Wegweiser zum SVB-Hauptquartier
Reuters/Nathan Frandino
Größte Pleite seit 2008

Angst im US-Bankensektor zurück

Der Zusammenbruch der Silicon Valley Bank (SVB) hat den US-Finanzsektor in ziemliche Unruhe versetzt – und die wird sich vielleicht auch nicht so schnell legen. Der Kollaps des Start-up-Finanzierers war der größte seit der Finanzkrise 2008 und der zweitgrößte überhaupt in der US-Geschichte. Die SVB war am Freitag geschlossen und der Kontrolle der US-Einlagensicherung unterstellt worden. Nun ist die Angst vor schlummernden Risiken im gesamten US-Bankensektor wieder da.

Die Nachrichten über Probleme bei der SVB, die vor allem kleinere und mittlere Technologie- und Biotechnologieunternehmen finanziert, waren überraschend gekommen. Am Donnerstag war bekannt geworden, dass sie zum Ausgleich von Verlusten aus ihrem Portfolio eine Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe benötigte. Die Verhandlungen darüber scheiterten erst einmal.

Am Freitag (Ortszeit) schließlich wurde die kalifornische Regulierungsbehörde aktiv und unterstellte die Bank mit Sitz in Santa Clara der Aufsicht der US Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC), alle Aktiva von dieser wurden beschlagnahmt. Sie werde sich, wie es beim US-Sender CNN am Samstag hieß, ab Montag um Forderungen von Anlegern und Gläubigerinnen kümmern. Die FDIC fungiert als Einlagensicherung.

Größter Crash seit Washington Mutual 2008

Vor dem Kollaps der Bank, laut „Los Angeles Times“ dem zweitgrößten seit dem von Washington Mutual (WaMu) 2008, war es zu einem Bank Run gekommen, Risikokapitalgesellschaften und Fonds hätten ihr Geld abgezogen, insgesamt, so die kalifornische Tageszeitung am Samstag, immense 42 Mrd. Dollar (rund 40,5 Mrd. Euro).

Passanten vor Filiale der Washington Mutual 2008
APA/AFP/Getty Images/Robert Giroux
Der US-Finanzdienstleister Washington Mutual, Börsenwert seinerzeit rund 350 Mrd. Dollar, brach im September 2008 zusammen

Der Fall der Bank habe nun das „Gespenst“ nicht nur von Liquiditätsproblemen bei Start-ups, sondern „größerer Instabilität“ im US-Finanzsektor wieder geweckt. Der Finanzdienstleister Washinton Mutual war am 28. September 2008, zehn Tage nach der Pleite von Lehman Brothers, zusammengebrochen. Die Insolvenz von Lehman Brothers gilt als so etwas wie der Funke, der damals die US-Finanzkrise auf die globale Wirtschaft überspringen ließ.

Vorbei mit der Ruhe

„Bewahren Sie Ruhe“, hatte laut US-Medien Greg W. Becker, der Vorstandschef der SVB, noch am Donnerstag an Anlegerinnen und Gläubiger appelliert. Mit der Ruhe war es allerdings spätestens am Freitag vorbei. Die Angst vor möglicherweise tatsächlich größeren Problemen im US-Finanzsektor zog die Aktien von Banken am letzten Börsenhandelstag der Woche nicht nur in New York nach unten. Die Papiere der SVB waren am Freitag vom Handel ausgesetzt, nachdem der Kurs zuvor am Donnerstag um rund 60 Prozent eingebrochen war.

Hinweis auf geschlossener Filiale der SVB
Reuters/Krystal Hu
Aktiva wurden von der US-Einlagensicherung in eine eigene Gesellschaft ausgelagert

Unterschiedliche Einschätzungen zu Risiken

Ein Grund für mögliche neue Probleme ist die Zinspolitik der Notenbank Federal Reserve (Fed), die schon vor der Europäischen Zentralbank (EZB) damit begonnen hatte, den Leitzinssatz kontinuierlich zu erhöhen.

Kunde vor geschlossener Filiale der SVB
Reuters/David Delgado
Standorte sollen Anfang der Woche wieder geöffnet und Anleger dann Zugriff auf ihr Geld haben – mit Einschränkungen

„Viele Banken halten große Portfolios von Anleihen, und steigende Zinsen machen diese weniger wertvoll. Die SVB-Situation erinnert daran, dass viele Institute auf großen nicht realisierten Verlusten bei ihren festverzinslichen Beständen sitzen“, analysierte am Freitag Russ Mould, Investmentexperte beim britischen Investmentdienstleister AJ Bell. Andere Experten beruhigten. Die Probleme von SVB seien „zu speziell, um sie auf alle zu übertragen“, sagte Ebrahim Poonawala, Analyst bei BofA Securities in New York.

„Panik“ nach schlechter Nachricht

Laut CNN hätte sich die Kapitalerhöhung bei der kalifornischen Bank, gegründet 1983, auf 2,25 Mrd. Dollar (rund 2,12 Mrd. Euro) belaufen sollen. Das hätte zu „Panik“ bei Venture-Capital-Unternehmen geführt, sie hätte Unternehmen empfohlen, ihr Geld aus der SVB abzuziehen.

Die FDIC (sie garantiert für Einlagen bis 250.000 Dollar pro Kunde bzw. Kundin) zog laut Berichten, unter anderem der BBC, am Samstag „grob“ 175 Mrd. Dollar (knapp 165 Mrd. Euro) an Anlegervermögen ein. Mit Montag sollen die Standorte der SVB wieder geöffnet werden und Kundinnen und Kunden Zugriff auf ihr – zumindest versichertes – Kapital haben.