Auto wird betankt
ORF.at/Kaja Stepien
Preiskommission

Geteilte Meinungen zu Teuerung

Die von der Bundesregierung eingesetzte Preiskommission hat ihre Untersuchung zur Entwicklung der Spritpreise abgeschlossen. ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Kocher präsentierte am Donnerstag die Ergebnisse, für die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) skizzierte deren Interimsleiterin Natalie Harsdorf-Borsch aktuelle Schwerpunkte. Kochers Fazit: Es gebe keine Hinweise auf Unregelmäßigkeiten. Kritik kam von Arbeiterkammer (AK) und Österreichischem Gewerkschaftsbund (ÖGB).

In der aktuellen Situation führten Preissteigerungen zu großen Belastungen bei Unternehmen und Haushalten, sagte Kocher am Donnerstag bei einer Pressekonferenz. Umso wichtiger sei es, in unterschiedlichen Bereichen auf die Preisentwicklung „genau hinzuschauen“.

Im Vorjahr hatte die Bundesregierung auf Antrag der AK eine Preiskommission eingesetzt – im Fokus: die Treibstoff- und Heizölpreise vor dem Hintergrund enorm gestiegener Margen für die Mineralölwirtschaft. In einem solchen Verfahren gebe es prinzipiell zwei Prüfstufen, führte Kocher aus, einmal dahingehend, ob die Preisentwicklung im internationalen Vergleich in einem relevanten Ausmaß höher ist, und dann, ob diese Preiserhöhung ungerechtfertigt ist.

Kommission fand keine Unregelmäßigkeiten

Nach 15 Sitzungen und umfangreicher Analyse, insbesondere der Preisentwicklung nach Beginn des Krieges in der Ukraine, lautete das Ergebnis: Es seien unter Berücksichtigung unterschiedlicher Faktoren keine Preisverläufe festgestellt worden, „die in irgendeiner Weise als laut Gesetz ungewöhnlich darzustellen sind“.

Statement von ÖVP-Arbeits- und -Wirtschaftsminister Kocher

ÖVP-Arbeits- und -Wirtschaftsminister Martin Kocher und die interimistische BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch berichteten über die Ergebnisse des Endberichts der Preiskommission und über aktuelle Aktivitäten der Bundeswettbewerbsbehörde.

Die Preiskommission fand also keine Anhaltspunkte für ungerechtfertigte Erhöhungen laut Preisgesetz (PreisG), woraus sich ergebe, dass auch keine weiteren Schritte zu machen seien. Eine „Tatbestandsvoraussetzung“ laut Paragraf 5 PreisG sei nicht erfüllt, und daher sei von der Einleitung weiterer Prüfschritte abzusehen. Die AK sei anderer Meinung, räumte Kocher ein.

BWB hat viel zu tun

Die BWB werde ihren Tätigkeitsbericht 2022 in Kürze fertigstellen und dann der Bundesregierung übergeben, führte Harsdorf-Borsch aus, um anschließend einen Überblick über unterschiedliche „Projekte, die aktuell sind“, zu geben. Klar sei, dass der Fokus der BWB auf jenen Branchen liege, „wo der Preisauftrieb besonders stark zu spüren ist“.

Aktuell sei wichtig, dass man „eine sehr aktive Wettbewerbsbehörde“ sei. In den letzten Jahren habe sie „viel geleistet“. 2022 seien 18 Anträge an das Kartellgericht gestellt worden, viel mehr als durchschnittlich in den Jahren zuvor. Strafen seien kein Selbstzweck, so Harsdorf-Borsch, es gehe darum, den Wettbewerb aufrechtzuerhalten, damit „die Märkte funktionieren“ für Konsumenten und Unternehmen, „nicht nur für einige marktmächtige Player“.

Lebensmittelmarkt als aktueller Fokus

International gleichförmige Preisbewegungen nach oben – Stichwort: Kraftstoffmarkt – würden „natürlich eher misstrauisch machen“. Die Untersuchung dazu sei im letzten Jahr gestartet und abgeschlossen worden, ein Verstoß gegen das Kartellrecht sei nicht festzustellen gewesen. Bei den Raffineriemargen sei ein sehr hoher Anstieg sichtbar gewesen, nicht aber bei den Tankstellen.

