Kohlekraftwerk in Hangzhou (China)
AP/FeatureChina/Long Wei
Schlag gegen Klimaziele

China setzt verstärkt auf Kohle

Ungeachtet globaler Bemühungen im Kampf gegen die Klimakrise baut China offenbar wieder verstärkt auf neue Kohlekraftwerke. Genehmigung, Baubeginn und Ankündigung neuer Kohleprojekte hätten sich im vergangenen Jahr „dramatisch beschleunigt“ und den höchsten Stand seit 2015 erreicht, heißt es in einer am Montag veröffentlichten Studie der Forschungsgruppen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und Global Energy Monitor (GEM).

Die Kapazität der Kraftwerke, deren Bau begonnen wurde, sei sechsmal größer gewesen als jene der Kraftwerksprojekte im Rest der Welt zusammen. Insgesamt seien im vergangenen Jahr 106 Gigawatt an neuen Kohleprojekten genehmigt worden, was ungefähr zwei großen Kraftwerken pro Woche entspreche, heißt es in dem Bericht.

Hintergrund der Vorgangsweise sind offenbar sich zuletzt häufende Probleme in Sachen Energieversorgung: Nach dramatischen Energieengpässen im Herbst 2021 begründeten Provinzen die Unterstützung neuer Projekte mit der nötigen Stabilität des Stromnetzes zu Spitzenzeiten. Den Studienerkenntnissen zufolge sei das allerdings nicht stichhaltig, weil die Kraftwerke beständig in der Grundlastauslastung laufen sollen.

Größter Kohleverbraucher, größter Treibhausemittent

Im Pariser Klimaabkommen hatten 195 Staaten, darunter auch China, 2015 beschlossen, die gefährliche Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dafür müssen die Emissionen von Kohlendioxid reduziert werden. China ist der größte Kohleverbraucher und größte Produzent der Treibhausgasen. Das bevölkerungsreichste Land der Welt hat zugesagt, den Höhepunkt seiner Emissionen bis 2030 und die Kohlendioxidneutralität bis 2060 zu erreichen.

China bezieht bisher einen Großteil seines Stroms aus Kohlekraftwerken – und auch seit der Unterzeichnung des Paris-Abkommens seien die Emissionen weiter angestiegen, so die Autorinnen und Autoren der CREA-GEM-Studie. Diesen zufolge bedeute der starke Zubau neuer Kohlekraftwerke allerdings nicht zwingend, dass der Kohleverbrauch und die CO2-Emissionen des Stromsektors in China nun weiter steigen werden.

„Rasche Fortschritte beim Ausbau sauberer Energien“

Voraussetzung dafür sei allerdings, „dass sich das Wachstum der nicht fossilen Stromerzeugung aus Wind, Sonne und Kernenergie weiter beschleunigt und sich das Wachstum der Stromnachfrage stabilisiert oder verlangsamt“. Allerdings gebe es aus China nicht nur die Zusage, den Kohleverbrauch im Zeitraum 2026 bis 2030 deutlich reduzieren zu wollen – zuletzt mehrten sich Agenturangaben zufolge auch Stimmen, wonach man Klimaschutzvorgaben auch an die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklung anpassen werde.

„China macht zwar rasche Fortschritte beim Ausbau sauberer Energien, doch das Stromversorgungssystem des Landes ist nach wie vor auf Kohlekraftwerke angewiesen“, heißt es dazu im CREA-CEM-Report. Naheliegend erscheine nun, dass die neu genehmigten Kohlekraftwerke die chinesischen Klimaverpflichtungen nun „komplizierter und kostspieliger machen“. Inwieweit diese Entwicklung den Weg Richtung Austieg aus der Kohle tatsächlich bremst, bleibe aber abzuwarten, wie es dazu mit Verweis auf den laufenden raschen Ausbau im Bereich der erneuerbaren Energie dazu heißt.

Verweis auf Worst-Case-Szenario

Die offiziell zur Überbrückung von Energieengpässen geplanten neuen Kohlekraftwerke könnten somit durchaus „kurzlebige und nicht ausgelastete Fehlinvestitionen sein“. Im schlimmsten Fall könne der nun eingeschlagene Weg allerdings auch dazu führen, „dass Chinas Ausbau der sauberen Energien gedrosselt wird und/oder energieintensive Industrien gefördert werden, die den Strom verbrauchen“.

Damit einhergehend wäre ein weiterer erheblicher Anstieg von Chinas CO2-Emmissionen, „was die globalen Klimabemühungen untergraben und sogar Chinas Klimaverpflichtungen in Gefahr bringen könnte“.