Ausschreitungen beim US-Capitol
AP/John Minchillo
Fragwürdiger Bericht über Kapitol-Sturm

Erneut Empörung über Fox News

US-Moderator Tucker Carlson sorgt wieder für Empörung. Mit einem Videozusammenschnitt suggeriert der Journalist des konservativen TV-Senders Fox News, dass der Kapitol-Sturm großteils friedlich verlaufen wäre. Dass es Carlson mit der Wahrheit nicht immer ernst nimmt, ist bekannt. Die jüngsten Aussagen von Fox-News-Eigentümer Rupert Murdoch bringen aber auch den Sender in Bedrängnis.

Am Montag und Dienstag zeigte der rechte Talkmaster Carlson einige ausgewählte Bilder und kommentierte diese ganz im Sinne des früheren US-Präsidenten Donald Trump, der fälschlich behauptete, damals seien lediglich friedliche Demonstrierende unterwegs gewesen. In seinen Beiträgen behauptete Carlson, dass die Präsidentenwahl im Jahr 2020 „ein schwerer Verrat an der amerikanischen Demokratie“ gewesen wäre und die Demokraten mit ihrem Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des Kapitols nur davon hätten ablenken wollen.

Damit griff Carlson erneut Trumps oft von Fox News als Fakt zitierte Lüge auf, wonach dessen Wahlniederlage gegen den derzeitigen Präsidenten Joe Biden nur auf Manipulationen zurückzuführen sei. Mit dieser vielfach widerlegten Behauptung hatte Trump des Öfteren seine Anhänger und Anhängerinnen aufgewiegelt. Am 6. Jänner 2021 wurde der Parlamentssitz in Washington gestürmt. Infolge der Krawalle kamen fünf Menschen ums Leben.

Romney: Sendung von Carlson „absurd“

Laut Carlson waren die meisten beim Kapitol-Sturm nur „Schaulustige“. Zudem behauptete der Moderator, der dafür bekannt ist, Falschmeldungen zu verbreiten, dass die Sicherheitskräfte quasi für die Gewalt verantwortlich wären. Der Chef der Kapitol-Polizei, Tom Manger, wehrte sich gegen den Vorwurf. „Die Sendung wählte zweckdienlich die ruhigeren Momente unserer 41.000 Stunden Videomaterial aus“, kritisierte er in einem internen Memo, das US-Medien vorlag.

Plakat zeigt Fox-Moderator Tucker Carlson
Reuters/Brendan McDermid
Tucker Carlson provoziert und sorgt für Empörung – Fox News hält trotzdem oder deshalb an ihm fest

Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Chuck Schumer, nannte Carlsons Sendung eine „der beschämendsten Stunden, die wir je im Fernsehen gesehen haben“. Auch Republikaner äußerten sich kritisch. Der Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, wertete es als „Fehler“, dass Fox News die Erstürmung des Kapitols auf diese Weise darstellte. Der republikanische Senator Mitt Romney nannte Carlsons Sendung „absurd“ und „Unsinn“. Andere Republikaner aus dem Repräsentantenhaus lobten die Sendung hingegen.

Klage gegen Fox News und Geständnis von Murdoch

Dass Fox News nach der Wahl 2022 den Wahlbetrugsvorwürfen von Trump eine Plattform geboten hatte, zog mittlerweile auch rechtliche Schritte nach sich. Das Wahlmaschinenunternehmen Dominion klagte den Sender auf 1,6 Mrd. Dollar (1,5 Mrd. Euro) Schadenersatz. Das Unternehmen wirft Fox News vor, Falschbehauptungen verbreitet zu haben, obwohl der Sender genau gewusst habe, dass die Vorwürfe haltlos sind.

Die publik gewordenen Gerichtsdokumente lassen vermuten, dass Fox News bewusst Lügen verbreitete. So bezeichnete Fox-News-Besitzer Rupert Murdoch die Vorwürfe Trumps intern als unsinnig, verrückt und schädlich. Murdoch sagte zudem, dass die Fox-News-Moderatoren Sean Hannity und Laura Ingraham in ihrer Berichterstattung über den Wahlbetrugsvorwurf vielleicht „zu weit gegangen“ seien. Den Moderatoren wurde offenbar empfohlen zu sagen, die Wahl sei vorbei. Damit könne man „dem Trump-Mythos, dass die Wahl gestohlen wurde, ein Ende setzen“, so Murdoch in einer internen E-Mail.

