Massenprotest gegen Tunesiens Präsidenten

In Tunesien ist es nach einer Welle an Festnahmen von Oppositionellen zur bisher größten Protestkundgebung gegen Präsidenten Kais Saied gekommen. Tausende Demonstrierende folgten heute dem Aufruf der mächtigen Gewerkschaft UGTT und zogen durch das Zentrum der Hauptstadt Tunis.

Sie trugen Transparente mit der Aufschrift „Nein zur Einmannherrschaft“ und skandierten „Freiheit! Beendet den Polizeistaat“. „Wir werden weiterhin für die Freiheiten und Rechte eintreten, koste es, was es wolle. Wir haben keine Angst vor Gefängnissen oder Verhaftungen“, rief Gewerkschaftschef Noureddine Taboubi der Menge zu.

„Schleichende Diktatur“

In den vergangenen Wochen hat die Polizei zahlreiche führende Oppositionelle festgenommen. Ihnen wird eine Verschwörung gegen die staatliche Sicherheit vorgeworfen. Die Regierungsgegner werfen Saied hingegen einen Staatsstreich vor.

Saied hatte 2021 das Parlament entmachtet und die Regierung durch von ihm ausgesuchte Minister ersetzt. Zudem hat er die Befugnisse des Präsidenten vergrößert, sodass fast alle Macht in seinen Händen liegt. Seine Gegner befürchten, Saied wolle den letzten demokratischen Staat in Nordafrika in eine Autokratie verwandeln und die demokratischen Errungenschaften der Revolution des „arabischen Frühlings“ vom Jahr 2011, der in Tunesien seinen Anfang nahm, zurückschrauben.

Der Unmut in der Bevölkerung könnte angesichts der Wirtschaftskrise im Land verbunden mit kräftigen Preissteigerungen und einer Lebensmittelknappheit sowie leeren Staatskassen weiter wachsen. Der Chef der Arbeiterpartei, Hamma Hammami, sagte, die Proteste seien die Antwort auf Saieds „schleichende Diktatur“.