Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe gestorben

Der japanische Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe ist tot. Er starb im Alter von 88 Jahren, wie sein Verlag Kodansha heute mitteilte. Japans großer Nachkriegsautor war ein überzeugter Pazifist. Er forderte sein Land nach der Atomkatastrophe von Fukushima vor zwölf Jahren vergeblich zum Ausstieg aus der Atomkraft auf.

Literaturnobelpreisträger Kenzaburo Oe
APA/AFP/Yoshikazu Tsuno

Oe war so etwas wie das soziale Gewissen Japans. Eindringlich warnte er etwa vor einem Rückfall Japans in die Zeiten, die zum Zweiten Weltkrieg führten. Das schwedische Nobelpreiskomitee, das Oe 1994 mit dem Nobelpreis für Literatur ehrte, würdigte denn auch nicht nur Oes literarisches Schaffen, sondern auch seine Rolle als Sozialkritiker sowie Mahner vor einer kritiklosen Verwestlichung seines Heimatlandes.

Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Willy Brandt meinte einmal, Oe spiele in seinem Land „offenbar dieselbe Rolle wie Günter Grass in Deutschland – den Nestbeschmutzer“. Beide Literaturnobelpreisträger – Oes Briefwechsel mit Grass erschien 1995 – thematisieren sowohl in Werk als auch in Tat die Lehren aus der schmerzlichen Vergangenheit ihrer Länder.

Friedensartikel 9 und Ausstieg aus Atomkraft

So war Oe Mitbegründer einer Bürgerorganisation, die sich für den Erhalt des Friedensartikels 9 der Nachkriegsverfassung einsetzt, die zu ändern sich die neue rechte Regierung groß auf die Fahnen geschrieben hat.

Ein weiteres zentrales Thema für Oe, der am 31. Jänner 1935 auf der Insel Shikoku im Südwesten Japans als Spross einer Samurai-Familie geboren wurde und von seiner ländlichen Herkunft geprägt blieb, war der Atombombenabwurf auf Hiroshima. Nach dem Atomunfall in Fukushima forderte Oe den Ausstieg aus der Atomkraft.

„Mache es meinen Lesern nicht leicht“

Seinen literarischen Durchbruch erzielte Oe mit seiner frühen Erzählung „Der Fang“ (1958) über die Erlebnis- und Erfahrungswelt von Kindern durch Kriegseindrücke. Nicht immer war er – vor allem für Leser in der westlichen Welt – leicht lesbar, „konsumierbar“. In diesem Zusammenhang gestand Oe einmal auch ein: „Ich mache es meinen Lesern nicht leicht.“

Oe nannte seinen Erzählstil „grotesken Realismus“ und berief sich dabei gern auf den französischen Dichter Francois Rabelais (1494–1553). Auch deutsche Autoren wie Grimmelshausen und Goethe beeindruckten ihn. Für viele war Oe der erste moderne Schriftsteller Japans mit starken europäischen Einflüssen und Prägungen.