Synthetischer Kraftstoff im Labor
AP/Science Photo Library/Wladimir Bulgar
E-Fuels

Puzzlestück mit strittiger Form

Erneut debattiert die Politik über ein EU-weites Neuzulassungsverbot für Autos mit Verbrennungsmotor – und damit auch über E-Fuels. Laut den Befürwortern sollen die synthetischen Kraftstoffe den Verbrennungsmotor in eine klimaneutrale Zukunft führen. Doch noch sind die E-Fuels selbst über weite Strecken Zukunftsmusik – und ihre künftige Rolle umstritten. Die Diskussion legt dabei auch grundsätzliche Fragen zum Umbau unseres Energiesystems offen.

Wenn es tatsächlich keine schlechte Publicity abseits der eigenen Todesanzeige gibt, dann herrschen für E-Fuels gerade medial goldene Zeiten. Seit der Streit über die Neuzulassung von Verbrennungsmotoren in der EU mit der deutschen Vetodrohung eskaliert ist, vergeht kein Tag, an dem die synthetischen Krafststoffe nicht von Politik und Medien thematisiert werden. Die einen preisen sie als eines der wichtigsten Werkzeuge bei der Umgestaltung des Energiesystems. Andere warnen vor überzogenen Erwartungen und sehen die Gefahr, dass eine Wette auf E-Fuels die ehrgeizigen europäischen Klimaziele unterlaufen könnte.

Dabei setzen natürlich auch E-Fuels auf Strom aus erneuerbaren Energien wie Sonne und Wind: Der wird verwendet, um Wasser per Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten. Der Wasserstoff wird dann mit Kohlendioxid zu einem flüssigen Brennstoff synthetisiert. Das klingt nicht nur nach einem aufwendigen Prozess, es ist auch einer. Entsprechend viel Energie wird für die Herstellung von E-Fuels benötigt – in etwa die 2,5-fache Menge, die dann tatsächlich im Kraftstoff gespeichert ist.

Fahrzeug an einer Diskonttankstelle
ORF.at/Christian Öser
E-Fuels ließen sich in einem herkömmlichen Verbrennungsmotor einsetzen. Viel Energie bliebe derzeit am Ende aber nicht übrig.

Eine noch größere Menge an Energie geht dann – je nach Anwendung – bei der Verbrennung der synthetischen Kraftstoffe verloren. Das ist grundsätzlich ein Problem von Verbrennungsmotoren im Auto, die nur rund 20 Prozent der eingesetzten Energie auf die Straße bringen. Auch deshalb liegt die Energieeffizienz von E-Fuels beim Einsatz im Pkw derzeit am Ende bei gerade einmal 15 Prozent. „Man hat physikalisch bedingte Umwandlungsverluste in der Kette: von der Elektrolyse angefangen über die Synthese, den Transport bis hin zur Anwendung. Das schlägt halt voll durch“, sagt Lorenz Strimitzer von der Österreichischen Energieagentur (AEA) im Gespräch mit ORF.at.

Hoffen auf Import

Dass das nicht wirklich energieeffizient ist, bestreiten auch diejenigen nicht, die sich für einen möglichst breiten Einsatz von E-Fuels einsetzen. Das spiele allerdings nur eine untergeordnete Rolle, heißt es zum Beispiel von der eFuel Alliance. Sollten solche Treibstoffe doch in erster Linie in Gegenden der Welt hergestellt werden, wo entweder besonders viel Sonne scheint oder besonders oft starker Wind weht – wie in Nordafrika, Teilen Südamerikas und Australiens und auf der Arabischen Halbinsel.

Von Erdöl zu E-Fuel

Die Mehrheit der Mitglieder der eFuel Alliance kommt aus dem Bereich des Mineralölhandels, der Mineralölindustrie und der Automobilindustrie.

Aufgrund der hohen Ausbeute an erneuerbarer Energie in solchen Regionen fielen Umwandlungsverluste viel weniger ins Gewicht, so der Lobbyingzusammenschluss für die synthetischen Kraftstoffe. E-Fuels seien deshalb ein idealer Weg, um Energie aus erneuerbaren Quellen global verfügbar zu machen.

Sind E-Fuels einmal produziert, lassen sie sich relativ einfach über weitere Strecken transportieren. Es braucht dafür nichts anderes als Öltanker, wie sie heute bereits zu Hunderten auf den Meeren unterwegs sind. Diesen Vorteil können die synthetischen Kraftstoffe freilich nur ausspielen, wenn sowohl die Herstellung des Wasserstoffs als auch die Synthese mit dem Kohlenstoff örtlich nah beieinander passiert. Genau das könnte auf absehbare Zeit im großen Stil aber nur schwer möglich sein.

