Will Smith ohrfeigt Chris Rock bei der 94. Oscar-Verleihung
Reuters/Brian Snyder
Nach Smith-Ohrfeige

„Krisenteam“ für Oscar-Verleihung

Nachdem der Ohrfeigeneklat von Will Smith bei der Oscar-Verleihung 2022 für viel Aufregung und auch Kritik an den Veranstaltern gesorgt hat, führt die Academy of Motion Picture Arts and Sciences nun ein „Krisenteam“ für die Gala ein. Wie die BBC berichtet, soll die neue Abteilung Pläne für „unvorhersehbare Ereignisse“ erarbeiten. Peinlich lange Reaktionszeiten wie im Vorjahr will man sich damit sparen.

Smith hatte dem Komiker Chris Rock bei der Oscar-Gala am 27. März auf der Bühne vollkommen unerwartet eine Ohrfeige verpasst, nachdem dieser einen Witz über Smiths Ehefrau Jada Pinkett gemacht hatte. Darin ging es um ihren kahlgeschorenen Kopf – die Schauspielerin leidet aufgrund einer Erkrankung unter Haarausfall. Danach nahm Smith wieder Platz und beschimpfte Rock. Kurz darauf wurde Smith trotzdem für seine Rolle im Tennisdrama „King Richard“ als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet.

In seiner emotionalen Dankesrede kommentierte Smith den Vorfall, entschuldigte sich aber nicht bei Rock. Gleichzeitig scherzte Smith, die Academy lade ihn „hoffentlich wieder ein“. Nach einer großen medialen Debatte leitete die Academy erst Tage später ein Disziplinarverfahren ein. Dem Schauspieler drohte etwa der Ausschluss aus dem Verband. Dem kam Smith zuvor, in dem er seinen freiwilligen Austritt bekanntgab. Im Anschluss entschied die Academy einen zehnjährigen Ausschluss des Schauspielers von der Gala.

Will Smith ohrfeigt Chris Rock bei der 94. Oscar-Verleihung
Reuters/Brian Snyder
Die unbeholfene Reaktion der Oscar-Veranstalter auf die Ohrfeige sorgte für viel Kritik

Reaktion künftig laut Academy noch am Galaabend

Die Reaktion sei nicht schnell gewesen, räumte Academy-Präsidentin Janet Yang nun ein. „Nach dem letzten Jahr ist uns erst bewusst geworden, wie viele Dinge bei den Oscars passieren können“, so Oscar-Geschäftsführer Bill Kramer gegenüber dem „Time Magazine“. Das neue Team werde sich jetzt direkt nach einem Vorfall zusammenfinden und eine Reaktion sehr schnell und noch am selben Abend ermöglichen. „Wir hoffen, dass nichts passiert und dass wir diese Pläne nie brauchen, aber wir haben jetzt Szenarien, die wir adaptieren können.“

Das Krisenteam sei heuer sogar schon zum Einsatz gekommen. Direkt nach den Nominierungen war eine Debatte über die als beste Hauptdarstellerin nominierte Schauspielerin Andrea Riseborough entbrannt. Sie war nach einer großen Social-Media-Kampagne völlig überraschend für ihre Rolle im Oscar-Rennen aufgetaucht, was Fragen zur Auswahlpolitik der Academy laut werden ließ.

Der Vorfall habe nicht „eine Stufe“ erreicht, um die Nominierung abzuerkennen, hieß es nach einer Prüfung durch das Krisenteam. Gewisse Werbetaktiken hätten aber „Bedenken“ ausgelöst. Ziel der Academy sei ein „faires und ethisches“ Preisverfahren, basierend auf den Verdiensten der Filmschaffenden. Die Richtlinien müssten weiter überarbeitet werden.

Deutscher Film als großer Favorit

Die 95. Oscar-Verleihung in Hollywood ist für den 12. März geplant. Die Science-Fiction-Komödie „Everything Everywhere All at Once“ ist mit elf Nennungen Favorit. Das deutsche Antikriegsdrama „Im Westen nichts Neues“ ist mit sensationellen neun Nominierungen im Rennen. Aus dem Rennen fiel „Corsage“ von Marie Kreutzer.

Vor einem knappen Jahr war „Everything Everywhere All at Once“ nur in zehn Kopien in den US-amerikanischen Kinos gestartet – gegenüber vergleichsweise mehr als 4300 Kopien für die klassischen Blockbuster. Die Science-Fiction-Abenteuerkomödie von Dan Kwan und Daniel Scheinert rund um eine asiatische Heldin schaffte es dennoch, sich vom Geheimtipp zum Kritik- sowie zum Publikumsliebling zu entwickeln – und wurde bei der Bekanntgabe der Oscar-Nominierungen Dienstagfrüh (Ortszeit) in Los Angeles gleich elfmal genannt, unter anderem als bester Film und für die beste Hauptdarstellerin. Die 60-jährige Michelle Yeoh ist könnte als erste asiatischstämmige Schauspielerin mit dem Oscar ausgezeichnet werden.

Gute Chancen für Netflix-Produktion

Über gleich neun Oscar-Nominierungen, unter anderem für den besten Film und den Auslandsoscar, darf sich außerdem die deutsche Produktion „Im Westen nichts Neues“ freuen. Der Film mit dem Wiener Schauspieler Felix Kammerer in der Hauptrolle und nach der Buchvorlage von Erich Maria Remarque aus dem Jahr 1929 zeigt das Grauen des Ersten Weltkriegs aus der Sicht eines jungen Soldaten und ist bereits seit letztem Jahr auf Netflix zu sehen.

Filmszene aus „Im Westen nichts Neues“
AP/Netflix
Der deutsche Antikriegsfilm „Im Westen nichts Neues“ wurde für neun Oscars nominiert

Innsbruckerin Monika Willi mit „Tar“ nominiert

Mit der Nominierung der Schnittmeisterin Monika Willi für einen Oscar für das Editing des Films „Tar“ gibt es aus österreichischer Sicht eine Überraschung. „Ich bin sprachlos. Damit habe ich nicht gerechnet“, meldete sich Monika Willi gegenüber dem „Kurier“ anlässlich ihrer Oscar-Nominierung für den Schnitt von „Tar“ zu Wort. Willi arbeitete lange Jahre mit Michael Haneke zusammen. „Tar“ von Todd Field, der insgesamt siebenmal nominiert wurde, erzählt von einer fiktiven Chefdirigentin der Berliner Philharmoniker.

Monika Willi bei der Premiere von „TÁR“
AP/NDZ/STAR MAX/IPx
„Ich bin sprachlos“: Monika Willi zu ihrer Oscar-Nominierung für den Schnitt von „Tar“

Auf neun Nennungen brachte es „The Banshees of Inisherin“ von Martin McDonagh, ein schwarzhumoriger Trennungsfilm über zwei sture, Jahrzehnte miteinander verbundene Freunde auf einer abgelegenen irischen Insel. Dahinter landete Baz Luhrmanns Biopic „Elvis“ mit acht Gewinnchancen.

Steven Spielbergs autobiografisches Drama „The Fabelmans“, in dem der 76-jährige Filmemacher auf seine Kindheit und auf das Leben seiner Eltern zurückschaut, wurde siebenmal nominiert, unter anderem in den Kategorien „Bester Film“ und „Beste Regie“. „Top Gun: Maverick“ kam auf sechs Nominierungen. „Black Panther: Wakanda Forever“ landete fünfmal, James Camerons „Avatar 2“ viermal auf der Liste.