Estland-Wahl: Sieg von Kallas’ Partei zeichnet sich ab

Überschattet von den Auswirkungen des russischen Kriegs gegen die Ukraine hat Estland heute ein neues Parlament gewählt. Dabei zeichnete sich Umfragen vor der Wahl zufolge ein Sieg der wirtschaftsliberalen Reformpartei von Ministerpräsidentin Kaja Kallas ab. Die seit 2021 als erste Frau an der Regierungsspitze Estlands stehende Kallas gilt als eine der resolutesten Unterstützer der Ukraine in Europa.

Gut 965.000 Wahlberechtigte des 1,3 Millionen zählenden baltischen EU- und NATO-Lands entschieden über die 101 Sitze im Einkammerparlament in Tallinn. Nach Angaben der Wahlkommission lag die Beteiligung bei 63,7 Prozent. Gut 47 Prozent der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Stimmen per Briefwahl bzw. online ab.

Die Wahllokale schlossen um 20.00 Uhr Ortszeit. Ergebnisse wurden gegen Mitternacht erwartet. Dabei dürfte keine Partei die absolute Mehrheit erzielen. Insgesamt könnten bis zu sechs Parteien den Einzug ins Parlament des baltischen EU- und NATO-Lands schaffen.

Schwierige Regierungsbildung erwartet

Kallas führt gegenwärtig eine Dreierkoalition mit den Sozialdemokraten und der konservativen Partei Isamaa an. Ob dieses Bündnis sich trotz hoher Zustimmungswerte für Kallas an der Macht halten kann, ist aber unklar. Mögliche Koalitionen nach der Wahl dürften besonders vom Abschneiden der beiden Oppositionskräfte – der rechtspopulistischen Partei EKRE und der linksgerichteten Zentrumspartei – bestimmt werden.

Auch die liberale Gruppierung Eesti 200 hat aussichtsreiche Chancen, erstmals ins Parlament einzuziehen. Meinungsforscher und Fachleute erwarteten schon vor der Abstimmung eine schwierige Regierungsbildung.

Eines der beherrschenden Themen des Wahlkampfs war Russlands Krieg gegen die Ukraine, der in Estland als direkte Gefahr für die nationale Sicherheit gesehen wird. Der baltische Staat teilt eine fast 300 Kilometer lange Grenze mit Russland. Neu aufgeworfen wurden durch den Krieg auch heikle Fragen im Umgang mit der eigenen Gesellschaft. Etwa ein Viertel der rund 1,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Estlands sind russischstämmig.