Segelboote am Serre-Poncon in Frankreich
AP/Daniel Cole
Wassermangel

Trockenheit setzt Europa zu

In Europa werden bereits jetzt manche Gebiete von der Dürre heimgesucht. Besonders in Italien, Spanien und Frankreich verschlechterte sich in den vergangenen Monaten die Grundwassersituation deutlich. Die Hitzeperioden im vergangenen Jahr, der trockene Winter und der aktuelle Regenmangel verschärfen die Situation.

Am Montag hatte der Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) vor einer Eskalation der Klimakrise gewarnt. Mit jedem weiteren Schritt der globalen Erwärmung würden die Veränderungen bei den Extremen zunehmen, hieß es. Es wird prognostiziert, dass sich eine fortgesetzte Erwärmung auf den Wasserkreislauf auswirken werde, einschließlich seiner Variabilität. Das bedeutet, dass sich die globalen Monsunniederschläge sowie sehr feuchte und sehr trockene Wetter- und Klimaereignisse und Jahreszeiten weiter intensivierten.

Schon jetzt gibt es in manchen Gebieten zu wenig Wasser, während andere Gegenden unter Überschwemmungen leiden. An vielen Orten ist das Wasser verseucht. In New York werden deshalb Regierungen, Privatwirtschaft und zivilgesellschaftliche Organisationen ab Mittwoch über Lösungen für die sich verschärfenden globalen Wasserprobleme beraten. Der Gipfel soll nach dem Willen von UNO-Generalsekretär Antonio Guterres bis Freitag ein ehrgeiziges Programm mit konkreten Handlungsvorschlägen erarbeiten.

„Anomalien“ befeuern weiteren Verlauf

An Aktualität mangelt es jedenfalls nicht. Denn laut einem Bericht der EU-Kommission führte der trockene und warme Winter zu Dürren im Süden und Westen Europas. Bemerkbar mache sich das etwa an den niedrigen Wasserständen der Flüsse und Seen oder der Bodenfeuchte. Besonders in Italien, Spanien und Frankreich gehen damit Sorgen um die Wasserversorgung, die Energieerzeugung und die Landwirtschaft einher, heißt es im Bericht über die Trockenheit im März.

Weil es in den Alpen deutlich weniger als im Durchschnitt geschneit hat, werde die Schneeschmelze, die sonst die Flüsse anschwellen lässt, daher deutlich geringer ausfallen. Im südlichen und östlichen Mittelmeer-Raum herrschen den Angaben zufolge ebenso wärmere und trockenere Bedingungen als üblich. Derweil seien die Folgen zwar noch nicht gravierend, die Situation könnte jedoch kritisch werden, wenn die „Anomalien“ im Frühjahr anhalten.

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Hilfspaket in Italien, Notfallplan in Frankreich

Angesichts der extremen Trockenheit in Italien kündigte die Regierung in Rom ein 7,8 Milliarden Euro schweres Hilfspaket an. Umweltminister Gilberto Pichetto Fratin sagte, das Kabinett werde sich in Kürze mit dem Dekret zur Verteilung und Verwendung der Mittel beschäftigen. Priorität in den nächsten Monaten habe die Wasserversorgung von Haushalten sowie von Betrieben vor allem in der Landwirtschaft.

Menschen am Garda-See
IMAGO/NurPhoto/Stefano Nicoli
Der Gardasee soll dieser Tage über nur noch 35 Prozent seiner Speicherkapazität verfügen

Besonders in der Lombardei ist die Lage kritisch. Die Region ist mit einer schweren Dürre wie im Jahr 2022 konfrontiert. Die Wasserressourcen weisen ein Defizit von 60 Prozent im Vergleich zu den Durchschnittswerten für diesen Zeitraum auf. Bereits im vergangenen Jahr lag das Defizit an denselben Tagen bei 57 Prozent. „Wenn es im April und Mai nicht regnet, erwarten wir eine ähnliche Notfallsituation wie im Jahr 2022“, sagte Massimo Sertori, Mitglied des lombardischen Regionalparlaments.

In Frankreich ließen die Trockenheit im vergangenen Sommer und die extreme Winterdürre die Grundwasserreserven schrumpfen. Weil es an nennenswerten Niederschlägen mangelt, konnten diese nicht, wie sonst im Herbst und Winter üblich, aufgefüllt werden. Die Regierung will einen nationalen Wasserplan vorlegen, der voraussichtlich Einschränkungen beim Wasserverbrauch enthält. In sechs Departements herrscht bereits Wasserknappheit.

