Am Samstag lagen laut Schätzungen der Pariser Stadtverwaltung rund 4.500 Tonnen Müll in den Straßen. Standorte der öffentlichen Entsorgungsbetriebe Syctom waren mehrere Tage durch Streiks blockiert, Müllverbrennungsanlagen verweigerten laut französischen Medienberichten vom Wochenende die Annahme von Abfällen. Müllwagen konnten folglich keine mehr einsammeln.
Das Müllchaos machte sogar in den USA Schlagzeilen, der TV-Sender CNN berichtete von Bergen von schwarzen Müllsäcken „in den sonst so pittoresken Straßen“ der französischen Hauptstadt, sogar wenige Meter neben dem Eiffelturm und dem Arc de Triomphe. Der private französische TV-Sender BFM TV hatte zuletzt von einem Schreiben des Bürgermeisters des sechsten Pariser Bezirks an die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo berichtet, in dem dieser (trotz des legitimen Streikrechts) vor „gesundheitlichen Risiken“ warnte.
Land im Ausnahmezustand
Die Stadtverwaltung verwies auf Prioritäten bei der Entsorgung, etwa Abfälle aus Lebensmittelmärkten. Auch sei die Situation nicht in allen Pariser Bezirken gleich, hieß es am Sonntag in französischen Medien. In rund der Hälfte der 20 Pariser Arrondissements werde der Müll von privaten Entsorgungsunternehmen abgeholt. Die städtische Müllabfuhr streikt seit Tagen und könnte das noch weiter tun. Kommende Woche stehen entscheidende Termine zur Pensionsreform, gegen die sich Massenproteste und Arbeitskampf richten, an.

Die Streiks legten viele Bereiche des öffentlichen und wirtschaftlichen Lebens seit Dienstag lahm. Flüge und Bahnverbindungen waren immer wieder stark verspätet oder fielen überhaupt aus, Raffinerien waren blockiert, die Stromversorgung und der öffentliche Verkehrt waren streckenweise unterbrochen, in Schulen fiel der Unterricht aus. Am stärksten betroffen war die Hauptstadt Paris. Die Proteste gegen Macrons Pensionsreform dauern seit 19. Jänner an.
Senat gab grünes Licht: Reform auf Schiene
Ihre gewünschte Wirkung erzielten Streiks und Massenproteste bisher nicht, die Pensionsreform inklusive Anhebung des Eintrittsalters ist weiter auf Schiene. Am späten Samstagabend stimmte der französische Senat mit 195 zu 112 Stimmen endgültig dafür. „Nach einer Hunderte von Stunden dauernden Debatte hat der Senat den Plan zur Pensionsreform angenommen. Das ist eine entscheidende Etappe, um eine Reform zum Abschluss zu bringen, die die Zukunft unserer Pensionen sichern wird“, schrieb Frankreichs Ministerpräsidentin Elisabeth Borne auf Twitter.

Sie wolle sich voll und ganz dafür einsetzen, dass die Reform in den kommenden Tagen endgültig verabschiedet werde, fügte Borne hinzu. Die Senatorinnen und Senatoren hatten bereits in der Nacht zum Donnerstag mehrheitlich für einen entsprechenden Artikel zur Reform in dem Gesetzesentwurf gestimmt, nun wurde der komplette Vorschlag angenommen.
Macron braucht Verbündete
Der Entwurf soll jetzt voraussichtlich am Mittwoch von einem gemeinsamen Ausschuss aus Abgeordneten des Unter- und Oberhauses geprüft werden. Wenn sich der Ausschuss einigt, wird die Schlussabstimmung in beiden Kammern wahrscheinlich am Donnerstag stattfinden. Im Moment scheint der Ausgang dieser Abstimmung in der unteren Kammer, der Nationalversammlung, allerdings noch ungewiss.
Macrons Partei benötigt für eine Mehrheit die Stimmen ihrer Verbündeten. Mit der jetzt erfolgten Zustimmung des Senats ist der französische Präsident allerdings der Verwirklichung seiner umstrittenen Reform einen Schritt nähergekommen. Sie sieht vor, das Pensionsantrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anzuheben. Das französische Pensionssystem war bisher eines der eher großzügigen in Europa.
In ganz Frankreich demonstrierten am Wochenende landesweit erneut Hunderttausende Menschen gegen die Reformpläne. Das Innenministerium in Paris gab ihre Zahl mit knapp 470.000 an, die Gewerkschaften hatte eine Million erwartet. Sie riefen für Mittwoch zu weiteren Demonstrationen und Streiks auf. In einer gemeinsamen Erklärung forderten sie die Regierung auf, eine Volksbefragung zu den Reformplänen durchzuführen.