Abstimmung in der UNO-Vollversammlung in New York
APA/AFP/Timothy A. Clary
UNO-Vollversammlung

Mehrheit verurteilt erneut russische Invasion

Vor dem Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine hat die Weltgemeinschaft Präsidenten Wladimir Putin erneut mit großer Mehrheit zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert. 141 der 193 Mitgliedsstaaten der UNO-Vollversammlung stimmten am Donnerstag für eine entsprechende Resolution. Das Votum im größten Gremium der Vereinten Nationen wird als globaler Stimmungstest zu Russlands Angriffskrieg gesehen.

Neben einer Reihe von Enthaltungen gab es mit Belarus, Nordkorea, Eritrea, Mali, Nicaragua und Syrien sechs Länder, die zusammen mit Moskau gegen den Entwurf stimmten. Die Resolution in der UNO-Vollversammlung enthält die Forderung nach Frieden und dem Rückzug Moskaus. Der Entwurf bekräftigt eine Reihe zuvor bereits beschlossener Positionen des Gremiums und sieht unter anderem die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine vor.

Kiew und seine Unterstützer knüpften damit an ähnliche Abstimmungsergebnisse des vergangenen Jahres mit mehr als 140 Ja-Stimmen an. Sie wollen mit dem klaren Ergebnis dem Eindruck entgegenwirken, es gebe in Teilen der Welt eine Kriegsmüdigkeit und bröckelnden Rückhalt für die Ukraine. Im März, kurz nach Kriegsbeginn, hatte die Versammlung Russlands Invasion mit einer Mehrheit von 141 der 193 Stimmen zurückgewiesen. Im Oktober verurteilten dann sogar 143 Nationen die illegalen Annexionen Moskaus in der Ukraine.

China und Indien enthielten sich

Wie auch schon bei vorangegangenen Abstimmungen enthielten sich am Donnerstag mit China und Indien zwei mächtige Staaten, in denen zusammen etwa 2,8 Milliarden Menschen leben. Die wichtigen Länder Brasilien, Türkei und Saudi-Arabien stimmten für die Vorlage, Südafrika und der Iran enthielten sich. Während fast alle südamerikanischen Länder zustimmten, enthielten sich erneut eine Reihe afrikanischer Staaten.

Abstimmung in der UNO-Vollversammlung in New York
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Das Ergebnis der Abstimmung in New York

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Resolution als „starkes Signal der unerschütterlichen weltweiten Unterstützung“ für die Ukraine. Das Ergebnis der Abstimmung in New York sei „ein starkes Zeugnis der Solidarität der Weltgemeinschaft mit dem Volk der Ukraine vor dem Hintergrund des Jahrestags der umfassenden Aggression durch Russland“, schrieb Selenskyj am Donnerstagabend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Baerbock warb für Resolution

Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hatte vor der Abstimmung in New York eine Rede gehalten und darin ein klares Zeichen an Russland gefordert: „Heute muss sich jeder von uns entscheiden: mit dem Unterdrücker isoliert dastehen oder für den Frieden zusammenstehen“, sagte sie. „Wenn Russland aufhört zu kämpfen, endet dieser Krieg. Wenn die Ukraine aufhört zu kämpfen, ist es das Ende der Ukraine.“ Baerbock hielt ihre Rede auf Bitten der Ukraine als letzte reguläre Sprecherin vor der Abstimmung.

In den vergangenen Tagen hatte die Ministerin vor allem in Ländern des Globalen Südens für eine Zustimmung zu der Resolution geworben – auch am Rande der Sicherheitskonferenz in München am vergangenen Wochenende. Zuletzt hatte sie Gespräche mit Vertretern Südafrikas, Indiens, Senegals, Äthiopiens, Nigerias und Brasiliens geführt.

UNO verurteilt erneut russische Invasion

Vor dem Jahrestag des russischen Einmarschs in die Ukraine hat die Weltgemeinschaft Präsident Wladimir Putin erneut mit großer Mehrheit zum Rückzug seiner Truppen aufgefordert. 141 der 193 Mitgliedsstaaten der UNO-Vollversammlung stimmten für eine entsprechende Resolution. Das Votum im größten Gremium der Vereinten Nationen wird als globaler Stimmungstest zu Russlands Angriffskrieg gesehen.

Auf eine Zustimmung der neuen Regierung des brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva hatten die Deutschen besonders gesetzt – das Land gilt als Schlüsselstaat für die Länder des Globalen Südens. Die brasilianische Regierung war aufgefordert worden, Textvorschläge vorzulegen – diese flossen dann in die Arbeit am Entwurf ein.

China in die Pflicht genommen

Am Rande der Vollversammlung forderte Baerbock China auf, seinen Ankündigungen Taten folgen zu lassen und einen Friedensplan unter dem Dach der UNO-Charta vorzulegen. Das sei notwendig, weil China als UNO-Sicherheitsratsmitglied nicht nur Vetorechte, „sondern eben als Mitglied eine besondere Verantwortung hat, den Weltfrieden wiederherzustellen“. Deswegen sei ein echter, von China unterstützter Friedensplan notwendig.

Selenskyj würde den von China angekündigten Friedensplan für sein Land gerne mit Vertretern Pekings erörtern. „China hat uns von solch einer Initiative erzählt. Aber ich habe das Dokument noch nicht gesehen“, sagte Selenskyj bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem spanischen Ministerpräsidenten Pedro Sanchez in Kiew. Es sei grundsätzlich gut, „dass China angefangen hat, über die Ukraine zu sprechen, und einige Signale ausgesendet hat“, sagte Selenskyj.

Chinas UNO-Vertreter Dai Bing hatte zuvor erneut ein entsprechendes Positionspapier seiner Regierung angekündigt. Zudem kritisierte er Waffenlieferungen an die Ukraine und eine „Kalter-Krieg-Mentalität“. Offensichtlich in Richtung Moskaus betonte er, ein Einsatz von Atomwaffen wäre inakzeptabel.

Ohne scharfe Formulierungen

Hinter den UNO-Kulissen war lange diskutiert worden, wie substanziell eine Resolution zum Jahrestag der Invasion sein könne. UNO-Kreisen zufolge hatte die Ukraine an Resolutionen gearbeitet, die ein Kriegsverbrechertribunal umreißen, sowie an einem Text, der einen zehn Punkte umfassenden Friedensplan Selenskyjs in ein UNO-Dokument überführen würde. Beide Ideen wurden für die Abstimmung am Donnerstag aufgegeben.

In dem nun beschlossenen Text tauchen eher vage Formulierungen zum Ende des Krieges auf: So heißt es, das Erreichen eines umfassenden Friedens, der notwendig sei, würde „einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit leisten“. Im Weiteren wird ein vollständiger Austausch von Kriegsgefangenen verlangt und die Notwendigkeit betont, dass Verantwortliche für die schwersten Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden müssten.

Kein Frieden in Sicht

Nach zwölf Monaten Krieg scheinen Friedensverhandlungen in dem schwersten militärischen Konflikt auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg jedoch weit entfernt: „Im vergangenen Jahr haben wir nicht nur Leid und Verwüstung wachsen sehen, es wird auch immer deutlicher, wie viel schlimmer alles noch werden könnte“, hatte UNO-Generalsekretär Antonio Guterres am Mittwoch vor der Vollversammlung gesagt. Die Gefahr einer sich weiter drehenden Konfliktspirale sei klar und sehr konkret. „Inzwischen haben wir implizite Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen gehört. Der sogenannte taktische Einsatz von Atomwaffen ist absolut inakzeptabel.“