Die US-Behörden denken einem Medienbericht zufolge darüber nach, alle nicht gesicherten Einlagen bei der zusammengebrochenen SVB zu schützen. Sie erwägen eine Intervention, um eine mögliche Panik auf den US-Finanzmärkten zu verhindern, wie die „Washington Post“ unter Berufung auf drei mit der Angelegenheit vertraute Personen berichtete. Vertreter der US-Notenbank Federal Reserve und des US-Einlagensicherungsfonds (FDIC) hätten darüber am Wochenende beraten.
Laut einem Bericht der Agentur Bloomberg hat die FDIC am späten Samstagabend einen Auktionsprozess für die SVB gestartet. Endgültige Gebote sollen demzufolge bis Sonntagnachmittag (Ortszeit) abgegeben werden. An einer Übernahme des britischen Arms der zusammengebrochenen US-Bank SVB sind offenbar mehrere Bieter interessiert.
Staatliche Hilfe für Banken wie in der Finanz- und Wirtschaftskrise nach 2008 könnten einen „politischen Feuersturm auslösen“, beschrieb die „Washington Post“ am Sonntag die angespannte Lage – aber nichts zu tun könnte zumindest einigen Technologie-Start-ups zum Verhängnis werden. Die US-Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) will ab Montag Forderungen von Anlegern und Gläubigerinnen bedienen.
Angst vor „Ansteckung“
Mit dem Start in eine neue Börsenwoche ist außerdem ein Thema, wie die Aktien von Banken bzw. Finanzwerten generell reagieren werden. Im Raum stünden aktuell Forderungen, auch Großanlegern der SVB, die am Freitag geschlossen und der Kontrolle der FDIC unterstellt worden war, finanziell zu helfen, sollten sie in Liquiditätsschwierigkeiten kommen. Das hat das Ziel, eine in der Finanzkrise oft zitierte „Ansteckung“ des US-Finanzsektors zu verhindern. Das Argument laute, das sei der einzige Weg, größere Probleme abzuwehren, schrieb die „Washington Post“.
Unternehmen, die Kundinnen und Kunden der SVB waren, warnten, dass die Pleite des Start-up-Finanzierers Tausende Entlassungen zur Folge haben könnte bzw. viele Angestellte ihr nächstes Gehalt nicht bekommen würden. Einige Experten befürchteten, so die US-Zeitung, Unternehmen könnten ihr Geld aus regionalen Banken ähnlich der SVB abziehen und zu „sicheren“ großen Banken transferieren, was „eine neue Runde Destabilisierung“ einläuten könnte.
Laut Yellen keine großen Rettungsaktionen geplant
Die USA wollen sich laut Finanzministerin Janet Yellen ohne größere Rettungsaktion um Konteninhaberinnen und -inhaber bei der SVB kümmern. Während der Finanzkrise sei der Staat Investoren und Aktionärinnen von systemrelevanten Großbanken (damaliges Stichwort: „too big to fail“) zur Seite gesprungen, sagte Yellen am Sonntag dem Sender CBS. Die seitdem in Kraft gesetzten Reformen bedeuteten jedoch, dass ein solcher Schritt nicht wiederholt werde. „Aber wir sorgen uns um die Einleger und konzentrieren uns darauf, deren Bedürfnisse zu erfüllen.“
Größter Crash seit Washington Mutual 2008
Die Nachrichten über Probleme bei der SVB, die vor allem kleinere und mittlere Technologie- und Biotechnologieunternehmen finanziert, waren überraschend gekommen. Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass sie zum Ausgleich von Verlusten aus ihrem Portfolio eine Kapitalerhöhung in Milliardenhöhe benötigte. Die Verhandlungen darüber scheiterten. Am Freitag (Ortszeit) schließlich wurde die kalifornische Regulierungsbehörde aktiv und unterstellte die Bank mit Sitz in Santa Clara der Aufsicht der FDIC, alle Aktiva von dieser wurden eingezogen.
Vor dem Kollaps der Bank, laut „Los Angeles Times“ dem zweitgrößten seit dem von Washington Mutual (WaMu) 2008, war es zu einem Bank Run gekommen, Risikokapitalgesellschaften und Fonds hätten ihr Geld abgezogen, insgesamt, so die kalifornische Tageszeitung am Samstag, immense 42 Mrd. Dollar (rund 40,5 Mrd. Euro).

Der Fall der Bank habe nun das „Gespenst“ nicht nur von Liquiditätsproblemen bei Start-ups, sondern „größerer Instabilität“ im US-Finanzsektor wieder geweckt. Der Finanzdienstleister Washinton Mutual war am 28. September 2008, zehn Tage nach der Pleite von Lehman Brothers, zusammengebrochen. Die Insolvenz von Lehman Brothers gilt als so etwas wie der Funke, der damals die US-Finanzkrise auf die globale Wirtschaft überspringen ließ.
Vorbei mit der Ruhe
„Bewahren Sie Ruhe“, hatte laut US-Medien Greg W. Becker, der Vorstandschef der SVB, noch am Donnerstag an Anlegerinnen und Gläubiger appelliert. Mit der Ruhe war es allerdings spätestens am Freitag vorbei. Die Angst vor möglicherweise tatsächlich größeren Problemen im US-Finanzsektor zog die Aktien von Banken am letzten Börsenhandelstag der Woche nicht nur in New York nach unten. Die Papiere der SVB waren am Freitag vom Handel ausgesetzt, nachdem der Kurs zuvor am Donnerstag um rund 60 Prozent eingebrochen war.

Unterschiedliche Einschätzungen zu Risiken
Ein Grund für mögliche neue Probleme ist die Zinspolitik der Notenbank Federal Reserve (Fed), die schon vor der Europäischen Zentralbank (EZB) damit begonnen hatte, den Leitzinssatz kontinuierlich zu erhöhen.

„Viele Banken halten große Portfolios von Anleihen, und steigende Zinsen machen diese weniger wertvoll. Die SVB-Situation erinnert daran, dass viele Institute auf großen nicht realisierten Verlusten bei ihren festverzinslichen Beständen sitzen“, analysierte am Freitag Russ Mould, Investmentexperte beim britischen Investmentdienstleister AJ Bell. Andere Experten beruhigten. Die Probleme von SVB seien „zu speziell, um sie auf alle zu übertragen“, sagte Ebrahim Poonawala, Analyst bei BofA Securities in New York.
„Panik“ nach schlechter Nachricht
Laut CNN hätte sich die Kapitalerhöhung bei der kalifornischen Bank, gegründet 1983, auf 2,25 Mrd. Dollar (rund 2,12 Mrd. Euro) belaufen sollen. Das hätte zu „Panik“ bei Venture-Capital-Unternehmen geführt, sie hätte Unternehmen empfohlen, ihr Geld aus der SVB abzuziehen.
Die FDIC (sie garantiert für Einlagen bis 250.000 Dollar pro Kunde bzw. Kundin) zog laut Berichten, unter anderem der BBC, am Samstag „grob“ 175 Mrd. Dollar (knapp 165 Mrd. Euro) an Anlegervermögen ein. Mit Montag sollen die Standorte der SVB wieder geöffnet werden und Kundinnen und Kunden Zugriff auf ihr – zumindest versichertes – Kapital haben.