Luft macht es schwer

Damit E-Fuels wirklich klimaneutral sind, muss das CO2 entweder aus biogenen Quellen stammen oder direkt aus der Luft entnommen werden – und beide Varianten bringen Probleme mit sich. Biomasse ist eine begrenzte Ressource, egal ob sie aus Reststoffen und Abfällen oder aus eigens angebauten Pflanzen stammt. Dazu kommt bei Letzteren noch der Konflikt Tank gegen Teller. Und Gegenden mit besonders vielen Sonnen- bzw. Windstunden liegen oftmals in Regionen, in denen sich der Pflanzenanbau mindestens schwierig gestaltet.

Kohlendioxid direkt aus der Luft steht dagegen erst einmal in unbegrenzter Menge zur Verfügung. Doch die Krux liegt in der Herausforderung, das CO2 dort herauszufiltern. Auch wenn die Menschheit inzwischen gigantische Mengen des Klimagases in die Atmosphäre geblasen hat, ist die Konzentration in der Luft technisch gesehen immer noch sehr gering. Zwar existieren bereits erste Ansätze für „Direct Air Capture“ (DAC). Doch im großen Maßstab funktioniert bisher keine der Technologien. „Da ist man inzwischen irgendwo zwischen kleinen und größeren Prototypen“, sagt Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) gegenüber ORF.at.

Rendering der Climeworks Carbon-Capture-Anlag
Reuters/Climeworks
Viele Projekte für „Direct Air Capture“ existieren derzeit nur auf dem Papier – beziehungsweise im Rendering

Der Wissenschaftler forscht zur Umstellung des Energiesystems. Vor zwei Jahren untersuchte er gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen in einer Überblicksstudie „Potenziale und Risiken“ von E-Fuels. Sie kamen darin zu dem Ergebnis, es sei „unwahrscheinlich, dass Wasserstoff und E-Kraftstoffe früh genug billig und reichlich vorhanden sein werden, um fossile Brennstoffe zu ersetzen“. Als „universelle Klimalösung“ seien E-Fuels „ein bisschen ein falsches Versprechen“, so Ueckerdt.

Einer, der dieser Einschätzung widerspricht, ist Robert Schlögl. Der renommierte Chemiker, Direktor zweier Max-Planck-Institute und Präsident der Alexander-von-Humboldt-Stiftung sieht für E-Fuels in Zukunft eine breite Anwendung. Doch auch er räumt ein, dass die Herausforderungen bei DAC „der Pferdefuß von all diesen Sachen ist“. Hier müsste in den kommenden Jahren „viel mehr getan werden“, sagt der Wissenschaftler. Selbst dann rechnet er nicht damit, dass die Technologie deutlich vor 2050 auf einen globalen Maßstab hochskaliert sein wird.

Wasserstoff sucht Kohlenstoff

Der für die Herstellung von E-Fuels benötigte Kohlenstoff ließe sich – zumindest als Zwischenlösung – aber auch aus anderen Quellen beziehen. So wird etwa bei der Zementproduktion unweigerlich CO2 freigesetzt. Das wird sich auch in Zukunft kaum ändern lassen. Auch andere Industriezweige dürften zumindest noch Jahrzehnte brauchen, um kein CO2 mehr auszustoßen. Soll das Kohlendioxid nicht in die Atmosphäre gelangen, müsste es also – quasi direkt am Schornstein – abgefangen werden. Vieles spricht dafür, das CO2 dann gleich wieder als Rohstoff zu nutzen.

Grafik zu E-Fuels
Grafik: APA/ORF; Quelle: APA/Umweltbundesamt

E-Fuels, die mit solchem fossilem CO2 produziert werden, wären zwar nicht klimaneutral. Doch ließe sich mit ihnen der CO2-Ausstoß zumindest annähernd halbieren – würde der fossile Kohlenstoff ja zweimal verwendet werden. Man könnte darin eine Brückentechnologie sehen – die allerdings mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen hat.

