Regierung will Primärversorgungszentren verdreifachen

Um die medizinische Versorgung zu verbessern, will die Bundesregierung den schleppenden Ausbau der Primärversorgungseinrichtungen (PVE) nun vorantreiben. Ziel ist eine Verdreifachung bis zum Jahr 2025, gab Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) mit ÖVP-Gesundheitssprecher Josef Smolle heute bekannt. Mit der Novelle soll auch die Ärztekammer entmachtet werden, wenn sich bei einem Engpass künftig sechs Monate lang keine neuen Ärzte finden.

121 Zentren geplant

Derzeit gibt es in Österreich 39 Primärversorgungszentren in sieben Bundesländern. Das ursprüngliche Ziel, bis 2021 75 solcher Einrichtungen zu schaffen, wurde also verfehlt. Nun setzt man sich gleich ein neues Ziel: Bis 2025 soll das Angebot auf 121 Zentren verdreifacht werden.

Patienten profitieren bei diesen Ärzteteams, die auch mit anderen Gesundheitsberufen wie Hebammen zusammenarbeiten, etwa von längeren Öffnungszeiten. Der Politik geht es aber auch um eine Entlastung des ambulanten Bereichs und „zeitgemäße“ Arbeitsbedingungen für Ärztinnen und Ärzte.

Kammer soll umgangen werden können

Dass es von diesen PVE derzeit zu wenige gibt, liege am Widerstand der Ärztekammer, hatte Gesundheitsminister Rauch Ende Jänner beklagt. Er kündigte eine Änderung der gesetzlichen Voraussetzungen an. Sind in einer Versorgungsregion zwei Stellen von Allgemeinmedizinern oder Kinderärzten unbesetzt, haben Ärztekammer und Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) künftig sechs Monate Zeit, neue Ärzte zu finden, sehen die Pläne vor.

Danach sollen Landesregierung und ÖGK gemeinsam eine Primärversorgungseinrichtung ausschreiben können – die Zustimmung der Ärztekammer wäre also nicht mehr notwendig, wurde der APA auf Nachfrage aus dem Gesundheitsministerium bestätigt.

Kritik von Ärztekammer

Die Ärztekammer zeigte sich von den Plänen des Gesundheitsministers wenig begeistert. „Reinen Aktionismus“ und „alles andere als durchdacht“ nennt Ärztekammer-Präsident Johannes Steinhart den Vorstoß in einer Aussendung. „Wenn die Rahmenbedingungen so unattraktiv sind, dass sich keine Ärztinnen oder Ärzte finden, dann wird auch eine PVE keinen Turbo einlegen können. Das wird eine Fehlzündung“, meinte er.

Auch Edgar Wutscher, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, kritisierte das Vorhaben. Die konsensorientierte Zusammenarbeit von Ärztekammern und Kassen bei der Besetzung von Kassenstellen habe lange Zeit einwandfrei funktioniert, „dass man dieses Vorgehen nun für ein paar billige Punkte und Wunschträume opfert, ist ein Affront“.

ÖGK begrüßt Lockerung des Gesetzes

Die ÖGK begrüßte den Vorstoß zur Lockerung des Primärversorgungsgesetzes. PVEs seien „das Modell der Zukunft, das auch von jungen Ärztinnen und Ärzten sehr gut aufgenommen wird“, hieß es in einer Aussendung.

Zustimmung für den geplanten Ausbau von PVEs kam von der Opposition. „Angesichts der zahlreichen Baustellen im Gesundheitssystem war es höchst an der Zeit, dass die Regierung munter wird“, wurde SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher in einer Aussendung zitiert.

Wie Kucher begrüßte auch NEOS-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler die geplanten Einschränkungen der Kompetenzen der Ärztekammer. „Die Macht der Ärztekammer, die jeden ernstzunehmenden Ausbau der Primärversorgung verhindert, muss beschnitten werden. Das Ziel muss lauten, die ÖGK beim Ausbau der Primärversorgung zu stärken und weniger abhängig von der Ärztekammer zu machen“, sagte Fiedler.