Walt Disney World Resort in Orlando
AP/John Raoux
Floridas Gouverneur DeSantis schärft Linie

Disney World unter staatlicher Aufsicht

Seit gut einem Jahr tobt zwischen Floridas republikanischem Gouverneur Ron DeSantis und dem Unterhaltungskonzern Disney ein heftiger Streit. Dabei geht es um ein Gesetz, das den Unterricht junger Kinder über sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität neu regelt. Weil sich Disney gegen die politische Agenda des Erzkonservativen stellte, gibt es nun Konsequenzen für den Freizeitpark Disney World: Er verliert den Selbstverwaltungsstatus – und wird unter staatliche Aufsicht gestellt.

DeSantis unterzeichnete am Montag ein Gesetz, das die Verwaltung des rund 100 Quadratkilometer großen Gebiets entsprechend neu regelt. „Heute nimmt das Unternehmenskönigreich endlich ein Ende“, sagte der Politiker, ein potenzieller Präsidentschaftsbewerber und parteiinterner Rivale von Ex-Präsident Donald Trump. Mit dem Gesetz sei „ein neuer Sheriff“ da, Rechenschaftspflicht stehe nun „auf der Tagesordnung“, tönte DeSantis.

Die scharfe Rhetorik hat eine Vorgeschichte: Vor knapp einem Jahr hatte DeSantis ein Gesetz unterzeichnet, das die Behandlung von Themen sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität in Kindergärten und den ersten drei Volksschuljahren verbietet. Und das hat wiederum einen politischen Hintergrund: So ist das Gesetz Teil der Bestrebungen der US-Republikaner, ihre konservative Linie in gesellschaftspolitischen Fragen durchzusetzen, unter anderem an Schulen.

Ron DeSantis
Reuters/Marco Bello
Floridas republikanischer Gouverneur DeSantis will sich mit einer konservativen Linie profilieren

„Don’t Say Gay“-Gesetz

Der Aufschrei von Kritikerinnen und Kritikern war jedenfalls unüberhörbar: Sie verurteilten das Gesetz als Schlag gegen die LGBTQ-Gemeinschaft und bezeichneten es als „Don’t Say Gay“-Gesetz („Sag nicht schwul“-Gesetz). Hier kam Disney ins Spiel, denn auch der damalige Konzernchef Bob Chapek verurteilte das Gesetz und stoppte alle politischen Spenden seines Unternehmens in Florida.

Zuvor hatte sich konzernintern großer Druck aufgebaut: Viele Disney-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter hatten kritisiert, dass ihr Arbeitgeber nicht öffentlich Stellung gegen die Reform bezogen habe. Bei der Unterzeichnung des Gesetzes zum Selbstverwaltungsrecht von Disney World am Montag sagte DeSantis nun, der Konzern habe sich gegen etwas gestellt, das dem „Schutz kleiner Kinder“ gedient habe.

„Wir wollen, dass unsere Kinder Kinder sind“

„Wir wollen, dass unsere Kinder Kinder sind. Wir wollen, dass sie Unterhaltung und die Schule genießen können, ohne dass ihnen eine Agenda aufgedrängt wird“, sagte DeSantis. Das am Montag von ihm unterzeichnete Gesetz schafft das Selbstverwaltungsrecht von Disney World im Reedy Creek Improvement District (RCID) ab. Dieser Bezirk war 1967 durch Floridas Parlament geschaffen worden, um den Bau des weltberühmten Vergnügungsparks in Orlando zu erleichtern.

Souvenirs in einem Shop im Walt Disney World Resort in Orlando
Reuters/Octavio Jones
Souvenirs in einem Shop im Walt Disney World Resort in Orlando – das Unternehmen will für Offenheit stehen

Das Gebiet von Disney World – das mehr als 100 Quadratkilometer große Areal bei Orlando beheimatet neben Disney World noch etliche weitere Vergnügungs- und Wasserparks, Hotels und die dazugehörige Infrastruktur – war praktisch ein selbstverwaltetes Gebiet: Steuern wurden eingetrieben, die Grundversorgung für Bürgerinnen und Bürger – etwa Müllabfuhr und Abwasserwiederaufbereitung – wurde verwaltet. So sollten Steuerzahler nicht für die hohen Kosten des Betriebs des Areals aufkommen müssen.

Gremium soll schon kommende Woche erstmals tagen

Bisher durften die Bodenbesitzer, also hauptsächlich der Disney-Konzern, das Gremium zur Verwaltung des Sonderbezirks wählen. Der Konzern hatte so nicht nur die Kontrolle über den Bau des riesigen Vergnügungsparks, er konnte etwa auch kommunale Anleihen ausgeben.

Mit dem neuen Gesetz von DeSantis, welches das Repräsentantenhaus und der Senat von Florida vor rund zweieinhalb Wochen verabschiedet hatten, bekommt der Bezirk nun ein vom Gouverneur ernanntes fünfköpfiges Aufsichtsgremium. Dessen Mitglieder werden nach der Ernennung von Floridas Senat bestätigt. Es soll bereits kommende Woche erstmals zusammenkommen.

Der im vergangenen November in einem Erdrutschsieg als Gouverneur wiedergewählte 44-jährige DeSantis hat zwar offiziell noch keine Präsidentschaftsbewerbung verkündet. Er arbeitete aber mit einer Reihe politischer Treffen an seinem nationalen Profil und bringt am Dienstag sein Buch „The Courage to Be Free“ (Der Mut, frei zu sein) heraus.