Der Eigentümer von Fox News, Rupert Murdoch
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Murdoch gab vor Gericht an, dass manche Moderatoren die falschen Behauptungen Trumps unterstützten

Carlson nannte die für Trump arbeitende Anwältin Sidney Powell gegenüber seiner Kollegin Ingraham eine Lügnerin. „Sidney Powell lügt übrigens“, schrieb Carlson. „Ich habe sie erwischt. Es ist wahnsinnig.“ In seinen Textnachrichten vom November 2020 nannte Carlson die Behauptungen über eine Verschwörung zum Wahlbetrug „schockierend rücksichtslos“ und „absurd“. Trotzdem verbreitete er die Vorwürfe in seiner Sendung, ohne diese einzuordnen.

Demokraten wenden sich an Murdoch

Die US-Demokraten forderten Medienmogul Murdoch auf, die Verbreitung von Falschinformationen zur Präsidentenwahl 2020 zu unterbinden. Die Fraktionschefs der Demokraten in Senat und Repräsentantenhaus, Schumer und Hakeem Jeffries, verwiesen in einem Brief an Murdoch auf dessen Eingeständnis, dass mehrere prominente Fox-News-Moderatoren Falschbehauptungen zu angeblichem Wahlbetrug „unterstützt“ hatten.

„Obwohl Sie Ihr Bedauern zum Ausdruck gebracht haben, dass Sie diese schwerwiegende Propaganda zugelassen haben, bewerben, verbreiten und verewigen die Moderatoren Ihrer Sendergruppe bis zum heutigen Tag Wahlverschwörungstheorien“, schreiben Schumer und Jeffries. Das könne wie bereits bei der Kapitol-Erstürmung durch radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Trump zu „politischer Gewalt“ führen und schwäche das „Vertrauen in unsere Demokratie“.

Der 91-jährige Multimilliardär betonte allerdings laut Gerichtsunterlagen, nicht Fox als Ganzes habe gelogen, sondern lediglich einige „Kommentatoren“. Murdoch bedauerte bei der Befragung auch, nicht stärker Wahlbetrugsvorwürfen des Trump-Lagers entgegengetreten zu sein. Das Unternehmen Fox News vertritt jedoch die Meinung, dass die Vorwürfe Trumps berichtenswert seien.

„Ich hasse ihn leidenschaftlich“

Obwohl Carlson Trump in seiner Rolle als prominenter Fox-Moderator Rosen streute, habe er in privaten Textnachrichten den ehemaligen US-Präsidenten gleichzeitig verunglimpft. Wie die BBC mit Verweis auf Gerichtsakten berichtet, habe Carlson in einer unmittelbar nach der US-Wahl 2020 verfassten Textnachricht etwa von „leidenschaftlichem“ Hass auf Trump geschrieben. Seine Abneigung gegen den scheidenden US-Präsidenten habe er auch am 4. Jänner 2021, zwei Tage vor dem Kapitol-Sturm, zum Ausdruck gebracht, so die BBC.

„Wir sind sehr, sehr nahe daran, Trump an den meisten Abenden ignorieren zu können“, zitierte die BBC aus einer Carlson zugeschriebenen Textnachricht, in der es den Angaben zufolge noch heißt: „Ich kann es wirklich nicht erwarten.“ Dazu kommt eine Bilanz von Trumps Präsidentschaft, die man wohl kaum mit Carlson in Verbindung gebracht hätte.

Laut BBC teilte Carlson privat mit: „Wir tun alle so, als ob wir viel vorzuweisen hätten, weil es zu schwer zu verdauen ist zuzugeben, was für ein Desaster es war. Aber was soll’s? Es gibt nicht wirklich eine positive Seite an Trump.“