Oscar-Verleihung: Aufregung über Teppich

Oscars: „Im Westen nichts Neues“ bester internationaler Film

Bei der 95. Oscar-Verleihung (die in ORF1 derzeit live übertragen wird) ist „Im Westen nichts Neues“ von Regisseur Edward Berger als bester internationaler Film ausgezeichnet worden. Die Verfilmung eines Romans von Erich Maria Remarques zeigt die Gräuel des Ersten Weltkriegs.

Berger hob in seiner Ansprache vor allem die Leistung des österreichischen Hauptdarstellers Felix Kammerer hervor: "Es war dein erster Film – und du hast uns auf deinen Schultern getragen. Ohne dich wäre der Film nichts gewesen. Danke für deine wundervolle Arbeit!“

Frühe Führung für „Everything Everywhere All at Once“

Gleich am Anfang der Verleihung ging der mit elf Nominierungen als großer Favorit gehandelte „Everything Everywhere All at Once“ in Führung. Jamie Lee Curtis wurde als beste Nebendarstellerin, Ke Huy Quan als bester Nebendarsteller gewürdigt.

Letzterer hielt die vielleicht schönste Oscar-Rede aller Zeiten. Als Bootsflüchtling sei er in Amerika angekommen, jetzt stehe er auf der Bühne – wo er in das Mikro brüllte: „Mama, ich habe gerade den Oscar gewonnen, kannst du das glauben?“ Auch Curtis zeigte große Gefühle. Sie bedankte sich bei den Tausenden Menschen, die ihr im Laufe ihrer Karriere geholfen haben. Überraschend: Es war Curtis‘ erste Nominierung.

Kimmels Witzkiste

Als erster Star des Abends war zuvor Regisseur Guillermo del Toro für „Pinocchio“ mit dem Preis für den besten Animationsfilm geehrt worden. Was die Moderation betrifft, setzte man, nachdem Chris Rock letztes Jahr polarisiert und eine Ohrfeige von Will Smith kassiert hatte, heuer mit Jimmy Kimmel wieder auf eine sichere Bank.

Seine Witze waren böse, aber nur ein wenig. Warum drehte Steven Spielberg mit „The Fabelmans“ einen Film über sich selbst? „Weil ihm sonst nichts mehr einfällt.“ Das ist keine Watsche wert. Und, so Kimmel in Anspielung auf Smith: Wer diesmal auch immer Gewalt anwende – werde mit einem Oscar belohnt.

Julija Nawalny: „Bleib stark, meine Liebe!“

Der Preis für den besten Dokumentarfilm ging wenig überraschend an das Team von „Navalny“. Mit auf der Bühne war die Ehefrau des russischen Oppositionellen Alexei Anatoljewitsch Nawalny, Julija Nawalnaja. Sie sorgte mit ihrer Ansprache für den emotionalsten Moment des Abends: „Alexei ist eingesperrt, er ist in Haft, nur weil er die Wahrheit sagt, nur weil er die Demokratie verteidigt. Ich träume von dem Tag, an dem du frei sein wirst, an dem das Land frei sein wird. Bleib stark, meine Liebe!“

Aufregung über den Teppich

Schon kurz vor der Zeremonie gab es im Dolby Theatre in Los Angeles große Aufregung: Zum ersten Mal seit 1960 wurde die Farbe des Teppichs im Eingangsbereich geändert. Heuer war er nicht klassisch rot – sondern champagnerfarben.

Das sorgte für gehörig Ärger bei den Management-Teams der Stars. Schließlich wurden die Roben extra so ausgesucht, dass sie sich gut vom üblichen Rot abheben. Laut Veranstaltern soll der Teppich an einen Strand im Sonnenuntergang erinnern, an dem man ein Glas Champagner trinkt – und er soll beruhigend wirken. Das funktionierte weniger gut.

Zuvor hatte auf dem champagnerfarbenen Teppich die meisten Blicke von den Stars Fan Bingbing auf sich gezogen, die in „The 355“ neben Penelope Cruz, Lupita Nyong’o und Jessica Chastain spielt. Sie trug ein silberfarbenes Kleid, das von einer körpergroßen grünen Masche umgeben war und erinnerte damit an einen Schmetterling.

Curtis wiederum trug ein schlichtes Glitzerkleid, das, genauso wie der Anzug von Samuel L. Jackson, in der heurigen Oscar-Farbe „Champagner“ gehalten war. Dem ganzen Jahrmarkt der Eitelkeiten entzog sich Hugh Grant. Auf die Frage, was er da trage, sagte er lapidar: „Einen Anzug halt. Den Namen des Schneiders habe ich vergessen.“

Angela Bassett, die in „Black Panther: Wakanda Forever“ die Königsmutter Ramonda spielt, sah jedenfalls in ihrem violetten Kleid spektakulärer aus, vor allem wegen ihrer silbernen Schlangen-Halskette. Der Halsschmuck bleibt auch von „Elvis“-Regisseur Baz Luhrmann in Erinnerung: ein riesiger grüner Stein auf einer silberfarbenen Platte. Michelle Yeoh hingegen setzte auf Schlichtheit, sie trat in einem weißen Rüschenkleid auf. Ebenfalls schlicht und ebenfalls würdig war Michael B. Jordans glänzend-samtiges Outfit von Louis Vuitton.

Grenzenlose Filmwelt

Die heuer nominierten Filme jedenfalls stehen im Zeichen der Grenzenlosigkeit: Exaltierte Genies, spektakuläre Parallelwelten und ein Übermaß an Alkohol und Drogen prägen die meisten Nominierten. Mit elf Chancen Favorit des Abends ist der Action-Fantasy-Mix „Everything Everywhere All at Once“, dessen spezielle Überforderungstaktik mehr über die Gegenwart aussagt als der Rest der Favoriten.

Lesen Sie mehr …