Auch wenn der Krieg 2003 begann – die Vorzeichen gab es schon lange davor. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 griffen die USA zunächst Afghanistan an, bald war bei Präsident Bush aber von einer ganzen „Achse des Bösen“ die Rede – inklusive des Iran und des Irak.
Im Herbst 2002 war Bush noch konkreter: Er bekräftigte vor den Vereinten Nationen die Entschlossenheit der USA, notfalls im Alleingang gegen den Irak vorzugehen – Unterstützung bekam er umgehend vom britischen Premierminister Tony Blair, dessen Image ab diesem Zeitpunkt als „Bushs Pudel“ einigermaßen beschädigt war.
Falsche Beweise vor der UNO
Noch im Herbst gab der US-Kongress grünes Licht für eine Militäroperation. Im Februar 2003 sollte eines der dunkleren Kapitel der US-Politik folgen: US-Außenminister Colin Powell legte dem Sicherheitsrat angebliche Beweise vor, wonach der Irak Massenvernichtungswaffen besaß und Verbindungen zu Terrororganisationen hatte.

Ein Mandat der UNO erhielten die USA, unter anderem wegen des Widerstands vieler europäischer Länder, dennoch nicht. Später sollte sich herausstellen: Die Beweise waren falsch, die USA waren unter anderem falschen Informanten aufgesessen. Powell bedauerte Jahre später seinen Auftritt.
Land binnen drei Wochen erobert
Doch die Geschichte nahm ihren Lauf: In einer Fernsehansprache am 17. März gab Präsident Bush dem irakischen Diktator eine letzte Frist von 48 Stunden. Sollten Hussein und seine Söhne das Land nicht verlassen, würden die USA zu einem „Zeitpunkt ihrer Wahl“ angreifen. Wenig später war es so weit: In den Morgenstunden des 20. März begannen die USA die euphemistisch betitelte Operation „Iraqi Freedom“ mit gezielten Luftangriffen auf die Hauptstadt Bagdad, die Bodenoffensive startete von Kuwait aus.

Die Armee der „Koalition der Willigen“ mit insgesamt 38 Ländern stieß auf wenig Widerstand der irakischen Truppen – auch weil man – wie sich später herausstellte – ranghohe Offiziere zuvor bestochen hatte. Gebremst wurde die Offensive eher von einem Sandsturm. Anfang April stand die US-Armee vor Bagdad, nach einigen Tagen wurde auch die Hauptstadt eingenommen. Der Sturz des Saddam-Hussein-Denkmals am 9. April vor dem Palestine Hotel am Firdaus-Platz ging als Symbol des Krieges in die Geschichte ein.

Saddam Hussein hingerichtet
Drei Wochen nach dem Fall von Bagdad erklärte Bush am 1. Mai in einem fragwürdigen Auftritt an Bord des Flugzeugträgers „Abraham Lincoln“, die größeren Kampfhandlungen seien beendet („Mission Accomplished“).
Hussein, einst noch Verbündeter des Westens im Kampf gegen den Iran, blieb über Monate verschwunden. Erst im Dezember 2003 wurde er in der Nähe seiner Heimatstadt Tikrit aufgegriffen. Vor einem von den USA eingesetzten Sondergericht wurde er wegen der Massenmorde von Schiiten und Kurden mit Chemiewaffen zum Tode verurteilt. Kritiker sprachen von einem Schauprozess. Ende Dezember 2006 wurde das Urteil vollstreckt.

