Präsentation des ÖVP-FPÖ-Übereinkommens nach der Landtagswahl
APA/Helmut Fohringer

ÖVP-FPÖ-Pakt und etwaige Folgen für Bund

Die Vereinbarung der ÖVP mit der FPÖ in Niederösterreich, dem größten Bundesland und der trotz großen Verlusten weiter wichtigsten ÖVP-Bastion, ist am Wochenende von vielen Beobachterinnen und Beobachtern auch als mögliche Art Weichenstellung über das Bundesland hinaus verstanden worden. Innennminister Gerhard Karner (ÖVP), in der ORF-„Pressestunde“ darauf angesprochen, wollte keine „Spekulationen“ anstellen. Mehr Klarheit könnte es nach der Salzburg-Wahl geben. Unterdessen wurde bekannt, dass Udo Landbauer (FPÖ) einen Teil der EU-Agenden erhält.

Ob die schwarz-blaue Zusammenarbeit auch ein Modell im Bund sein könnte, wollte Karner nicht beantworten. „Ich bin nicht bereit, zum aktuellen Zeitpunkt irgendwelche Spekulationen anzustellen.“ Die ÖVP-Grünen-Koalition haben noch vieles vor, das werde man in den kommenden eineinhalb Jahren konsequent abarbeiten, sagte Karner und gab sich überzeugt, dass die Regierung bis zum Ende der Legislaturperiode halten wird.

Dass die ÖVP nach der dramatischen Aufkündigung der Zusammenarbeit mit der FPÖ wegen der „Ibiza-Affäre“ im Mai 2019 noch durch den damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zuletzt tonal die Fühler in Richtung Freiheitliche ausstreckte, hatte zuletzt für Wellen in der Innenpolitik gesorgt. Immerhin hatte Kurz den Bruch mit der Weigerung der FPÖ, den damaligen Innenminister Herbert Kickl aus der Regierung abzuziehen, begründet. Dieser avancierte mittlerweile zum Parteichef der FPÖ und liegt in Umfragen derzeit vor SPÖ und ÖVP, die von eigenen Skandalen und Verfahren der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), die im Zuge der „Ibiza-Affäre“ ins Rollen kamen, belastet ist.

Karner verteidigt Schwarz-Blau in NÖ

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat am Sonntag das auf heftige Kritik stoßende schwarz-blaue Bündnis in Niederösterreich verteidigt. Man soll die Zusammenarbeit „an ihren Taten messen“, plädierte er heute in der ORF-„Pressestunde“. Dass das Vorhaben, verfassungswidrige Coronavirus-Strafen zurückzuzahlen, rechtlich schwierig werden könnte, räumte Karner ein. Es gehe aber darum, in der Pandemie entstandene Gräben zuzuschütten.

Aufhorchen lassen hatte vor allem die programmatische Rede von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zur Zukunft Österreichs wenige Tage vor Finalisierung des ÖVP-FPÖ-Pakts in St. Pölten. Darin hatte er in vielen Punkten – mit einer Verteidigung des Verbrennungsmotors bis hin zum Zuschütten der viel zitierten in der Pandemie entstandenen Gräben in der Gesellschaft – sichtlich versucht, FPÖ-Wählerklientel anzusprechen.

Landtagswahlen als Stimmungsbarometer

Dabei hatten die beiden anderen Landtagswahlen der letzten Monate – Tirol und Kärnten – eher in Richtung einer Renaissance der Kooperation von ÖVP und SPÖ gedeutet. Nach aktuellen Umfragen ist allerdings fraglich, ob sich damit überhaupt eine Mehrheit ausginge. Abzuwarten bleibt, ob der niederösterreichische Pakt sich auf die Salzburger Landtagswahl am 23. April bzw. auf die nachfolgende Regierungsbildung auswirken wird. Dort macht sich die SPÖ Hoffnungen auf eine Rückkehr in eine Koalition mit der ÖVP.

Auch bundespolitisch werden daher die Regierungsbildungen in Kärnten und Salzburg mit Interesse verfolgt werden. Koalitionsvarianten auf Landesebene sind natürlich nicht zwingend ein Hinweis auf künftige Entwicklungen im Bund. Als Stimmungsbarometer gelten sie aber sehr wohl. Der Ausschlag richtet sich dann freilich auch danach, ob die paktierte Kooperation funktioniert oder nicht.

Dass die Option mit der FPÖ auf Bundesebene – wobei nach derzeitigem Stand die FPÖ der größere Koalitionspartner wäre – ÖVP-intern durchaus ein Thema ist, zeigte auch ein „Presse“-Interview mit dem oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer, der auf Landesebene seit Jahren ein Bündnis mit der FPÖ hat. Darin betonte er, dass er sich eine Zusammenarbeit mit Kickl nicht vorstellen könne.

Karas gegen EU-Agenden für Landbauer

Kritische Stimmen in der ÖVP gibt es, sie sind aber in der Öffentlichkeit eher zurückhaltend. Am Sonntag äußerte sich einmal mehr der EU-Abgeordnete und Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas. Dass der künftige FPÖ-Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer Teile der EU-Agenden erhält, stieß bei ihm eindeutig auf Ablehnung: „Das geht nicht“, so sein klares Urteil gegenüber dem „Standard“. Die ÖVP Niederösterreich galt bisher jedenfalls als eine der überzeugtesten proeuropäischen Landesgruppen.

ÖVP-Klubchef Jochen Danninger betonte freilich, dass die Außenbeziehungen inklusive EU weiterhin bei Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner liegen werden. Auch der ÖVP-EU-Abgeordnete Lukas Mandl betonte, das Wichtigste sei, dass Mikl-Leitner weiter das Land nach außen repräsentiere. Landbauer erhält die Geschäftsstelle für EU-Regionalpolitik und die Verwaltung des grenzüberschreitenden Programms „Interreg Österreich – Tschechien“ und damit verbundenen Förderbudgets.