Credit Suissse Gebüude in Genf, Schweiz
IMAGO/Xinhua
Aus nach 167 Jahren?

Bei Credit Suisse geht es Schlag auf Schlag

Auch nach einer 50 Milliarden Schweizer Franken schweren Hilfszusage bleibt es rund um die angeschlagene Großbank Credit Suisse (CS) weiter turbulent. Zuletzt verdichteten sich Hinweise auf eine Übernahme der Schweizer Traditionsbank durch die Konkurrentin UBS. Wie die „Financial Times“ („FT“) dazu am Samstag berichtete, könnte der Deal bereits in Kürze stehen. Die Regierung kam abends zu einer Krisensitzung zusammen.

„Die Übernahme durch UBS soll noch am Samstag besiegelt werden“, lautet dazu seit dem Nachmittag die Topmeldung vieler Schweizer Medien. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) und die Aufsichtsbehörde FIMNA hätten ihren internationalen Amtskolleginnen und -kollegen bereits mitgeteilt, dass eine Übernahme durch die UBS die einzige Möglichkeit sei, um einen Zusammenbruch des Vertrauens in die CS zu verhindern, wie unter anderem der „Tagesanzeiger“ dazu berichtete.

Die Angaben beruhen auf einem „FT“-Bericht von Freitagabend über eine immer stärker im Raum stehende komplette bzw. teilweise Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Erklärtes Ziel sei eine Entscheidung noch über das Wochenende. Die Schweizer Behörden wünschten laut „FT“ von den Chefs von UBS und CS eine „einfache und unkomplizierte Lösung, bevor die Märkte am Montag öffnen“. Die Schweizer Regierung traf Samstagabend laut „Neuer Zürcher Zeitung“ zu einer Krisensitzung zusammen, zu der laut dem Bericht auch Fachleute zugezogen wurden.

Bericht über laufende Gespräche mit Regierung

Reuters-Angaben zufolge hegen Vertreter beider Banken weiter gewichtige Vorbehalte gegen einen Zusammenschluss. Bei UBS gehe es allen voran um Bedenken, den eingeschlagenen und derzeit erfolgreichen Lauf mit der Übernahme einer krisengeschüttelten Bank zu gefährden. Zudem hat die UBS etwaigen Übernahmegerüchten bisher immer eine Absage erteilt. Erst im Jänner vermisste UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher ein „überzeugendes Szenario“ für eine solche Transaktion und stellte klar: „Wir haben auch nicht den Wunsch, die Credit Suisse zu kaufen.“

Ungeachtet dessen sei eine mögliche Übernahme nach Angaben des Finanzportals Bloomberg nun dennoch Thema laufender Gesprächen mit Regierungsvertretern. Wie Bloomberg dazu am Samstagnachmittag weiter berichtete, wolle die UBS damit offenbar eine staatliche Absicherung ausloten. Dem Vernehmen nach gehe es um die Übernahme von Rechtskosten und nicht näher beschriebener Verlustrisiken bei einer etwaigen CS-Übernahme.

Größte und zweitgrößte Schweizer Bank

Eine vollständige Fusion der größten mit der zweitgrößte Schweizer Bank würde eines der größten systemrelevanten Finanzinstitute in Europa schaffen. Die Bilanzsumme der UBS belief sich 2022 auf umgerechnet 1.030 Milliarden Euro, die der CS auf umgerechnet rund 535 Milliarden Euro. Die UBS hatte 2022 einen Gewinn von umgerechnet rund sieben Milliarden Euro erwirtschaftet. Die CS wies dagegen einen Verlust von umgerechnet 7,4 Mrd. Euro aus.

Obwohl schon lange krisengeplagt, zählt die CS nach wie vor zu den 30 Banken weltweit, die also „too big to fail“ eingestuft werden, da ihre Insolvenz eine verheerende Auswirkung auf die Gesamtwirtschaft haben würde.

Die Übernahme durch eine ausländische Großbank halten Experten für eher unwahrscheinlich, und für eine Aufspaltung in mehrere Teile könnte die Zeit zu knapp bemessen sein. Sollte die UBS auch diesmal abwinken, wäre direkte Staatshilfe wie etwa der Kauf einer Beteiligung eine weitere Option.

