Edtstadler: Österreichs Neutralität „identitätsstiftend“

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hat sich erneut für einen Fortbestand der Neutralität Österreichs ausgesprochen. „Es geht um Freiheit, Wohlstand und Frieden. Die Neutralität ist identitätsstiftend für Österreich, das war so, und das wird so sein“, sagte Edtstadler gestern gegenüber der ZIB2. Der Status sei auch wichtig für die Reputation des Landes als Sitz internationaler Institutionen.

Gehe man „Generationen zurück“, sehe man, „was sich Österreich erkämpft hat für uns – die Neutralität“, so Edtstadler. Folglich konfrontiert mit dem Umstand, dass die Sowjetunion Österreich die Neutralität diktiert hatte, sprach Edtstadler von einer „erkämpften Freiheit“. Auf den Einwand, dass Österreich von den Alliierten befreit wurde, ging Edtstadler in der Folge nicht direkt ein – nur so viel: „Der Weg dorthin war die Neutralität“.

Dass sich bereits mit dem EU-Beitritt Österreichs einiges geändert habe, stehe außer Frage. Doch werde Österreichs Neutralität im Ausland „von keinem angezweifelt“, so Edtstadler.

Panzer-Ausbildung „politisch nicht gewollt“

Finnland und Schweden – die beiden Staaten wollen der NATO beitreten – hätten andere geografische Voraussetzungen, Finnland etwa verfüge über eine lange Grenze mit Russland. Ausbildungen von Soldaten an Kampfpanzern in Österreich seien „politisch nicht gewollt“, sagte die Ministerin. Wie sich Österreich im Falle eines Angriffs auf NATO-Staaten verhalten würde, müsste man im Falle des Falles prüfen, so Edtstadler sinngemäß.

Breites Bündnis fordert offene Debatte über Neutralität

Ein breites Bündnis aus Politikern, Fachleuten und Unternehmern hat die Neutralitätsdebatte neu angestoßen. In einem offenen Brief kritisiert es die „Illusion (…), Österreich könne so bleiben wie es ist, sich heraushalten, und mit etwas mehr Geld für das Bundesheer das Auslangen finden“. Unterzeichnet haben etwa Europapolitiker Othmar Karas (ÖVP), Ex-FPÖ-Verteidigungsminister Herbert Scheibner, der SPÖ-nahe Berater Rudi Fußi und Bankmanager Andreas Treichl.

„Österreich verdient die Wahrheit: Der jetzige Zustand ist unhaltbar und gefährlich. Wir bestehen deswegen weiterhin auf unseren Minimalforderungen: eine ernsthafte, gesamtstaatliche, ergebnisoffene Diskussion über die außen-, sicherheits- und verteidigungspolitische Zukunft Österreichs sowie die Verabschiedung einer neuen Sicherheitsdoktrin, die den geänderten Umständen Rechnung trägt“, heißt es in Hinblick auf einen ersten offenen Brief im vergangenen Frühjahr.

Für „Debatte ohne Scheuklappen“

In diesem hatten sie eine „Debatte ohne Scheuklappen“ über die Neutralität gefordert, „geleitet durch eine vom Bundespräsidenten eingesetzte unabhängige Expertengruppe“ und unter breiter Beteiligung der Bevölkerung. Das sollte dann zum Beschluss einer neuen österreichischen Sicherheitsdoktrin führen.

Neben zahlreichen Spitzendiplomatinnen und Generälen finden sich auf der Liste der Unterstützer etwa die Schriftsteller Robert Menasse und Doron Rabinovici, die frühere NEOS-Abgeordnete Irmgard Griss, Ex-Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP), Ex-Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager (FPÖ, heute NEOS), AMS-Chef Johannes Kopf, der Direktor der Diplomatischen Akademie Emil Brix, Ex-„Presse“-Chefredakteur Rainer Nowak, Journalist Robert Misik, Buchautor Ali Mahlodji und die frühere Strategieberaterin von Ex-Kanzler Sebastian Kurz, Antonella Mei-Pochtler.