Scharfe Kritik an Besuch Netanjahus in Deutschland

Angesichts der umstrittenen Pläne zum Umbau der Justiz in Israel hat der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, die Wahl des Zeitpunkts für den Staatsbesuch von Regierungschef Benjamin Netanjahu in Deutschland scharf kritisiert. „Wenn ein israelischer Ministerpräsident die gemeinsamen demokratischen Werte abschaffen will, dann ist heute der denkbar schlechteste Zeitpunkt, ihn nach Berlin einzuladen“, sagte Mendel heute dem Bayerischen Rundfunk.

Die deutsche Regierung hätte dem Büro Netanjahu bereits im Vorfeld klar sagen sollen, dass es zum aktuellen Zeitpunkt nicht denkbar sei, die israelische Regierung in Empfang zu nehmen, sagte der deutsch-israelische Historiker. Denn die deutsch-israelische Freundschaft basiere auf gemeinsamen Werten.

Netanjahu steht derzeit in Israel wegen umstrittener Gesetzespläne seines rechts-religiösen Kabinetts für eine Justizreform sowie einer Verschärfung des Konflikts mit den Palästinensern erheblich unter Druck. Gegen die angestrebte Justizreform gibt es seit Wochen heftige Proteste. Nach Ansicht der Demonstranten gefährdet das geplante Gesetz die Gewaltenteilung und damit die Demokratie im Land.

Auch vor Netanjahus Abreise nach Deutschland kam es auf dem internationalen Flughafen bei Tel Aviv zu Protesten. Demonstranten störten mit ihren Autos den Verkehr auf zentralen Anfahrtsstraßen.

Auch in Berlin riefen dort lebende Israelis zu Protesten gegen Netanjahus Besuch auf. Unter dem Motto „Verteidigt Israels Demokratie“ kündigten Aktivisten für morgen Nachmittag eine Demonstration am Brandenburger Tor an.

Netanjahu verkürzt Reise

Das Büro des israelischen Premiers gab unterdessen bekannt, dass Netanjahu seine Deutschland-Reise abkürzen werde. Er habe Konsultationen „über Entwicklungen in der nationalen Sicherheit“ geführt, hieß es.

In einem vorläufigen Reiseplan, der letzte Woche kursierte, hieß es, er werde am Freitag zurückkehren. In der neuen Erklärung ist nun davon die Rede, dass er bereits morgen zurückfliegen werde. Weitere Details enthielt die Erklärung nicht.