Der US-amerikanische Präsident Joe Biden spricht vor dem Warschauer Königsschloss
AP/Michal Dyjuk
Biden in Warschau

„Russland wird in Ukraine niemals siegen“

Einen Tag nach seinem überraschenden Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat der nach Polen weitergereiste US-Präsident Joe Biden am Dienstagabend in einer emotionalen öffentlichen Rede vor dem Warschauer Königsschloss der Ukraine die Unterstützung der USA versichert. In Richtung des russischen Staatschefs Wladimir Putin, der wenige Stunden davor eine Rede zur Lage der Nation gehalten hatte, sagte Biden: „Die Ukraine wird nie ein Sieg für Russland – nie.“

Die Ukraine sei trotz des äußerst brutalen Vorgehens der russischen Streitkräfte „stark“, „stolz“ und „frei“ und könne weiter auf die Unterstützung des Westens zählen. Auch betonte er, dass die US-Unterstützung für die Ukraine in den USA parteiübergreifend getragen werde. Er versicherte auch Moldawien die Unterstützung der USA. Die Freiheit stehe auf dem Spiel.

Biden betonte zugleich, dass niemand die Absicht habe, Russland anzugreifen. Russlands Präsident Wladimir Putin könne den Krieg mit einem Wort beenden. Biden sprach wenige Stunden nach einer Rede von Putin, der erneut den Westen für den Ukraine-Krieg verantwortlich gemacht und einen Angriff auf Russland vorgeworfen hatte – auf diese Rede Putins nahm Biden aber an keiner Stelle Bezug.

Biden: „Russland wird in Ukraine niemals siegen“

Einen Tag nach seinem überraschenden Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hält sich US-Präsident Joe Biden am Mittwoch in Polen auf. Bei einer emotionalen öffentlichen Rede vor dem Warschauer Königsschloss versicherte Biden der von Russland angegriffenen Ukraine die Unterstützung der USA. Außerdem warnte Biden Russland vor einem Angriff auf einen NATO-Mitgliedsstaat und drohte mit einer mächtigen militärischen Antwort.

Biden warnt Putin eindringlich vor Angriff auf NATO

Stattdessen warnte Biden Russland vor einem Angriff auf einen NATO-Mitgliedsstaat und drohte mit einer mächtigen militärischen Antwort. „Es besteht kein Zweifel: Das Bekenntnis der Vereinigten Staaten zu unserem NATO-Bündnis und zu Artikel fünf ist felsenfest. Jedes Mitglied der NATO weiß es, und Russland weiß es auch: Ein Angriff gegen einen ist ein Angriff gegen alle. Es ist ein heiliger Eid, jeden Zoll NATO-Gebiets zu verteidigen“, so Biden.

Der polnische Präsident Andrzej Duda spricht vor dem Warschauer Königsschloss
AP/Alastair Grant
Biden und Duda sprachen vor prächtiger Kulisse beim Warschauer Königsschloss

„Autokratien sind schwächer geworden“

Auch widersprach Biden der These, dass die Demokratien auf dem Rückzug seien. „Nicht die Demokratien, die Autokratien sind schwächer geworden“, sagte er. Er lobte die Hilfsbereitschaft von Polen, das bereits mehr als 1,5 Millionen ukrainische Kriegsgeflüchtete aufgenommen habe. Biden sprach beim Warschauer Königsschloss, das als Symbol der im Zweiten Weltkrieg einst großteils zerstörten und später wiederaufgebauten polnischen Hauptstadt gilt.

Neue Sanktionen angekündigt

Die Sanktionen gegen Russland will Biden aufrechterhalten und noch ausweiten. „Wir halten weiterhin das größte Sanktionsregime aufrecht, das jemals gegen ein Land in der Geschichte verhängt wurde“, so Biden. „Und wir werden diese Woche zusammen mit unseren Partnern weitere Sanktionen ankündigen, die alle Verantwortlichen dieses Kriegs zur Rechenschaft ziehen.“ Es gehe darum, Gerechtigkeit für die Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit herzustellen, die von den Russen weiterhin begangen würden.

Duda ruft NATO-Länder zu weiterer militärischer Hilfe auf

Polens Präsident Andrzej Duda sprach beim Königsschloss unmittelbar vor Biden. Er appellierte an die NATO-Mitgliedsstaaten in Europa, die Ukraine weiter mit Waffen zu unterstützen. „Ich rufe alle Staats- und Regierungschefs der europäischen NATO-Länder auf, sich mit der Ukraine zu solidarisieren, die Ukraine zu unterstützen und ihr militärische Unterstützung zukommen zu lassen, damit die Verteidiger der Ukraine etwas haben, womit sie kämpfen können“, sagte Duda.

