In dem dreistöckigen Gebäude der Zeugen Jehovas fand den Angaben zufolge am Abend eine Veranstaltung statt; die Schüsse fielen gegen 21.00 Uhr. Einsatzkräfte der Polizei seien in der Nähe und wenige Minuten später am Tatort gewesen – und dann „sehr schnell in das Objekt eingedrungen“. Im Gebäude fanden sie mehrere Tote und Schwerverletzte.
Die Beamten hörten nach Angaben eines Polizeisprechers auch noch einen Schuss „aus dem oberen Teil des Objekts“ und fanden dort einen Menschen. Dieser sei „möglicherweise“ der Täter oder einer der Täter. Später erklärte die Polizei auf Twitter: „Wir haben in einem Gemeindehaus in Groß Borstel eine leblose Person aufgefunden, bei der wir davon ausgehen, dass es sich um einen Täter handeln könnte.“ Die Polizei setzte nach eigenen Angaben keine Schusswaffen ein.
Polizei geht von einem Täter aus
Zunächst fahndete die Polizei noch nach möglichen weiteren Tätern, Freitagfrüh erklärte sie dann aber: „Nach aktuellem Sachstand gehen wir von einem Täter aus.“ Alle im Umfeld des Gebäudes ergriffenen Maßnahmen würden sukzessive eingestellt. Auch eine am Abend zunächst ausgegebene amtliche Gefahrenwarnung wurde kurz nach 03.00 Uhr wieder aufgehoben.
Unklar blieben vorerst mögliche Motive für den Angriff. „Die Ermittlungen zu den Hintergründen der Tat dauern an“, erklärte die Polizei. Sie war mit einem Großaufgebot vor Ort, auch Sprengstofffachleute waren im Einsatz. Zudem veröffentlichte die Polizei einen Aufruf: Es sei ein Hinweisportal eingerichtet worden, „auf das Fotos und Videos zur Tat oder relevanten Ereignissen in diesem Zusammenhang hochgeladen werden können“. Ausdrücklich rief die Polizei dazu auf, „keine Gerüchte zu streuen“.
Zeugin: „Ungefähr vier Schussperioden“
„Ich habe gegen zehn vor neun Uhr mehrfach Schüsse vernommen. Die klangen sehr metallisch“, sagte eine Anrainerin der Nachrichtenagentur dpa. „Erst dachten wir, dass auf der Baustelle so spät noch Arbeiten sind. Es hat sich dann herausgestellt, dass das nicht der Fall ist.“ Die 23-Jährige wohnt laut dpa in einer Seitenstraße gegenüber und hatte aus ihrer Dachwohnung direkte Sicht auf den Tatort an der viel befahrenen Straße Deelböge.
„Es waren ungefähr vier Schussperioden. In diesen Perioden fielen immer mehrere Schüsse, etwa im Abstand von 20 Sekunden bis einer Minute“, berichtete die Frau. Von ihrem Fenster konnte sie eine Person sehen, die ganz hektisch vom Erdgeschoss ins erste Obergeschoss gelaufen sei. „Der Mann war dunkel gekleidet und schnell unterwegs“, sagte sie. Ob er maskiert war, habe sie nicht sehen können.
Schüsse in Hamburg: Mehrere Tote
Donnerstagabend sind bei Schüssen in einem Veranstaltungsgebäude der Zeugen Jehovas in Hamburg mehrere Menschen getötet und einige Personen verletzt worden.
Der Freund der 23-Jährigen hat das Geschehen laut dpa mit dem Handy gefilmt. Auf dem Video sei zu sehen, wie ein Polizeitransporter mit Blaulicht vor dem Gebäude steht, während auf der Straße noch Autos vorbeifahren. Schwer bewaffnete Beamte gehen zügig zum Eingang, öffnen die Tür. Sie stürmen die Treppe hinauf ins Obergeschoss.
Innenministerin „erschüttert“
Deutschlands Innenministerin Nancy Faeser (SPD) zeigte sich „erschüttert“. „Meine Gedanken sind in dieser schweren Stunde bei den Opfern und ihren Angehörigen, bei den Gemeindemitgliedern und auch bei den Einsatzkräften“, sagte Faeser.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) zeigte sich bestürzt über die Schüsse. „Die Meldungen aus Alsterdorf/Groß Borstel sind erschütternd“, erklärte Tschentscher auf Twitter. „Den Angehörigen der Opfer gilt mein tiefes Mitgefühl“, schrieb er. Tschentscher rief die Bürgerinnen und Bürger auf, die Hinweise der Polizei zu beachten.