Fragen danach, ob auch London Kampfjets zur Verfügung stellen wolle, wich er aus.

Französischer Appell für Aufrüstung der EU

Zuvor hatte am Freitag, dem ersten Tag der Konferenz, Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron den EU-Partnern Gespräche zur atomaren Abschreckung in der EU angeboten. Dabei könnte es um die europäische Dimension der nuklearen Abschreckung Frankreichs gehen, erklärte er auf der Sicherheitskonferenz. Die derzeitige russische Aggression gegen die Ukraine sei eine Ermahnung, welche wichtige Rolle Atomwaffen in der Union hätten und weiter haben müssten.

Der französische Präsident Emmanuel Macron
Reuters/Wolfgang Rattay
Macron erneuerte sein Angebot einer atomaren Abschreckung Europas

Macron erinnerte daran, dass er das Angebot bereits Anfang 2020 gemacht hatte. Damals hatten europäische Partner wie Deutschland allerdings zurückhaltend darauf reagiert. Frankreich ist seit dem Austritt Großbritanniens am 31. Jänner 2020 die einzig verbliebene Atommacht der EU. Macron fordert seit Langem, dass sich Europa unabhängiger von der Supermacht USA machen sollte.

Scholz warb erneut für Panzerlieferungen

Deutschlands Kanzler Olaf Scholz hatte in seiner Rede am Freitag in München betont, „intensiv“ dafür zu werben, „dass alle, die solche Kampfpanzer liefern können, dies nun auch wirklich tun“. Berlin hatte Ende Jänner als Ziel ausgegeben, der Ukraine bis zu 31 Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. 14 davon sollen aus Beständen der Bundeswehr kommen, für die restlichen Panzer wartet Berlin auf Zusagen von Verbündeten.

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz
AP/Michael Probst
Scholz sprach sich einmal mehr für Panzerlieferungen an die Ukraine aus

Scholz betonte erneut, dass jeder neue Schritt der Waffenhilfe mit den Partnern abgesprochen sein müsse. Der deutsche Kanzler verteidigte die Panzerlieferungen an die Ukraine gegenüber Bedenken aus dem eigenen Land. Es seien „nicht unsere Waffenlieferungen“, die den Krieg verlängerten. Je früher Putin einsehe, „dass er sein imperialistisches Ziel nicht erreicht, desto größer ist die Chance auf ein baldiges Kriegsende, auf Rückzug russischer Eroberungstruppen“.

Schallenberg: „Wir leisten unglaublich viel“

Außenminister Alexander Schallenberg und Europaministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) sehen Österreich mit seinem Festhalten an der militärischen Neutralität im Ukraine-Krieg nicht unter Druck. „Ich habe nie Anfragen bekommen, wir sollen Waffen liefern“, sagte Schallenberg am Rande der Sicherheitskonferenz. „Es wird anerkannt, dass wir unglaublich viel leisten in anderen Bereichen“, ergänzte Edtstadler mit Blick auf die humanitäre Hilfe.

Die Europaministerin berichtete diesbezüglich von ihrem kürzlichen Besuch in Kiew, bei dem es nach einem russischen Raketenangriff einen Feuerwehreinsatz gegeben habe. „Der Feuerwehrmann trug eine Schutzausrüstung aus Graz.“ Schallenberg wies darauf hin, dass Österreich gemessen an seiner Wirtschaftsleistung an erster Stelle stehe, was die humanitäre Hilfe für die Ukraine betreffe. Auch fahre Österreich in dem Konflikt „scharf an der Kante (dessen, Anm.), was neutralitätsrechtlich möglich ist“.

Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP.) und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi
APA/Bmeia/Michael Gruber
Wang traf Schallenberg am Rande der MSC

Skeptisch betrachtet Schallenberg indes die chinesische Friedensinitiative. Es gebe diesbezüglich nämlich die „Quadratur des Kreises“ zwischen der Unterstützung Russlands und der chinesischen Position in der Taiwan-Frage, erläuterte Schallenberg nach einem Treffen mit Pekings Topaußenpolitiker Wang Yi. „Es bleibt abzuwarten, was sie vorlegen. Eine gewisse Skepsis ist angebracht“, so Schallenberg.

Russland nach Absage nicht mehr eingeladen

Am diesjährigen Treffen in München nehmen mehr als 150 hochrangige Regierungsvertreter teil. Russische Regierungsvertreter fehlen bereits das zweite Jahr in Folge. Nachdem der Kreml im vergangenen Jahr, kurz vor der russischen Invasion der Ukraine, jegliche Einladung zu dem Treffen ausgeschlagen hatte, erging diesmal keine Einladung nach Moskau.

Die Münchner Sicherheitskonferenz findet seit 1963 statt. Neben den öffentlichen Diskussionen und Reden ist sie nicht zuletzt für ihre „Hinterzimmertreffen“ im Bayerischen Hof bekannt, wo sich Politiker in inoffiziellen Gesprächen austauschen können.

Gegen die Konferenz protestierten am Samstag in der Münchner Innenstadt bei unterschiedlichen Kundgebungen mehrere tausend Menschen. Aufseiten der Sicherheitskräfte sind bei der MSC bis Sonntag rund 4.500 Polizisten und Polizistinnen aus Bayern und 300 Kräfte der Bundespolizei im Einsatz.