Bundespräsident Alexander Van der Bellen in einer Videobotschaft
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„Stehen an Ihrer Seite“

Van der Bellen sichert Ukraine Solidarität zu

Zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine hat Bundespräsident Alexander Van der Bellen den „ukrainischen Freundinnen und Freunden“ Österreichs Solidarität versichert. „Wir stehen an Ihrer Seite, solange es nötig ist“, sagte Van der Bellen in einem Video am Freitag auf Twitter. Man wolle weiterhin versuchen, das Leid des ukrainischen Volkes zu lindern, und die Ukraine „auf ihrem europäischen Weg“ begleiten. Im Nationalrat wurde unterdessen nicht an Kritik an Österreichs Umgang mit dem Krieg gespart.

Österreich wolle zu einer „friedlichen, erfolgreichen und freien Zukunft“ der Ukraine beitragen, sagte der Bundespräsident in seiner Videobotschaft und sprach von einem „abscheulichen“ und „ungerechtfertigten“ Angriffskrieg Russlands. Auch Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) versicherte auf Twitter, Österreich werde die Ukraine „so lange unterstützen wie nötig“.

In seiner Videobotschaft forderte Schallenberg am Freitag von Russland „ein sofortiges Ende der russischen Aggression, den bedingungslosen Rückzug der russischen Truppen und die Wiederherstellung der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine“. Es liege in den Händen von Russlands Präsident Wladimir Putin, den Krieg zu beenden, so Schallenberg.

„Vor genau zwölf Monaten ist der Krieg nach Europa zurückgekehrt, Russland hat die Ukraine brutal überfallen.“ Zwölf Monate später gingen das unbeschreibliche menschliche Leid und die Zerstörung mit unzähligen Opfer und Millionen Vertriebenen weiter. „Russland trägt die volle Verantwortung dafür, dieses Verhalten darf sich nicht auszahlen“, so Schallenberg. Die Menschen in der Ukraine würden einen gerechten und dauerhaften Frieden verdienen.

„Seit erstem Tag“ an Seite der Ukraine

Der Außenminister sagte zudem, dass Österreich seit dem ersten Tag des Krieges an der Seite der Menschen in der Ukraine gestanden sei. Österreich habe mehr als 90.000 Vertriebene aus der Ukraine aufgenommen, von denen mehr als 50.000 geblieben seien. Im Verhältnis zum BIP sei Österreich sogar die Nummer eins bei Lieferungen von humanitärer Hilfe, so Schallenberg.

Kürzlich berichtete das deutsche Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), dass die USA mit 73,1 Milliarden Euro seit Kriegsbeginn der klare Taktgeber bei der Unterstützung der Ukraine seien. Österreich, das keine militärische Hilfe leistet, schaffte es dank der humanitären Hilfen immerhin ins europäische Mittelfeld mit 630 Millionen Euro an Unterstützung.

Sondersitzung des Nationalrats

Auch im Parlament dominiert Österreichs Position im Ukraine-Krieg die politische Debatte am Jahrestag der russischen Aggression. Freitagfrüh traten die Mitglieder des Nationalrats zu einer Sondersitzung zusammen. Beantragt hatte das außertourliche Plenum NEOS, das der Regierung in einer Dringlichen Anfrage vorwirft, Österreich nicht aus der Abhängigkeit von russischem Gas geführt zu haben. Zudem wird ein Ende der Neutralität empfohlen.

Während NEOS im Zuge des Plenums eine Abkehr von der bisherigen österreichischen Haltung forderte, pochten Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), SPÖ-Obfrau Pamela Rendi-Wagner und FPÖ-Obmann Herbert Kickl auf die Beibehaltung der Neutralität. Kritik gab es an Kickl, der die Kriegsverantwortung auf „beiden Seiten“ sah.

NEOS für neue Sicherheitsstrategie

Der Sitzung wohnten auch die ukrainische Delegation der OSZE, der ukrainische Botschafter in Österreich, Wasyl Kymynez, und die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja bei. NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, die eine gelb-blaue Schleife angelegt hatte, verurteilte einmal mehr die russische Aggression. Sie sprach von einem „ungeheuerlichen Krieg“ und forderte: „Putin muss in der Ukraine gestoppt werden, um nachhaltig Freiheit und Frieden zu sichern.“

Man sei nur in einem Verbund geschützt, sagte Meinl-Reisinger mit Blick auf Österreich. Finnland und Schweden hätten bereits erkannt, dass die Neutralität alleine nicht helfe. Die NEOS-Klubobfrau verlangte ein Bekenntnis zu einer europäischen Sicherheitssäule und die Erarbeitung einer neuen Sicherheitsstrategie, da die geltende Russland noch auf dieselbe Stufe wie die USA stelle: „Das ist doch fahrlässig.“

Nehammer bekannte sich in seiner Replik klar zur Neutralität. Sie sei in vielen Bereichen gar nicht hoch genug einzuschätzen. Der Kanzler verwies auf internationale Organisationen von der UNO abwärts, die sich gerade deswegen in Österreich angesiedelt hätten und so die Möglichkeit böten, Gesprächskanäle offen zu halten. „Österreichs Neutralität ist gelebte Friedenspolitik.“ Auch in der EU habe niemand mit ihr Probleme.

Energieversorgung als Konfliktthema

Zweites Konfliktthema war die Energieversorgung. Während Meinl-Reisinger die Abhängigkeit von russischem Gas mit über 70 Prozent schilderte, liegt sie laut Nehammer im Jahresdurchschnitt nur noch bei 50 Prozent – nach 80 Prozent vor dem Krieg. Ein Ausstieg könne nicht von einem Tag auf den anderen erfolgen. Grund dafür seien sehr langfristige Lieferverträge, die bereits abgeschlossen seien, und die Kosten, die bereits durch die Schaffung der strategischen Gasreserve entstanden seien.

Meinl-Reisinger sah hingegen Österreich als eine „Gaskolonie der imperialistischen Politik Russlands“. Während Österreich der Ukraine mit 600 Millionen Euro geholfen habe, seien in den vergangenen Jahren sieben Milliarden nach Moskau geflossen, so die Kritik.