Joe Biden und Volodymyr Zelenskyy
AP/Ukrainian Presidential Press Office
Biden in Kiew

Große Solidaritätsgeste vor Jahrestag

Ursprünglich ist eine Reise von US-Präsident Joe Biden nach Polen geplant gewesen. Am Montag kam Biden nun – aus Sicherheitsgründen unangekündigt – für mehrere Stunden erstmals seit Kriegsbeginn vor fast einem Jahr in die ukrainische Hauptstadt Kiew. Er wolle „keinen Raum für irgendwelche Zweifel an der US-Unterstützung der Ukraine in diesem Krieg“ lassen, betonte Biden.

Nach Angaben des Weißen Hauses sei Moskau einige Stunden vor Bidens Abreise über die Reise nach Kiew informiert worden. Biden traf den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und sprach nach Angaben des Weißen Hauses über den Krieg und die Bedürfnisse der Ukraine in Bezug auf Energie, Infrastruktur, humanitäre und wirtschaftliche Hilfen.

Biden sicherte Selenskyj seine „unerschütterliche“ Unterstützung zu und kündigte weitere Militärhilfen im Wert von einer halben Milliarde Dollar an. Montagnachmittag gab das Pentagon Details bekannt. Das neue Paket soll einen Wert von bis zu 460 Millionen US-Dollar (gut 428 Millionen Euro) haben und vor allem Raketen für den Mehrfachraketenwerfer des Typ HIMARS, Artilleriegeschoße, Mörsergranaten, panzerbrechende Raketen und weitere Munition umfassen.

Auch Radarsysteme zur Luftüberwachung und verschiedene Fahrzeuge sowie Ersatzteile und medizinische Ausrüstung seien in der geplanten Lieferung enthalten. Die Rüstungsgüter kommen aus den Beständen des US-Militärs.

ORF-Analyse zu Bidens Besuch bei Selenskyj

Die ORF-Korrespondenten Thomas Langpaul und Christian Wehrschütz analysieren den überraschenden Besuch des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine.

„Die Ukraine steht“

Weiters stellte Biden bei seinem Besuch neue Sanktionen gegen Russland in Aussicht. Der Besuch gilt auch als Signal an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Ein Jahr später steht Kiew. Und die Ukraine steht. Die Demokratie steht“, so Biden bei der Visite, die kurz vor dem Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine einen hohen Symbolwert hat. Und er fügte hinzu: „Die Amerikaner stehen an Ihrer Seite, und die Welt steht an Ihrer Seite.“

Biden überraschend zu Besuch in der Ukraine

Ursprünglich ist eine Reise von US-Präsident Joe Biden nach Polen geplant gewesen. Am Montag kam Biden nun – aus Sicherheitsgründen unangekündigt – für mehrere Stunden erstmals seit Kriegsbeginn vor fast einem Jahr in die ukrainische Hauptstadt Kiew.

Biden kündigt weitere Waffenlieferung an

Selenskyj nannte den Besuch seines US-Kollegen ein „äußerst wichtiges Zeichen der Unterstützung“. Biden begründete seinen Besuch kurz vor dem Jahrestag ganz ähnlich: „Ich dachte, dass es wichtig ist, keinen Raum für irgendwelche Zweifel an der US-Unterstützung für die Ukraine in diesem Krieg zu lassen.“

Es ist eines der sehr seltenen Male, dass ein US-Präsident ein Kriegsgebiet besucht, in dem die USA oder ihre Alliierten nicht die Hoheit über den Luftraum haben. Denn auch wenn westliche Luftabwehrsysteme die ukrainische Luftabwehr deutlich verbesserten, hat diese nicht die Kontrolle über den eigenen Luftraum. Mit der Informierung Moskaus über die Visite verhinderte Washington eine ungewollte gefährliche Eskalation zwischen den beiden Atommächten.

Luftalarm während des Besuchs

Biden bekam auch selbst ein wenig von dem Terror, dem die ukrainische Bevölkerung tagtäglich ausgeliefert ist, mit. Die Sirenen begannen zu heulen, als der US-Präsident mit Selenskyj eben eine Kirche verließ, die sie besucht hatten. Anschließend besuchten sie die Mauer der im Krieg Gefallenen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte kurz vor Weihnachten die USA besucht und war nicht nur von Biden im Weißen Haus empfangen worden, sondern hatte auch einen umjubelten Auftritt im Kongress.

Putin- und Biden-Rede am selben Tag

Die angekündigte Polen-Reise wird Biden am Dienstag und Mittwoch absolvieren. In Warschau plant er ein Treffen mit dem polnischen Präsidenten Andrzej Duda und eine Rede vor dem Warschauer Königsschloss – am selben Tag wie Putin. Der russische Präsident kündigte ebenfalls für Dienstag eine Rede an die russische Nation an.

EU berät über weitere Sanktionen

Die US-Warnung, dass China womöglich Waffen nach Russland liefern will, besorgt die EU-Außenministerinnen und -minister bei einem Treffen in Brüssel. Sie sprechen über weitere Sanktionen gegen Russland.

Am Mittwoch will Biden Vertreter weiterer osteuropäischer Staaten treffen. Der außenpolitische Berater des polnischen Präsidenten, Marcin Przydac, hob die Ankündigungen Bidens in Kiew schon am Montag positiv hervor: „Wir nehmen die Ankündigungen von militärischer Hilfe mit Zufriedenheit auf, denn das bringt uns dem Frieden bedeutend näher.“

G-7-Treffen mit Selenskyj zum Jahrestag

Zum Jahrestag des Ukraine-Krieges am Freitag werden unterdessen die Spitzen der G-7-Staaten in einer Videoschaltung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sprechen. Der japanische Regierungschef Fumio Kishida, dessen Land derzeit den G-7-Vorsitz innehat, kündigte das Treffen am Montag in Tokio an. Er sprach von einem Zeichen der Einigkeit der G-7 mit der Ukraine, das angesichts der russischen Invasion ausgesandt werden solle. Japan kündigte zugleich zusätzliche finanzielle Hilfe in Höhe von 5,5 Milliarden Dollar (5,15 Mrd. Euro) für die Ukraine an.

EU arbeitet an zehntem Sanktionspaket

Die Außenministerinnen und -minister der EU-Staaten beraten am Montag unterdessen über neue Russland-Sanktionen und weitere Militärhilfe für die Ukraine. Geplant sind weitere Handelsbeschränkungen für Elektronik, Spezialfahrzeuge und Maschinenteile.

Die EU-Außenminister würden bei ihren Gesprächen über ein zehntes Sanktionspaket gegen Russland im Tagesverlauf auch Sanktionen gegen sieben iranische Unternehmen beraten, weil sie Drohnen lieferten, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn am Montag im Deutschlandfunk. „Würde China Waffen liefern, könnte ähnliches sehr schnell die Folge sein.“ Das wäre eine dramatische Wende und hätte Konsequenzen für die Beziehungen zur Volksrepublik.