Auf den Kanarischen Inseln will der spanische Fischereikonzern Nueva Pescanova, der jährlich rund eine Milliarde Euro Umsatz macht, Oktopusse für den Verzehr gezielt züchten, berichtete die BBC unter Berufung auf geheime Dokumente. Diese wurden ihr von der Lobbygruppe Eurogroup for Animals, die zahlreiche Tierschutzorganisationen in Brüssel vertritt, zugespielt.
Nueva Pescanova plant, die Tiere der Art Octopus vulgaris, die als flinke Jäger und territoriale Einzelgänger bis zu 200 Meter unter der Meeresoberfläche leben und damit auch an Dunkelheit gewöhnt sind, in Gemeinschaftsbecken mit vielen Artgenossen und unter ständiger Beleuchtung zu halten. Die ersten 100 Oktopoden, 70 männliche und 30 weibliche Tiere, sollen von einer Forschungsstation kommen, heißt es in den Plänen. Sie sollen keine signifikanten Anzeichen von Kannibalismus oder Aggressivität bei der Futtersuche zeigen.
Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen stoßen sich weiters an der laut den Plänen vorgesehenen „grausamen“ Tötungsmethode, bei der die Tiere in eiskaltes Wasser von minus drei Grad getaucht werden. Die Weltorganisation für Tiergesundheit sieht diese Tötungsmethode auch bei Fischen als sehr kritisch an, die Zertifizierungsorganisation Aquaculture Stewardship Council (ASC), die die Nachhaltigkeit von Fisch und Meeresfrüchten aus Zuchtbetrieben prüft, verweigert bei Fischen, wenn sie nicht vorher betäubt werden, bei dieser Schlachtmethode das Gütesiegel.
Vermehrung relativ aufwendig
Oktopusse wurde bisher nicht gezielt in Massen gezüchtet, weil ihre Vermehrung als relativ kompliziert und damit aufwendig gilt. Die Larven fressen nur Lebendfutter und benötigen eine stabile Umgebung zum Aufwachsen. 2019 gab Nueva Pescanova bekannt, einen Durchbruch bei der Aufzucht erzielt zu haben. Bisher gibt es auch keine Regeln für die artgerechte kommerzielle Zucht und Haltung von Oktopoden.
Studien zeigen laut BBC aber, dass das Tauchen in Eiswasser für die Tiere immensen Stress darstellt und sie einen langsamen und eben stressreichen Tod sterben. Es gibt bereits Handelsketten, die derart getötete Lebewesen nicht mehr verkaufen. In den USA planen US-Politiker unterdessen ein Verbot für Oktopusfarmen, in mehreren Ländern gab es bereits Proteste gegen die kommerzielle Zucht von Oktopoden als Nutztiere.
Nachfrage nach Oktopoden steigt ständig
Oktopusse werden weltweit gefangen und auch gegessen, derzeit rund 350.000 Tonnen pro Jahr – eine Verzehnfachung gegenüber 1950. Die gerade bei Fischern übliche Tötung, sie auf den Kopf zu schlagen, wirkt für Außenstehende zwar auch nicht tierfreundlich. Der Neurologe Peter Tse von der Dartmouth-Universität meinte gegenüber der BBC aber, dass das für die, intelligenzmäßig Katzen ähnlichen Tiere die „humanere“ Methode sei, als sie in Eiswasser zu tauchen. Laut Wissenschaftlern können Oktopusse wie andere Tiere Schmerz und Freude empfinden. In Großbritannien gelten sie als „fühlende Wesen“.
Nueva Pescanova möchte laut Bericht 3.000 Tonnen Oktopoden pro Jahr produzieren und damit „Premiummärkte“ in den USA, Südkorea und Japan beliefern. Der Hersteller selbst geht von einer durchschnittlichen Todesrate bei seiner kommerziellen Haltung von zehn bis 15 Prozent aus. Zehn bis 15 Tiere sollen laut Plänen in jeweils einem Becken mit rund 1.000 Litern sitzen. Dort sollen sie laut Plänen mit Trockenfutter, offenbar erzeugt aus Resten und Nebenprodukten des Fischfangs, gefüttert werden. Das Wasser für die Becken soll direkt aus dem Meer gepumpt und gebrauchtes Wasser ins Meer abgelassen werden.
Gegenüber der BBC erklärte Nueva Pescanova auf Anfrage, dass man einen „korrekten“ Umgang mit den Tieren garantiere, das gelte auch für die Schlachtung der Tiere, bei der Schmerz oder Leiden vermieden werde. Das gebrauchte und verbrauchte Wasser werde gefiltert, es gebe „keinen Einfluss“ auf die Umwelt, so der Hersteller. Umweltschützer befürchten hingegen, dass die Ausscheidungen der Tiere das Wasser sehr wohl stark belasten werden.