„Zögert nicht, habt keine Angst. Es ist jetzt keine Zeit für ‚business as usual‘“, so Duda. Er sagte weiter, die von Russland angegriffene Ukraine stehe in Flammen, dort spielten sich Szenarien ab wie im Zweiten Weltkrieg. „Das geschieht, weil Russland erneut ein Imperium werden und seine Ambitionen umsetzen will, andere Völker zu versklaven.“ Die freie Welt könne das nicht zulassen, mahnte er.

Der polnische Präsident Andrzej Duda spricht vor dem Warschauer Königsschloss
AP/Michal Dyjuk
Duda: „Es ist jetzt keine Zeit für ‚business as usual‘“

NATO „stärker als je zuvor“

Bereits im Vorfeld seiner Rede betonte Biden die Stärke der NATO. „Es ist das bedeutsamste Bündnis, ich würde sagen, vielleicht das bedeutsamste Bündnis der Geschichte, und zwar nicht nur der modernen Geschichte, sondern der gesamten Geschichte“, sagte Biden bei einem Treffen mit Duda. Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei die NATO „stärker als je zuvor“.

Duda dankte dem US-Präsidenten für dessen Besuch in Kiew am Vortag. Dieses habe die Moral der Verteidiger des von Russland angegriffenen Landes gestärkt, sagte Duda bei dem Treffen mit dem US-Präsidenten im Vorfeld der Reden. „Aber es war auch eine bemerkenswerte Geste gegenüber unseren Verbündeten in der NATO und den Menschen, die auf der Seite der freien Welt stehen.“

Überraschend nach Kiew gereist

Biden war am Montag unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen nach Kiew gereist und hatte gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj symbolträchtige Orte besucht. In der Nacht auf Dienstag war Biden in Warschau eingetroffen. Biden nutzte den Kurzbesuch vor allem dazu, der Ukraine anhaltende Unterstützung der USA zu versprechen und ein Signal der Geschlossenheit gegenüber Russlands Präsident Putin auszusenden.

Biden trifft osteuropäische NATO-Staaten

Am zweiten Tag seines Polen-Besuches wird Biden am Mittwoch in Warschau Vertreter mehrerer osteuropäischer NATO-Staaten treffen. Zu der Gruppe gehören Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen – also die Staaten entlang der NATO-Ostflanke. Bei den Beratungen wird auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erwartet.

Meloni in Kiew: „Freie Welt ist mit der Ukraine“

Bereits am Dienstag sagte Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj bei einem Besuch in Kiew weitere Unterstützung Italiens zu. Italien werde der Ukraine weiterhin Waffen liefern und dem Land beim Wiederaufbau zur Seite stehen, versprach die italienische Regierungschefin. „Italien und die freie Welt stehen an Seite der Ukraine“, so Meloni bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Selenskyj.

„Die Ukraine hat ihren Kampf für ihre Identität bereits gewonnen. Sie erteilt uns eine große Lehre. Die freie Welt ist mit Ihnen, wir stehen in Ihrer Schuld und werden Sie nicht vergessen. Wir können nicht wegschauen, und es wäre dumm, wegzuschauen. Die Interessen der Ukraine sind jene Europas“, sagte Meloni. „Die Invasion, die am 24. Februar begonnen hatte, hätte laut Moskau einige Tage dauern sollen, doch die Dinge haben sich nicht so entwickelt. Russland hat den heroischen Widerstand des ukrainischen Volks unterschätzt“, betonte sie.

„Kein für die Ukraine ungerechter Frieden kann wahrer Frieden sein. Ein Sieg Russlands wäre kein Frieden, sondern eine Invasion. Eine Niederlage der Ukraine könnte die Prämisse weiterer Invasionen Russlands in Europa sein. Wer die Ukraine auch mit Waffenlieferungen unterstützt, unterstützt den Frieden. Wir geben der Ukraine die Möglichkeit, sich zu verteidigen“, argumentierte Meloni. Italien sei bereit, Friedensgespräche zu fördern. Bis dahin werde Rom weiterhin Waffenlieferungen zum Schutz der Bevölkerung und ziviler Infrastrukturen garantieren.