„No comment“

Die Verwaltungsräte der beiden Banken wollten laut „FT“ zunächst getrennt mit der SNB und der FINMA beraten. Auf dem Tisch seien mehrere Varianten für einen Zusammenschluss. Teil der Gespräche sei zudem die Prüfung etwaiger regulatorischer Risiken in verschiedenen Ländern, heißt es dazu beim Schweizer Fernsehen (SRF). Bloomberg-Angaben zufolge seien etwa auch US-Behörden bei den Verhandlungen mit eingebunden.

Sowohl UBS („Dazu machen wir keine Angaben“), SNB („no comment“) und FINMA („Wir kommentieren das nicht“) wollten am Samstag zu den Gerüchten über eine etwaige CS-Übernahme keine Stellung beziehen. Die CS hatte einem Bericht zufolge bereits Freitagabend mitgeteilt, nicht kommentieren zu wollen.

Absage von BlackRock

Man sei „nicht an Plänen beteiligt, die Credit Suisse ganz oder teilweise zu übernehmen, und hat auch kein Interesse an einer solchen Übernahme“, heißt es Reuters-Angaben zufolge indes vom US-Investmentkonzern BlackRock. Diesem wurde von der „FT“ zuvor ebenfalls ein Interesse an einer CS-Übernahme nachgesagt.

„Die Gerüchteküche rund um Credit Suisse brodelt“, so SRF mit Verweis auf die „Aufteilungsszenarien“, die seit Tagen durch diverse Medien geistern. Sollte es zu einer Aufteilung der Bank kommen, werde Schweizer Medienberichten zufolge etwa der Deutschen Bank, aber auch der Schweizer Raiffeisen-Gruppe und der Zürcher Kantonalbank Interessen an bestimmten CS-Geschäftsbereichen nachgesagt.

Hilfszusage und neuerlicher Kurseinbruch

Die SNB hatte erst in der Nacht zum Donnerstag mit einem Eingriff der Großbank CS unter die Arme gegriffen. Sie stellte bis zu 50 Milliarden Schweizer Franken (50,7 Milliarden Euro) für das zweitgrößte Geldinstitut des Landes zur Verfügung. Diese Intervention sorgte für eine vorübergehende Beruhigung der Lage, reichte aber offenbar nicht aus, um die Abwärtsspirale zu brechen.

So setzt nicht nur die Flucht der Privatkunden der Zürcher Bank zu, auch das Geschäft mit anderen Finanzinstituten wird immer schwieriger. Mindestens vier große Häuser, darunter die Deutsche Bank und Societe Generale, haben ihre Geschäfte mit CS oder deren Wertpapieren eingeschränkt, wie fünf Personen mit direkter Kenntnis der Angelegenheit erklärten.

Trotz der umfassenden SNB-Unterstützung brach auch der Kurs der CS am Freitag erneut ein. Der Marktwert der Bank hatte in dieser Woche bereits einen heftigen Rückschlag erlitten, nachdem die Pleite zweier Banken in den USA die Furcht vor Ansteckung befeuerte und es in der Folge zu Kurseinbrüchen vieler Banken kam.

Holzmann um Beruhigung bemüht

So wie viele andere Banker versuchte am Samstag auch der Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, zu beruhigen. Er sehe keine Gefahr für eine Bankenkrise wie 2008, sagte das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) in der ORF-Reihe „Journal zu Gast“. Die Lage bei der CS sei Holzmann zufolge speziell, da diese schon länger an einem anhaltenden Umstrukturierungsproblem leide.

Erinnerung an Swissair-Debakel

Nun dürfte sich die Zukunft der Credit Suisse wohl über das laufende Wochenende entscheiden, so die „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“), die in diesem Zusammenhang auch auf die Belegschaft der Bank verweist. Allein im Raum Zürich sei demnach mit dem Schicksal der Bank auch das Schicksal von mehr als 10.000 gut bezahlten Jobs verbunden. „Die CS existiert seit 167 Jahren und war der Stolz von Zürich“, erinnert schließlich das Branchenportal Inside Paradeplatz, wo für die CS gleichzeitig ein „Grounding 2.0“ befürchtet wird.

Auch viele andere Schweizer Medien erinnerten zuletzt an die Swissair-Pleite im Jahr 2001, die nach den Worten des Finanzportals Cash „bis heute als nationale Schande bezeichnet wird“. Parallelen zu der CS heute ortet Cash aber auch in einem weiteren „Debakel der Schweizer Wirtschaftsgeschichte“ – konkret der 2008 im Sog der Finanzkrise ins Trudeln geratenen und in Folge mit einem 60-Milliarden-Hilfspaket geretteten UBS.