Einer der großen Vorteile von E-Fuels – der einfache Transport über weite Strecken – würde sich oftmals in Luft auflösen. Große Industrieanlagen befinden sich selten in den Regionen, in denen besonders günstige Bedingungen (viel Sonne und viel Wind) für die Wasserstoffproduktion herrschen. Wird etwa Wasserstoff in Südamerika oder Afrika produziert und das CO2 bei einer Industrieanlage in Europa abgeschieden, stellt sich die Frage, wie die beiden zusammenkommen sollen.

Nur „Härchen in der Suppe“?

Die eFuel Alliance sieht in solchen Fragen die Suche nach „Härchen in der Suppe“. Investoren würden eben „von Fall zu Fall die jeweils optimale Lösung suchen“, so der Interessenverband gegenüber ORF.at. Energieforscher Ueckerdt sieht das kritischer. „Eine Brücke ist es eigentlich nur, wenn man eine Anlage gut mit fossilem CO2 versorgen und dann später auf nachhaltiges CO2 umstellen kann. Und das geht eben nur, wenn man alle Dinge an einem Ort hat.“ Für ihn ist der Einsatz von fossilem CO2 für E-Fuels deshalb nur eine „schmale Brücke“.

Mehr Vertrauen darauf, dass Wasserstoff und Kohlenstoff zusammenfinden, hat hingegen Schlögl. „Ich glaube schon, dass es eine erhebliche Industrie geben wird, die ein Weltenergiegut Ammoniak (Verbindung aus Wasserstoff und Stickstoff, Anm.) rumschippert und dann doch lokal an der CO2-Quelle das E-Fuel macht. Das wird man sicher sehen, dass das passiert“, sagt der Chemiker. Wobei sich dann natürlich auch die Frage stellt, ob der mühsam transportierte Wasserstoff nicht ohnehin direkt – ohne den Umweg über E-Fuels – Verwendung findet. Wird er doch auch so ein gefragtes Gut sein.

Bisher nur Pilotprojekte

Noch ist das aber ohnehin Zukunftsmusik. Die Produktion von grünem Wasserstoff steckt global noch in den Kinderschuhen. Das gilt umso mehr für E-Fuels. Sie werden bisher nur in Pilotanlagen in kleinsten Mengen produziert. 130.000 Liter synthetischer Kraftststoffe sollen etwa pro Jahr in „Haru Oni“ in Chile produziert werden – einer Anlage, an der unter anderem Porsche und Siemens beteiligt sind. Um das in Relation zu setzen: Allein in Österreich wurden vergangenes Jahr – nur im Straßenverkehr – 9,36 Milliarden Liter Treibstoff verbraucht.

Produktion von synthetischem Kraftstoff in Chile
picturedesk.com/HIF Global
Zurzeit dreht sich im Pilotprojekt „Haru Oni“ in Chile nur ein einzelnes Windrad

Laut den ursprünglichen Plänen sollte die Produktion in den kommenden Jahren auf Hunderte Millionen Liter hochgefahren werden. Ob es dazu kommt ist aber inzwischen fraglich. Den Antrag auf einen großen Windpark zog das Konsortium vergangenes Jahr zurück.

Immerhin 12,5 Millionen Liter pro Jahr sollen ab 2024 im norwegischen Mosjön produziert werden. Allerdings setzt der Betreiber Norsk E-Fuel anfangs auf E-Kerosin. Der Flugverkehr gilt als einer der Bereiche, die ganz besonders auf synthetische Kraftstoffe angewiesen sein werden. Ein batteriebetriebenes Passagierflugzeug dürfte noch auf lange Sicht eine technische Fantasie bleiben.

„An Absurdität nicht zu übertreffen“

Wenngleich E-Fuels den Flugverkehr nicht gänzlich klimaneutral machen würden (ein Teil des Treibhauseffekts von Flugzeugen liegt schlicht am Ausstoß von Wasserdampf in der Atmosphäre), gelten sie als ein wichtiger Schritt dorthin. Auch schwere Maschinen und die Schifffahrt werden noch längere Zeit auf flüssige Kraftstoffe zurückgreifen müssen.

