Blick auf die Gefangenen von oben
Reuters/Secretaria De Prensa De La Presidencia
El Salvador

Riesengefängnis für 40.000 Insassen bezogen

Im Kampf gegen die Bandenkriminalität geht der salvadorianische Präsident Nayib Bukele drastische Wege: In einem Gefängniskomplex sollen rund 40.000 Insassen auf 165 Hektar zusammengesperrt werden. Nun wurden die ersten Häftlinge überstellt.

Im Morgengrauen wurden etwa 2.000 mutmaßliche Bandenmitglieder in das Areal in Tecoluca, rund 75 Kilometer südöstlich der Hauptstadt San Salvador, gebracht. Das berichtete am Samstag die BBC. Auf Bildern waren zahllose Männer mit Tätowierungen und kahlgeschorenen Köpfen zu sehen.

Bukele hatte vor Kurzem die Anlagen präsentiert, in denen später insgesamt bis zu 40.000 Menschen eingesperrt werden sollen – also mehr als etwa die oberösterreichische Stadt Steyr an Einwohnern hat. „Das wird ihr neues Zuhause, hier werden sie über Jahrzehnte leben, alle gemeinsam, unfähig, der Bevölkerung weiteren Schaden zuzufügen“, schrieb er nun auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Mangel an Sanitäreinrichtungen

Das Gefängnis steht im Zentrum von Bukeles erklärtem Krieg gegen die Bandenkriminalität. Es nimmt nach Angaben der Regierung insgesamt eine Fläche von 165 Hektar ein, rund 850 Soldaten und Polizisten sollen es überwachen. Acht Gebäude beinhalten je 32 Zellen von je etwa 100 Quadratmetern. Die Zellen haben laut BBC jeweils nur zwei Waschbecken und zwei Toiletten.

Blick auf die Gefangenen von oben
Reuters/Secretaria De Prensa De La Presidencia
Bilder der Präsidentschaftskanzlei zeigten am Samstag die ersten Insassen in Tecoluca

Seit knapp einem Jahr gilt in dem Land mit sechs Millionen Einwohnern der Ausnahmezustand. Dieser ermöglicht unter anderem Inhaftierungen ohne Richterbeschluss, auch eine Reihe von Grundrechten wurde eingeschränkt. Dadurch will die Regierung die Gewalt der kriminellen Banden eindämmen. Mehr als 62.000 mutmaßliche Bandenmitglieder wurden seitdem festgenommen.

Riesengefängnis in El Salvador

In El Salvador wurden die ersten Mitglieder einer Verbrecherorganisation in ein neues Gefängnis gebracht. Dort sollen 40.000 Häftlinge Platz haben.

Ausnahmezustand wiederholt verlängert

Das Parlament erneuerte erst kürzlich den Ausnahmezustand. „Das Land hat sich schon gewandelt, wir werden keinen Schritt zurück machen“, sagte Parlamentspräsident Ernesto Castro. „Wir werden uns von allen Bandenmitgliedern befreien.“

Die Regierung rechtfertigt die immer wieder erfolgende Verlängerung des Ausnahmezustandes unter anderem mit der sinkenden Mordrate im Land, worin sie eine Bestätigung ihrer Strategie sieht. Laut offiziellen Angaben wurden im vergangenen Jahr 7,8 Morde auf 100.000 Einwohner verübt. 2021 seien es noch 18,1 Morde auf 100.000 Einwohner gewesen. Nach Medienberichten und Angaben der US-Regierung geht der Rückgang unter anderem auf eine geheime Vereinbarung der Regierung mit den Banden zurück – was Bukele zurückwies.

Blick auf das Gefängnis, Vogelperspektive
APA/AFP/Salvadorean Presidency
Das Gefängnis soll voll ausgelastet 40.000 Menschen fassen

Kritik an willkürlichen Verhaftungen

Menschenrechtsaktivisten sprechen allerdings von zahllosen willkürlichen Festnahmen – auch Bukele musste bereits eingestehen, dass auch mehrere tausend unschuldige Zivilisten im Gefängnis landeten. Mindestens 3.000 Inhaftierte, deren Unschuld erwiesen sei, seien bereits wieder freigelassen worden. Mit einer Gefangenenrate von 605 pro 100.000 Einwohner hat El Salvador laut der Datenbank World Prison Brief bereits mehr Inhaftierte als jedes andere Land.