Ein Algenteppich an der Juno Beach in Florida im Juli 2020
IMAGO/ZUMA Wire/Joe Forzano
Vor Badesaison

Algenteppich bedroht Floridas Strände

Eine stinkende Masse bedroht Floridas Strände: Ein riesiger Algenteppich, der als Great Atlantic Sargassum Belt bekannt ist, treibt im Golf von Mexiko und nähert sich der Küste. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler warnen nun davor, dass große Massen der Algen bis zum Sommer an Land kommen könnten – mit gefährlichen Auswirkungen auf Menschen, Tiere und Umwelt.

Die meiste Zeit des Jahres schwimmt der Algenteppich harmlos über den Atlantik und stellt keine Gefahr dar. Dabei bietet er Schutz für Fische, Krebse und Meeresschildkröten. Er erstreckt sich über rund 8.000 Kilometer und ist damit fast doppelt so breit wie die gesamten USA. Aufgrund seiner gigantischen Größe kann er sogar vom Weltraum aus gesehen werden.

In den Sommermonaten könnte die riesige Masse allerdings die Küsten von Florida und anderen Gegenden im Golf von Mexiko erreichen, wie die „New York Times“ („NYT“) berichtete. Die Algenart namens Sargassum könnte dann beginnen zu verrotten, wodurch giftige Dämpfe ausgestoßen und die Strande verschmutzt würden.

Ein Junge schwimmt an der Riviera Beach in Florida durch Seegras im Juni 2020
IMAGO/ZUMA Wire/Greg Lovett
Baden inmitten der Algenplage

Zunehmende Mengen

Erste Anhäufungen des Seetangs haben bereits begonnen, sich an den Küsten von Key West, Florida, festzusetzen. Und auch in Mexiko wurden im letzten Monat schon Unmengen an Seetang an den Stränden südlich von Cancun festgestellt. „Man kann nicht ins Wasser gehen“, sagte der Reise-Youtuber Leonard Shea in einem Video, auf das die „New York Times“ verwies. Darin zu sehen sind Boote in schlammigem Wasser und braun gefärbte Wellen, die auf algenbedeckte Strände treffen.

„Die Algenblüten werden immer größer, und es sieht so aus, als ob dieses Jahr das bisher größte Jahr sein wird“, sagte Brian Lapointe, Forschungsprofessor an der Florida Atlantic University, gegenüber der „NYT“. Bereits im Jänner wurde das größte Wachstum in diesem Monat seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen. „Es ist noch ziemlich früh, dass man bereits so viel sieht“, so Lapointe. Für einen sauberen Strandsommer 2023 würde das nichts Gutes verheißen, meinte der Forscher.

Saisonales Phänomen

Sargassum – eine Art Makroalge, die in der namensgebenden Sargassosee natürlich vorkommt – wurde schon lange in größeren Anhäufungen im Nordatlantik gesehen. 2011 allerdings begannen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zunehmende Mengen des Seetangs zu beobachten, die sich in einem riesigen Teppich von Westafrika bis zum Golf von Mexiko erstreckten, so eine Studie aus dem Jahr 2019.

Über die Jahre haben sich diese riesigen Massen an Sargassum immer weiter ausgebreitet. Die Wissenschaft vermutet dahinter ein saisonales Phänomen, das mit den Abflüssen großer Flüsse wie dem Kongo, Amazonas und Mississippi zu tun hat. Diese würden dazu beitragen, die Algen mit Stickstoff und Phosphor zu versorgen, erklärte Lapointe. Auch Emissionen fossiler Brennstoffe und die Verbrennung von Biomasse würden Nährstoffe liefern, die das Wachstum von Sargassum begünstigen, so der Forscher.

Gefahr für Menschen und Fauna

Das Sargassum kann auch wichtige Mangrovenlebensräume ersticken und dem Wasser Sauerstoff entziehen. Zudem würden die verrottenden Algen Schwefelwasserstoff freisetzen. Ein farbloses Gas, das nach faulen Eiern riecht und beim Menschen Atemprobleme verursachen kann. 2018 wurden auf den Karibik-Inseln Guadeloupe und Martinique Tausende Fälle von Menschen bekannt, die einer akuten Schwefelwasserstoffbelastung ausgesetzt waren.

Letzten Sommer riefen die US-Jungferninseln den Notstand aus, nachdem sich „ungewöhnlich große Mengen“ von Sargassum an ihren Küsten angesammelt hatten und eine Entsalzungsanlage auf der Insel St. Croix beeinträchtigten. In der Vergangenheit haben belagerte Strandstädte immer wieder zu drastischen Maßnahmen gegriffen, um dem Sargassum Einhalt zu gebieten: In Mexiko etwa wurde die Marine angeheuert, um das Seegras aus dem Meer zu schöpfen und die Strände davon zu befreien.

Ein Traktor entfernt die Sargassum Alge am Pompano Beach in Florida
APA/AFP/Daniel Slim
Oft mehrmals täglich müssen mit Baggern die Strände gereinigt werden

Einige Unternehmer hätten überlegt, die Algen in Tierfutter, Brennstoff oder Baumaterialien umzuwandeln. Der Forscher Lapointe warnt jedoch vor Experimenten und neuen Verwendungszwecken mit dem Seetang: Sargassum enthält Arsen, das, wenn es als Düngemittel verwendet wird, möglicherweise den Weg in die Nahrungskette findet. Die größte Bedrohung besteht laut Lapointe allerdings für den Tourismus. „Das hat katastrophale Auswirkungen“, sagte er.

Laut Angaben der National Oceanography and Atmospheric Administration wird die Sargassum-Blüte die Region rund um den Golf von Mexiko noch bis Mitte Oktober beeinträchtigen.