Passagierflugzeug über London-Heathrow
Reuters/Toby Melville
Der Flugverkehr ist einer der Bereiche, die in Zukunft auf E-Fuels angewiesen sein werden

Sollten E-Fuels deshalb in erster Linie primär für diese Bereiche reserviert bleiben? Dafür spricht sich etwa Energieagentur-Experte Strimitzer aus. Und auch Ueckerdt votiert für eine Priorisierung in jenen Bereichen, die sich nicht oder nur schwer elektrifizieren lassen beziehungsweise auf Kohlenwasserstoffe als Rohstoff angewiesen sind, zum Beispiel die Kunststoffproduktion. „Gerade bei der Luftfahrt ist es ganz glasklar. Aber wir werden auch die Chemie nicht umstellen können. Da haben wir ein Fass ohne Boden.“

Auf der anderen Seite stehe der Pkw, wo bereits jetzt eine konkurrenzfähige Alternative auf dem Markt sei. E-Fuels für den Pkw müsse man nicht verbieten. Die Treibstoffe in diesem Bereich zu fördern sei aber „geradezu an Absurdität nicht zu übertreffen“, sagt Ueckerdt. Und dass sich E-Fuels aufgrund der auf jeden Fall anfänglich hohen Kosten nur durch Subventionen oder eine Quotenregelung auf den Markt bringen lassen, steht für den Forscher außer Frage.

Bestand als Argument

Die zurzeit hohen Kosten und gegen null gehende Verfügbarkeit sind ein Faktum, das auch die eFuel Alliance nicht wegredet. Eine Priorisierung auf bestimmte Bereiche will der Zusammenschluss daraus aber nicht ableiten. „Das Theorem der ‚schwer elektrifizierbaren Bereiche‘ ignoriert, dass auch die Nutzungsdauer ein wichtiger Faktor ist“, so die eFuel Alliance.

Die Interessenvertretung verweist etwa auf den großen Bestand an Autos mit Verbrennungsmotoren, der auch in zehn Jahren noch auf den heimischen Straßen unterwegs sein werde. Die Allianz plädiert dafür, E-Fuels bestehenden Treibstoffen beizumischen und den Anteil schrittweise steigen zu lassen. „Der Straßenverkehr ist ein hervorragender Booster beim Hochskalieren der Produktion.“ Das wäre wohl auch im Sinn der europäischen Luftfahrt. Die Fluglinien beteuern zwar zum einen, in Zukunft auf synthetische Treibstoffe setzen zu wollen. Zum anderen lehnen sie aber eine Quotenregelung für die Beimischung in den eigenen Maschinen kategorisch ab.

Gerade E-Fuel-Befürworter Schlögl hat am Hochskalieren über den Autobestand allerdings seine Zweifel. Der Weg über die Beimischung habe „eben den Nachteil, dass wir chemische Strukturen fixieren, die nicht optimal sind“, sagt der Chemiker. E-Fuels, die sich Sprit beimengen und in derzeitigen Motoren verwenden lassen, haben den Nachteil, dass bei ihrer Verbrennung neben CO2 auch weitere Abgase und Rußpartikel entstehen. Künftige E-Fuels könnten besser designt werden – wären dann aber auch nicht mehr einfach mit bestehenden Verbrennungsmotoren kompatibel.

Verkehr auf Westautobahn
ORF.at/Georg Hummer
Hochskalieren über den Autobestand? „Unbedingt“, sagen die einen, „auf keinen Fall“, die anderen.

Geht es nach Schlögl, werden die in Zukunft aber ohnehin keine Rolle mehr spielen. Ihm schweben Autos vor, in denen ein kleiner Verbrennungsmotor über einen Generator die Energie für einen Elektromotor liefert – der „serielle Hybrid“. Der wäre deutlich energieeffizienter als derzeitige Verbrennungsmotoren. „Wenn man sich überlegt, man braucht ohnehin zehn Jahre, bis man vielleicht größere Mengen hat, dann könnte man sagen: Bis dahin gibt es auch sehr viele Hybrid in genügender Menge und dann macht man es gleich so“, so Schlögl. Vorgaben, wie solche E-Fuels der nächsten Generation aussehen sollen, fehlen aber bisher.

Globale Perspektive

Schlögl mag hier anders argumentieren als die eFuel Alliance. Was die beiden aber eint: die Überzeugung, dass der Verbrennungsmotor auch im Individualverkehr weiterhin eine Rolle spielen wird. „Lkws und Pkws in weniger entwickelten Teilen des Planeten werden niemals elektrisch fahren. Das ist einfach nicht möglich. Niemand wird ein Stromnetz aufbauen, das doppelt so leistungsfähig ist wie unser mitteleuropäisches Stromnetz heute“, sagt der Chemiker.