Chaos und schockierende Bilder
Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass der US-Plan für den Irak nicht aufgegangen war. Statt des Aufbaus einer Demokratie versank das Land in Terror und Gewalt, statt nationaler Versöhnung begann der Krieg zwischen Sunniten und Schiiten. Die anderen „Willigen“ zogen sich bald zurück, es blieben US-Armee und private Söldner, etwa von der Firma Blackwater. Es häuften sich Bombenanschläge und Selbstmordattentate.
2004 kamen die ersten Berichte und Bilder aus dem Gefangenenlager Abu-Ghuraib nahe Bagdad an die Öffentlichkeit – und schockierten die arabische Welt ebenso wie den Westen: US-Soldaten und -Soldatinnen posierten lachend neben gefesselten und erniedrigten Gefangenen, von systematischer und menschenverachtender Folter war die Rede. Der spätere US-Präsident Barack Obama, der damals als deklarierter Kriegsgegner einen Senatssitz anpeilte, sagte später, der Krieg habe dem Ansehen der USA in der Welt schwer geschadet.
Dominotheorie ging nach hinten los
2009 zogen sich die USA aus Bagdad zurück, drei Jahre später aus den anderen Landesteilen. Die vor allem von den „Falken“ der damaligen US-Regierung, allen voran Vizepräsident Dick Cheney und Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, vertretene Dominotheorie sollte sich bestätigen – nur in die falsche Richtung. Man hatte argumentiert, mit einer demokratischen oder zumindest US-freundlichen Regierung im Irak könnte man eine Kettenreaktion zur Befriedung des Nahen Ostens auslösen. Nur: Das entstandene Chaos und Machtvakuum im Irak beeinflusste zwar die gesamte Region, machte sie aber unsicherer.
US-Lager als Keimzelle des IS
Ausgerechnet das US-Camp Bucca sollte zu einer der Keimzellen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) werden. Deren späterer Chef Abu Bakr al-Baghdadi saß dort ebenso ein wie weitere spätere ranghohe Mitglieder. Der IS löste später nicht nur die al-Kaida als dominante Terrorgruppe ab, sondern schaffte es im unregierbaren Irak auch, großes Territorium unter seine Kontrolle zu bringen. In den Wirren nach dem Arabischen Frühling weitete sich das Gebiet des IS auch auf Syrien aus, gleichzeitig sorgte die Terrorgruppe mit Anschlägen im Westen für Schrecken.

Wie viele Menschen durch den Krieg ums Leben gekommen sind, darüber gehen die Schätzungen weit auseinander. Manche Studien sprechen von 120.000 Toten, andere von bis zu einer Million im Zeitraum von Kriegsbeginn bis zum Abzug der US-Truppen 2011. Die Zahlen divergieren vor allem, weil unklar ist, wie viele Menschen aufgrund der indirekten Kriegsfolgen wie der zerstörten Infrastruktur ums Leben kamen.
Geopolitischer Knieschuss
Für die USA wurde der Krieg vor allem zu einem geopolitischen Fiasko: Wie auch in Afghanistan scheiterte die Supermacht, ein Land nachhaltig zu befrieden, und stürzte es im Gegenteil noch weiter ins Chaos. Viele Experten meinen dazu, der Krieg habe sogar den irakischen Nachbarn Iran gestärkt. Und der Fehlschlag verstärkte das Misstrauen gegenüber den USA in der Arabischen Welt so sehr, dass man in der Region für lange Zeit viel an Handlungsspielraum verlor.
Verspielt wurden Sympathien auch in Europa: Auf einer banalen Ebene gipfelte der Konflikt mit Kriegsgegner Frankreich mit der Umbenennung der Pommes frites in Cafeterien des Repräsentantenhauses von „French Fries“ zu „Freedom Fries“.
20 Jahre Beginn des Irak-Krieges
Vor 20 Jahren, am 20. März 2003, haben die USA und ihre „Koalition der Willigen“ den Angriffskrieg gegen den Irak begonnen. Basis dafür war die Lüge von Massenvernichtungswaffen, mit denen der damalige und später hingerichtete irakische Staatschef Saddam Hussein die Welt bedrohe. Hunderttausende Iraker wurden von der US-Koalition getötet.
Völkerrechtswidriger Angriff
Doch der Schaden sitzt viel tiefer. Die USA mussten sich vorwerfen lassen, den Krieg vor allem wegen der Ölvorkommen vom Zaun gebrochen zu haben – bei Blick auf die Neuvergabe der Ölförderlizenzen nach dem Krieg kein ganz unberechtigter Vorwurf.
Andere Kritiker warfen Bush junior vor, das „Werk“ seines Vaters, der als US-Präsident den Zweiten Golfkrieg gegen den Irak 1990 gestartet hatte, quasi vollenden zu wollen.
Dafür wurde auf Basis von Falschinformationen ein Krieg gestartet, der nach der Einschätzung der meisten Expertinnen und Experten völkerrechtswidrig war. Eine entsprechende Verurteilung durch die UNO wurde durch die Vetos von USA und Großbritannien verhindert.
Nachwirkungen bis zum Ukraine-Krieg
Genau dieses Image wirkt auch bis heute und nährt US-Ressentiments: Es liefert Russland und allen, die den USA eine Mitschuld am Ukraine-Krieg zuschieben wollen, ein Beispiel, wie skrupellos Washington in einem anderen Fall vorgegangen ist. Das geht so weit, dass der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine damit gerechtfertigt wird, dass die USA im Irak ja angeblich dasselbe getan haben. Auch wenn beide Angriffe gegen das Völkerrecht verstoßen, ist das laut Fachleuten schon die einzige Parallele.