Eine Hand bedient eine Gastherme
ORF.at/Patrick Bauer
Sinkende Gaspreise

Kunden sollten sich noch in Geduld üben

Der Preis für europäisches Erdgas ist in den vergangenen Wochen deutlich zurückgegangen. Hatten Haushalte bisher noch wenig davon bemerkt, bieten einige Versorger inzwischen günstigere Tarife. Vor einem überhasteten Anbieterwechsel warnen E-Control und Energieagentur dennoch – insbesondere wenn eine längere Bindung vorgesehen ist.

Infolge des russischen Krieges gegen die Ukraine waren die Erdgaspreise im vergangenen Jahr drastisch gestiegen, im Sommer wurden Spitzenwerte von mehr als 300 Euro pro Megawattstunde erreicht. Seit einigen Wochen aber gehen die Preise deutlich zurück – dank gut gefüllter Gasspeicher, hoher Importe von Flüssiggas und einer niedrigeren Nachfrage. Ende vergangener Woche fiel der Preis für den richtungsweisenden Terminkontrakt TTF zur Auslieferung in einem Monat unter die Marke von 50 Euro je Megawattstunde – der tiefste Stand seit eineinhalb Jahren.

Dabei handelt es sich allerdings um Großhandelspreise, die erst zeitverzögert bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommen. Die Lieferanten tätigen ihre Beschaffungen üblicherweise mindestens ein bis eineinhalb Jahre im Vorhinein – das soll die Auswirkungen der Volatilität an den Energiebörsen einbremsen und Kundinnen und Kunden vor starken Preissprüngen schützen.

Preise des Vorjahres schlagen sich nieder

Können Haushalte also von der Strategie der langfristigen Beschaffung durchaus profitieren, ist derzeit das Gegenteil der Fall: Das Gas, das heuer an die Endkundinnen und -kunden verkauft wird, wurde eben schon im vorigen Jahr und zu den damals hohen Preisen beschafft. Und diese rechnen die Energieversorger jetzt in die Rechnungen der Konsumentinnen und Konsumenten hinein.

Erdgasspeicher Schönkirchen
ORF.at/Roland Winkler
Der Winter war mild, die Gasspeicher sind entsprechend gut gefüllt

Wie lange es dauert, bis die sinkenden Großhandelspreise auch privat spürbar werden, ist also stark vom Vertrag mit dem Versorger abhängig. Manche haben etwa noch eine Preisgarantie bis Ende letzten Jahres gehabt, bei diesen sei erst danach die Erhöhung weitergegeben worden, wie Karina Knaus, Leiterin des Centers Volkswirtschaft, Konsument:innen und Preise bei der Österreichischen Energieagentur, kürzlich in der ZIB2 sagte. Eine rasche neuerliche Senkung sei in diesen Fällen unrealistisch. Generell rechnet Knaus aber mit einer Entspannung spätestens im zweiten Halbjahr 2023 – „wenn sich an den Großhandelsmärkten nicht Gegenteiliges auftut“.

Gaspreis ist zurückgegangen

An seinem Höhepunkt im August 2022 erreichte der Gaspreis unglaubliche 339 Euro. Mittlerweile beträgt er nur noch ein Sechstel davon, 51 Euro. Die Kundinnen und Kunden spüren aber noch nichts davon.

Sinkende Preise realistisch

Davon geht auch Johannes Mayer, Leiter der Abteilung Volkswirtschaft bei der E-Control, aus. Im Tarifkalkulator der Regulierungsbehörde, wo alle Lieferanten ihre Preise eingeben müssen, seien die meisten Tarife bereits um einiges niedriger sind als noch vor einigen Wochen, sagte er am Montag im Ö1-Mittagsjournal. „Wir sehen jetzt Preise bei Erdgas von unter acht Cent bis etwa zehn Cent pro Kilowattstunde. Das ist so die Bandbreite der besseren Anbieter.“

Der Preis war auch schon doppelt so hoch. Wer genau zu diesem Zeitpunkt einen neuen Liefervertrag abgeschlossen hat, dem rät Mayer, den Tarif zu wechseln. Allerdings empfiehlt er, sich nicht längerfristig zu binden: „Man kann durchaus wechseln, aber zu Verträgen, wo man auch jederzeit wieder aussteigen kann.“ Denn die Preise, so Mayer, könnten durchaus noch weiter fallen. Schließlich sei der europäische Markt derzeit sehr gut mit Erdgas versorgt. „Daher, wenn man nicht jedes Jahr Anbieter wechseln möchte, kann es sich schon auszahlen, noch ein bisschen zu warten.“

Diese Einschätzung teilt Energieexpertin Knaus: Auch wenn es für Neukundinnen und -kunden nun wieder günstigere Angebote geben sollte, sei ein Wechsel des Anbieters genau zu überlegen. Und schon gar nicht sollte man sich langfristig binden, so die Expertin. Denn wenn die Preise weiter sinken, könne man dann nicht davon profitieren.