Festung Hohensalzburg
ORF/Georg Hummer
NÖ-Pakt und SPÖ-Streit

Salzburg-Wahl im Sog der Bundespolitik

Am 23. April wählt Salzburg als bereits drittes Bundesland heuer einen neuen Landtag. Die Ausgangspositionen sind ein wenig anders als in Niederösterreich und Kärnten, das macht die Wahl vielleicht sogar noch spannender. Denn mit dem Koalitionspakt von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich sowie dem anstehenden Duell um die SPÖ-Spitze wird die Wahl wohl auch von der politischen Großwetterlage geprägt, meinen Politologe Peter Filzmaier und Politanalyst Thomas Hofer gegenüber ORF.at.

Seit 2018 regiert die ÖVP von Landeshauptmann Wilfried Haslauer mit Grünen und NEOS. Damals konnte die ÖVP 37,8 Prozent erreichen, die SPÖ blieb mit 20 Prozent knapp vor der FPÖ (18,8 Prozent), die Grünen kamen auf 9,3 und NEOS 7,3 Prozent.

Laut einer aktuellen Umfrage von Peter Hajek (Public Opinion Strategies) müssen ÖVP und SPÖ mit leichten Verlusten rechnen, die FPÖ könnte auf Platz zwei zulegen, Grüne und NEOS bleiben etwa dort, wo sie sind. Den Einzug in den Landtag könnte aber auch die KPÖ Plus schaffen. Doch in einem Monat Wahlkampf kann noch viel passieren – auch in der Bundespolitik, wie sich zuletzt auch gezeigt hat.

„Metathemen“ dominieren Wahl

Das Themenfeld für die Salzburger Wahl sei noch ziemlich offen, sagt Politologe Filzmaier gegenüber ORF.at. Blickt man auf die Ausgangslage, so seien bei der Wahl 2018 sehr untypisch gleich fünf bis zehn Themen bei der damaligen Wahltagsbefragung mit fast gleichem Stellenwert genannt worden. Verkehr und teures Wohnen seien in Salzburg, insbesondere in der Stadt Salzburg, wichtige Themen.

Allerdings würden jedenfalls drei Metathemen die landespolitischen Fragen überlagern: die Teuerung, der Ukraine-Krieg und damit Energieknappheit sowie das Thema Umwelt und Klimakrise. Und diese – globalen – Themen seien auch nicht auf landespolitischer Ebene lösbar, demnach könne die Landespolitik da auch keine glaubhaften Lösungen anbieten, so Filzmaier. Die Landesregierungen können etwa mit Zuschüssen bestenfalls Schadensbegrenzung versuchen. Daraus ergebe sich ein Dilemma, das auch zu den Verlusten der Parteien der Landeshauptleute in Tirol, Niederösterreich und Kärnten geführt hätte.

Grafik zur Landtagswahl 2018 in Salzburg
Grafik: APA/ORF

ÖVP muss gegen Abfluss zur FPÖ „abdichten“

Eine große Renaissance des Covid-19-Themas nach der Einrichtung des CoV-Fonds zur Rückzahlung von Strafen in Niederösterreich sieht Filzmaier nicht. Abgesehen von der FPÖ (sowie der ebenfalls antretenden MFG und ihrer Abspaltung WIRS) gebe es für keine Partei, auch nicht die ÖVP, vernünftige Gründe, das Thema zu forcieren und eine nicht besonders erfolgversprechende „Rückholaktion“ zu starten.

Ähnlich sieht das Hofer: Eine Rückgewinnung von zur FPÖ abgewanderten Wählerinnen und Wählern sei „nur schwer vorstellbar“. Für die ÖVP gehe es vor allem darum „abzudichten“, also nicht weitere Stimmen „an die FPÖ (zurück) zu verlieren“, die seinerzeit „Sebastian Kurz 2017 und 2019 erfolgreich im freiheitlichen Wählerteich gefischt“ habe.

Plakate zur Landtagswahl in Salzburg
APA/Barbara Gindl
FPÖ- und ÖVP-Plakate mit deutlichen Unterschieden

Erfolgreiche „Rahmenerzählung“ der FPÖ

Mit dem Fonds habe die FPÖ ein Symbol bei einem für viele ihrer Wählerschichten noch immer äußerst emotionalen Thema gesetzt, sagt Hofer zu ORF.at. „Da hat man der ÖVP auch ganz bewusst den Canossagang abgerungen.“

Doch der Wiederaufstieg der FPÖ sei „beileibe nicht nur dem einen Thema geschuldet“. Parteichef Herbert Kickl sei es gelungen, „eine Rahmenerzählung über mehrere Themenbereiche“ hinweg zu etablieren, nämlich, dass „die da unten“ von „denen da oben geknechtet, bevormundet, ja terrorisiert“ würden. Und das werde nicht nur an der CoV-Politik festgemacht, sondern auch bei den Russland-Sanktionen, und man „agitiert auch gegen eine Art wahrgenommene Klimadiktatur, wenn es um Vorschriften zur CO2-Reduzierung geht“.

