Israel: 250.000 Menschen demonstrierten gegen Justizreform

Rund eine Viertelmillion Menschen sind in mehreren Städten Israels aus Protest gegen die umstrittene Justizreform auf die Straße gegangen. In der Küstenmetropole Tel Aviv kam es den neunten Samstagabend in Folge zu einer Großkundgebung. Nach Medienberichten nahmen daran rund 160.000 Menschen teil. Es sei nach Polizeischätzungen die größte Demonstration seit Beginn der Proteste gewesen, schrieb die Zeitung „Haaretz“ heute.

Rund 200 Demonstranten durchbrachen nach Polizeiangaben in Tel Aviv eine Sperre und blockierten die zentrale Verbindungsstraße nach Jerusalem. Es sei ein Wasserwerfer eingesetzt worden. Laut Medienberichten kam es zu Festnahmen. Bei einem Protest in Tel Aviv am Mittwoch war es bereits zu heftigen Konfrontationen gekommen, mehrere Demonstranten erlitten Verletzungen. Es gab Beschwerden über übertriebene Polizeigewalt.

Die Justizreform schreitet trotz heftiger Proteste großer Teile der Bevölkerung immer weiter voran. Laut Medienberichten könnte die erste Phase im Schnellverfahren bis April abgesegnet werden. Nach Plänen der rechts-religiösen Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu soll es dem Parlament künftig möglich sein, mit einfacher Mehrheit Entscheidungen des Höchsten Gerichts aufzuheben. Außerdem sollen Politiker bei der Ernennung von Richtern mehr Einfluss erhalten.

Reform könnte Netanjahu in die Hände spielen

Das Gesetzesvorhaben könnte dem Regierungschef auch in einem Korruptionsprozess in die Hände spielen, der bereits seit längerer Zeit gegen ihn läuft. Netanjahu hatte am Mittwoch für Empörung gesorgt, als er einen Vergleich zwischen den Demonstranten gegen die Reform und gewalttätigen Siedlern zog, die nach einem Anschlag in der palästinensischen Stadt Huwara schwere Zerstörungen angerichtet hatten.

Kritiker sehen durch die Reform die Gewaltenteilung in Gefahr. Sie warnen, dass sich Israel in eine Diktatur verwandeln könnte. Die Regierung argumentiert dagegen, das Höchste Gericht übe derzeit zu viel politischen Einfluss aus.

Auch im israelischen Militär regt sich Widerstand gegen die Justizreform. 37 der 40 Kampfpiloten des Jagdgeschwaders 69 hätten sich geweigert, ihr Reservetraining anzutreten, berichteten israelische Medien heute. Sie wollten stattdessen diese Woche vor Regierungseinrichtungen gegen die Reform protestieren. Auch Reservisten anderer Einheiten drohten, den Dienst zu verweigern, sollte der Vorstoß umgesetzt werden.