Lac de Serre-Poncon in Südfrankreich
AP/Daniel Cole
Der französische Stausee Lac de Serre-Poncon führt für diese Jahreszeit zu wenig Wasser

Spanien in „langfristiger Dürreperiode“

Die Dürre im Norden Spaniens hat laut dem Wetterdienst Aemet „außergewöhnliche“ Ausmaße angenommen. Da in Teilen Spaniens auch im Herbst und Winter die Niederschläge zu niedrig ausgefallen sind, ist das beliebte Urlaubsland in eine „langfristige Dürreperiode“ eingetreten und steht wahrscheinlich vor einem weiteren Jahr mit Hitzewellen und Waldbränden. In den ersten drei Monaten im Jahr 2023 gab es laut Aemet keine wesentlichen Anzeichen, dass sich die Situation ändert.

In Katalonien wird die Lage als kritisch beschrieben. Der Wasserstand des Sau-Stausees in Katalonien beträgt Behördenangaben zufolge nur noch neun Prozent der Gesamtkapazität. Die durchschnittliche Wasserreserve im Norden des Landes mit der Metropole Barcelona beträgt Berichten zufolge gerade einmal 27 Prozent.

Panta de Sau mit niedrigem Wasserstand
AP/Emilio Morenatti
Das restliche Wasser des Sau-Stausees wird nun umgeleitet, bevor es an Qualität verliert

Deshalb ist bereits der Wasserverbrauch in der Landwirtschaft und der Industrie eingeschränkt. In Parks und Gärten dürfen nur noch Bäume gegossen werden. Sollte der Regen weiter ausbleiben, rechnete der Leiter der regionalen Wasserbehörde, Samuel Reyes, ab Herbst mit Einschränkungen des privaten Trinkwasserverbrauchs.

Grundwasserproblem auch in Österreich

Auch Österreich hadert bisher mit dem ausbleibenden Niederschlag. Im Großraum Wien regnete es diesen März um 98 Prozent weniger als in normalen Jahren. Mittlerweile ist das kein Einzelfall mehr, denn schon in den vergangenen Jahren war der März stets besonders niederschlagsarm, weiß man bei Geosphere Austria (ehemals ZAMG). In den vergangenen 14 Jahren habe der März immer unterdurchschnittliche Regenmengen gebracht – mehr dazu in noe.ORF.at.

Eine Studie des EU-Projekts G3P bestätigte kürzlich, dass Österreich wie fast ganz Europa an einem Grundwasserproblem leide. Bei 34 von 218 Messstationen, bei denen ein Wert für März vorliegt, wurden historisch niedrige Pegel registriert, 96 weitere Stellen lagen auf der fünfstufigen Skala des Hydrographischen Dienstes bei „niedrig“. Dürreperioden prägten den vergangenen Sommer, ausgelöst von Hitzewellen und wenig Regen – die trockenen Böden der Ackerflächen benötigten in der Folge noch mehr Grundwasser.

Niedriger Wasserstand im Neusiedler See

Seit Beginn der Aufzeichnungen hat der Neusiedler See im Burgenland noch nie so wenig Wasser geführt wie derzeit. Im Vergleich zum Ausnahmejahr 2022 ist der Pegel um 20 Zentimeter gesunken.

Über ausreichend Wasser in hervorragender Qualität würde Österreich zwar verfügen, jedoch sanken die Grundwasserstände in Ostösterreich heuer teilweise auf die niedrigsten Werte seit Messbeginn, wie auch die Wasserstände einiger heimischer Seen die Trockenheit sichtbar machen würden, berichtete zuletzt das Landwirtschaftsministerium. Der Klimawandel lasse erwarten, dass die Phasen der Trockenheit zunehmen könnten. Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) hatte einen Vorsorge- und Notfallplan für eine sichere Trinkwasserversorgung angekündigt.

Österreichischer Trockenheitsindex der letzten 30 Tage im Vergleich zum langjährigen Mittel 1961–2010 (Stand 20.3.2023)

Aus der im Auftrag des Ministeriums 2021 erstellten Studie „Grundlagen für nachhaltige Nutzungen des Grundwassers“ ging bereits hervor, dass Österreichs Grundwasserressourcen sich im negativen Fall in etwas mehr als einem Vierteljahrhundert um rund 23 Prozent reduziert haben könnten, „das bedeutet eine Abnahme von 5.100 Mio. Kubikmeter auf 3.900 Mio. Kubikmeter. Regional sind aber auch Rückgänge von über 30 Prozent möglich“.