Aber lässt sich deshalb auch argumentieren, dass E-Fuels auch in Europa ihren fixen Platz im Individualverkehr bekommen sollen? Strimitzer von der Energieagentur hat daran seine Zweifel: „Wir müssen einmal unsere Hausaufgaben machen bei uns zu Hause.“ Würden E-Fuels nun irgendwo in anderen Bereichen der Welt produziert und dort auch benötigt, „dann frage ich mich, ob die Hoffnung groß sein kann, dass sehr viele davon langfristig den Weg zu uns finden“, sagt er.

Energieexperte Ueckerdt gibt überdies zu bedenken, dass „die großen Automobilmärkte USA, EU und China bis 2030 bei den Neuwagen zu 50 Prozent elektrisch sein“ werden. „Die Hersteller haben sich auf E-Autos spezialisiert“ und würden womöglich Länder in Afrika und Asien, „diese neuen und riesigen Märkte, mit Infrastruktur ausbauen, um da ihre neuen Autos verkaufen zu können“.

Herausforderungen für die Stromnetze

Gerade daran, dass Hersteller weltweit tatsächlich nur auf E-Mobilität setzen, zweifeln Vertreterinnen und Vertreter von E-Fuels aber. Dahinter steht auch ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber der engen Verzahnung von motorisierter Mobilität und elektrischer Energie. Momentan könne man sein Verbrennerauto fahren, wann und wo man wolle, sagt etwa Schlögl. Das müsse auch in Zukunft mit dem E-Auto möglich sein, so seine Überzeugung. Denn: „Wenn diese Freiheit, die der größte Treiber ist für das Autofahren, eingeschränkt wird, gibt das Ärger.“

Die Netzinfrastruktur müsse deshalb darauf ausgerichtet sein, dass theoretisch jede und jeder gleichzeitig das eigene Auto laden kann. „Das muss auf die Spitze ausgerichtet werden, und das ist schon sehr schwer“, so Schlögl.

EU-Streit über Verbrennungsmotoren

Autos mit Verbrennungsmotoren sollten nach 2035 EU-weit nicht mehr zugelassen werden dürfen, darauf hatten sich die EU-Staaten eigentlich bereits geeinigt. Deutschland könnte den Plan nun kippen.

Dass die Ertüchtigung der Stromnetze in den kommenden Jahren eine gewaltige Aufgabe wird, bestreitet auch Ueckerdt nicht. Laut ihm kommt unsere Gesellschaft um diese Anstrengungen ohnedies nicht herum. Auch in Szenarien, die von „sehr optimistischen“ Importmengen für Wasserstoff und synthetische Treibstoffe ausgehen, „brauchen wir einen massiven Ausbau von heimischen Erneuerbaren und der Verteilnetze“, so der Physiker.

Tatsächlich scheint der Energiehunger der E-Moblität bisweilen etwas überschätzt zu werden. Laut den österreichischen Stromversorgern würde die Umstellung der Mobilität auf rein elektrische Antriebe einen Mehrbedarf von 16 Prozent des derzeitigen Stromverbrauchs bedeuten. Die Belastung der Netze, wenn alle gleichzeitig ihr E-Auto laden, ist freilich noch einmal eine eigene Frage. Doch zu solchen Netzbelastungen werde es mit einer intelligenten Netz- und Lastensteuerung gar nicht kommen, meint Ueckerdt. Das sei ein „Innovationsfeld“, bei dem „kann Europa, kann Österreich, kann Deutschland wirklich voranschreiten“.

Zwei Denkansätze

Womöglich verbirgt sich genau darin auch ein Grund, warum die Diskussion über synthetischen Kraftstoffe so unauflösbar scheint. Diejenigen, die sich für eine möglichst weitreichende Elektrifizierung starkmachen, betonen, dass wir die Technologie dafür bereits in allen Bereichen haben. Sie fügen sehr oft aber auch hinzu, dass neben großen Anstrengungen für den Ausbau der Erneuerbaren und des Stromnetztes auch Verhaltensänderungen der Nutzerinnen und Nutzer nötig werden.

Diejenigen, die einer starken Elektrifizierung skeptisch bis kritisch gegenüberstehen, verweisen auf Technologien, die eben noch nicht in der nötigen Entwicklungsgröße zur Verfügung stehen. Dafür, so das Versprechen, müsste sich in unser aller Leben vielleicht kaum etwas ändern.

Am Ende ist es die Aufgabe der Politik, sich für einen Weg zu entscheiden. Dass das leichter gesagt als getan ist, zeigt freilich nicht zuletzt die Diskussion über das Verbrenner-Aus der vergangenen Monate und Wochen.