Medienvordenker Peter Weibel ist tot

Der österreichische Medienkünstler, Theoretiker, Kurator und langjährige Chef des ZKM im deutschen Karlsruhe, Peter Weibel, ist tot. Das wurde heute aus Weibels Umfeld öffentlich.

Weibel, der 1944 als Kind einer Russlanddeutschen mit einem Wehrmachtsoffizier in Odessa geboren worden war, wuchs nach dem Krieg in Ried im Innkreis aus. Weibels Wirkungsstätte sollte zunächst Paris, danach Wien werden.

Nach der Schule studierte er für ein Jahr in Paris Französisch, Film und Komparatistik, begann 1964 in Wien zunächst ein Studium der Medizin und wechselte dann zur Mathematik mit dem Schwerpunkt Logik, das er jedoch nicht abgeschlossen hat.

Ausgehend von semiotischen und linguistischen Überlegungen entwickelte Weibel eine künstlerische Sprache, die ihn ab 1965 von der experimentellen Literatur zur Performance führte. Die Aktionen um das „erweiterte Kino“, inspiriert vom Expanded Cinema der USA, machten ihn ebenso über die Grenzen Österreichs bekannt wie die Kunstaktionen mit Valie Export im Rahmen des Wiener Aktionismus.

Legendäre Aktionen auch im ORF

Mit seinen Fernsehaktionen, den teleaktionen, die der ORF 1972 im Rahmen der Sendung Impulse ausstrahlte, überschritt er die Grenzen des Galerieraumes und untersuchte die Videotechnik in ihrer Anwendung im Massenmedium Fernsehen.

Weibel war langjähriger Leiter von Institutionen wie der Ars Electronica in Linz, dem Institut für Neue Medien in Frankfurt am Main und schließlich dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe, das zuletzt einen Teil seines Vorlasses erwarb.

Weibel wurde über die Jahre zum führenden Medienvordenker in Europa, lange bevor das Internet zur Alltagsanwendung wurde. Weibels Medienbegriff war stets ein erweiterter.

Traum von einer bewohnbaren Bibliothek

Ende März, nach fast einem Vierteljahrhundert, wollte Weibel Karlsruhe verlassen und mit seinen 120.000 Büchern nach Wien übersiedeln. Weibels großes Projekt hieß: die bewohnbare Bibliothek.

„In Wien will ich zwei Container-Türme für meine Bücher bauen“, sagte Weibel. Der Clou war ein Aufzug in der Mitte. Er solle nicht zu einer Wohnung führen, sondern diese ersetzen. „Der Aufzug ist die Wohnung. Ich werde also in einem großen Lastenaufzug arbeiten, schreiben und schlafen“, sagte Weibel. Im Erdgeschoß sollte es ein Bad geben. Eine Küche brauche er nicht – zum Essen gehe er ins Restaurant.