Durch Erdrutsch verschüttete Straße in Brasilien
APA/AFP/Ubatuba Civil Defense
Dutzende Tote

‚Nie da gewesene‘ Stürme an Brasiliens Küste

Nach schweren Regenfällen und Stürmen in den Küstenregionen im Südosten Brasiliens sind bei Überschwemmungen und Erdrutschen mindestens 36 Menschen ums Leben gekommen. Hunderte Menschen seien noch verschüttet, teilten die Behörden des Bundesstaates Sao Paulo am Sonntag (Ortszeit) mit. Fachleute sprachen von einem noch nie da gewesenen Extremwetterereignis.

Rettungskräfte suchen weiterhin nach Verschütteten und räumen blockierte Straßen frei. „Leider wird es noch viele weitere Tote geben“, sagte der brasilianische Zivilschutzchef Henguel Pereira der Zeitung „Folha de Sao Paulo“. In der Küstenregion nördlich der Millionenmetropole Sao Paulo wurden mindestens 228 Menschen infolge der Überflutungen obdachlos, 338 mussten ihre Wohnungen verlassen. Zur Zahl der Verletzten und Vermissten machten die Behörden noch keine Angaben.

Der Gouverneur des Bundesstaates Sao Paulo, Tarcisio de Freitas, rief in fünf Städten entlang der Küste den Notstand aus. Präsident Luiz Inacio Lula da Silva kündigte an, am Montag die am stärksten betroffenen Gebiete zu besuchen. Für die Region werden weitere starke Regenfälle vorhergesagt, was die Suche der Rettungskräfte nach Vermissten erschwert.

Das Unwetter verursachte seit Samstag Überschwemmungen und Erdrutsche an der Atlantikküste des Bundesstaates. Mehrere hundert Menschen wurden obdachlos, Straßen waren blockiert.

Eine Straße ist mit einer Palme und Autos ins Meer abgerutscht
Reuters/Tribuna Do Povo/Caio Gomes
Eine Straße wurde teils weggerissen

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

600 Millimeter binnen 24 Stunden

Am stärksten betroffen war Sao Sebastiao, wo viele Menschen aus dem rund 200 Kilometer entfernten Sao Paulo das Karnevalswochenende verbrachten. Nach Angaben der Stadtverwaltung fielen innerhalb von 24 Stunden 600 Millimeter Regen – das bedeutet die enorme Menge von 600 Litern pro Quadratmeter. Der Bürgermeister der Stadt, Felipe Augusto, sprach von einer „äußerst kritischen“ Situation, Karnevalsveranstaltungen wurden abgesagt.

Bilder im Fernsehen und in Onlinenetzwerken zeigen, wie ganze Viertel in Sao Sebastiao unter Wasser stehen und Trümmer von Häusern weggespült werden. Auch überflutete Autobahnen und durch umgestürzte Bäume beschädigte Autos sind darauf zu sehen.
Lateinamerikas größter Hafen Santos wurde gesperrt.

Nach schweren Regenfällen in den Küstenregionen im Südosten Brasiliens sind bei Überschwemmungen und Erdrutschen Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Fachleute sprachen von einem noch nie da gewesenen, extremen Wetterereignis. Rettungskräfte suchen weiterhin nach Hunderten Verschütteten.

Inmitten des traurigen Geschehens habe es aber auch „zwei Wunder“ gegeben, twitterte die Regierung von Sao Paulo. Ein verschüttetes zweijähriges Kind und eine schwangere Frau in den Wehen sowie ihr Baby seien gerettet worden.

Lula sichert rasche Hilfe zu

Im vergangenen Jahr waren bei Überschwemmungen und Erdrutschen in der Stadt Petropolis im Südosten Brasiliens mehr als 230 Menschen ums Leben gekommen.

Präsident Lula da Silva, der das Wochenende im nordöstlichen Bundesstaat Bahia verbrachte, will am Montag das Katastrophengebiet besuchen. Er sprach den Angehörigen der Todesopfer sein Beileid aus und versprach rasche Hilfe und Notversorgung. Erst im Vorjahr waren bei extremen Regenfällen und Stürmen im südöstlichen Petropolis mehr als 230 Menschen ums Leben gekommen.

Schlamm und Wasser überfluten eine Straße
APA/AFP/Sao Sebastiao City Hall
Viele Wohnviertel wurden weitgehend zerstört

Mit Amtsantritt von Lula da Silva ist in Brasilien und auch weltweit die Hoffnung aufgekeimt, dass sich das Land mit seiner für das Weltklima entscheidenden CO2-Senke, dem Amazonas-Regenwald, wieder mehr für Umweltschutz engagiert. Lulas Vorgänger Jair Bolsonaro hatte die Abholzung des Regenwalds vorangetrieben. Im Wahlkampf hatte Lula den Schutz des Regenwaldes versprochen, angesichts der vielen starken Wirtschaftsinteressen bleibt abzuwarten, ob die aktuelle Regierung ihre Versprechen umsetzen können wird.