Koalition als Mobilisierungsfaktor für FPÖ

Die Koalition von ÖVP und FPÖ in Niederösterreich könnte in Salzburg vor allem für die Freiheitlichen zur Mobilisierung dienen, meint Filzmaier: Aus Wahltagsbefragungen wisse man, dass auch Wählerinnen und Wähler der FPÖ ihre Partei in Regierungsverantwortung sehen möchten. Und das Beispiel Niederösterreich zeige nun potenziellen Wählerinnen und Wählern, dass eine solche Option tatsächlich realistisch sein kann.

Dass die FPÖ nun mit der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ein Arbeitsübereinkommen habe, obwohl man zuerst gegen sie als quasi „Gottseibeiuns“ gewettert habe, sei für die FPÖ zwar nicht einfach, so Hofer. Aber Gegenwind in Salzburg lasse sich daraus nicht ableiten. Im Gegenteil: Mit Marlene Svazek habe man zudem eine zugkräftigere Spitzenkandidatin als etwa in Kärnten.

Schwierige Vorzeichen für die SPÖ

Schwierige Vorzeichen sehen beide Experten für die SPÖ: Wahlkampf sei immer auch ein Kampf um Aufmerksamkeit, so Filzmaier. Und da bestehe die Gefahr, dass die Salzburger SPÖ mit ihren Themen zu kurz komme, weil die Frage nach der SPÖ-Bundespitze vieles überlagere. SPÖ-Spitzenkandidat David Egger wird dem Lager des burgenländischen Landeshauptmannes Hans Peter Doskozil zugerechnet. Hofer erwartet, dass er damit einen eher kantigeren Kurs bei Migration und Sozialhilfen anschlage. Dennoch müsste die SPÖ befürchten, den zweiten Platz zu verlieren.

Filzmaier sieht aber auch ein anderes Dilemma der SPÖ unabhängig von der Führungsfrage: Die Positionierung als Oppositionspartei schaffe man weder im Bund noch in Salzburg gut. Dort stelle sich die Frage, wie man sich zur ÖVP positioniert, wenn man einerseits Juniorpartner in einer Koalition sein möchte, aber andererseits die Volkspartei dafür kritisiert, wenn sie ein Bündnis mit der FPÖ eingeht.

Licht und Schatten bei Grünen und NEOS

NEOS und Grüne hätten als Regierungsparteien in Salzburg natürlich das Problem, Angriffsziel nach Querelen in den vergangenen Jahren zu sein, so Hofer. Anders als in Kärnten habe man aber einen „gewissen Grundstock, auf dem sie in Salzburg aufbauen können“.

Filzmaier meint wiederum, mit der Klimakrise hätten die Grünen eines der wichtigen Metathemen besetzt. Und die grüne Wählerschaft sei durchschnittlich formal besser gebildet und damit auch eher einkommensstärker, was sie vom Thema Teuerung weniger essenziell betroffen mache. Allerdings gebe es den Malus als Regierungspartei im Bund.

Plakate zur Landtagswahl in Salzburg
APA/Barbara Gindl
Plakate von Grünen, NEOS und SPÖ

NEOS wiederum könne mit seinem Image der Kontroll- und Oppositionspartei punkten, auch wenn man mit ihren „Leibthemen“ derzeit nicht durchringe. Bildung spiele in der öffentlichen Debatte derzeit kaum eine Rolle, und mit Marktliberalismus könne man in Zeiten von Krisen und Staatsinterventionen nicht punkten.

Ausgang offen

Insgesamt erwartet Filzmaier ein spannendes Rennen – auch bei der Frage, welche Konstellationen nach der Wahl möglich sind. Sollte die KPÖ Plus den Einzug tatsächlich schaffen, verschiebe das wohl gleich einige Mandate. Eine Koalition aus ÖVP und FPÖ werde dann recht sicher möglich sein, welche anderen Mehrheiten es dann gibt, sei offen. Das Ringen um ein Arbeitsübereinkommen sei in Niederösterreich schon heftig gewesen, das könnte in Salzburg noch heftiger werden.