Statement der interimistischen BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch

ÖVP-Arbeits- und -Wirtschaftsminister Martin Kocher und die interimistische BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch berichteten über die Ergebnisse des Endberichts der Preiskommission und über aktuelle Aktivitäten der Bundeswettbewerbsbehörde.

Aktuell im Fokus stehe der Lebensmittelmarkt, einerseits aufgrund sehr großer Preissteigerungen, andererseits erhalte die BWB sehr viele Beschwerden, sagte Harsdorf-Borsch, von Konsumenten, Unternehmen, „unterschiedlichen Marktseiten“. Es gehe um die Frage, wohin Erlöse aus Preissteigerungen fließen, wie Marktmachtverhältnisse und mögliche unfaire Marktpraktiken aussehen. Außerdem sehe sich die BWB den Energiemarkt und die Preisgestaltung dort an.

„Ein Anzeichen, noch kein Beweis“

Kocher strich schließlich drei Faktoren hervor: Wichtig sei Preistransparenz, diese helfe dem Wettbewerb. Die hohen Bruttomargen der Mineralölwirtschaft seien „ein Anzeichen, noch kein Beweis“ dafür, dass vielleicht der Wettbewerb „nicht perfekt funktioniert“, was man sich international noch genauer ansehen könnte, und letztlich brauche es ein „scharfes Kartellrecht“ und genügend Ressourcen für die Wettbewerbsbehörden.

Zweites Statement von ÖVP-Arbeits- und -Wirtschaftsminister Kocher

ÖVP-Arbeits- und -Wirtschaftsminister Martin Kocher und die interimistische BWB-Generaldirektorin Natalie Harsdorf-Borsch berichteten über die Ergebnisse des Endberichts der Preiskommission und über aktuelle Aktivitäten der Bundeswettbewerbsbehörde.

Für AK Einstellung „nicht nachvollziehbar“

Die AK zeigte sich mit dem Fazit von Donnerstag nicht zufrieden. Die Einstellung des Verfahrens sei „nicht nachvollziehbar“, hieß es in einer Aussendung. Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat „zeigen klar, dass die Preise in Österreich deutlich stärker gestiegen sind als im EU-Durchschnitt“.

Raffinerie Schwechat
ORF.at/Christian Öser
Raffineriemargen und Treibstoffpreise waren Anlass für die Untersuchung der Preiskommission

Es sei „auch unverständlich, dass trotz Rekordinflation und Rekordgewinnen der Mineralölkonzerne die Möglichkeiten des Preisgesetzes nicht genutzt wurden, um die Preispolitik der Konzerne auf den Prüfstand zu stellen“. Das Preisgesetz sei „in der derzeitigen Form kein taugliches Mittel zur Bekämpfung der Inflation“ und müsse rasch novelliert werden.

Forderungen an die Politik

Die AK forderte unter anderem klare Indikatoren dafür, wann ein Verfahren einzuleiten ist – das Abstellen auf internationale Preisentwicklungen verunmöglicht sinnvolle Prüfungen von überhöhten österreichischen Preisen, außerdem die Einführung einer Beweislastumkehr, nach der Unternehmen bei Einleitung eines Verfahrens darlegen müssten, dass die verlangten Preise „nicht auf einer ungerechtfertigten Preispolitik beruhen“, und etwa auch die Einrichtung einer „schlagkräftigen Antiteuerungskommission mit wirkungsvollen Befugnissen“.

ÖGB vermisst Vorgehen gegen „Preistreiberei“

Kritisch äußerte sich auch der ÖGB. Die Preise an den Tankstellen seien seit Beginn des Krieges in der Ukraine „in der Folge erhöhter Gewinnmargen ins Unleistbare“ gestiegen, die BWB habe bestätigt, „dass die Treibstoffe um zehn bis 25 Cent pro Liter zu teuer waren“.

Nun werde das Verfahren ohne vertiefte Untersuchung eingestellt. „Eine alles andere als nachvollziehbare Entscheidung, die einmal mehr beweist, dass der Bundesregierung jeder Wille fehlt, gegen die Preistreiberei entschieden vorzugehen“, so der ÖGB in einer Aussendung.

„Wie bereits mit dem inakzeptablen Aus der Verhandlungen für einen nachhaltigen Mietenstopp“ zeige sich auch mit der aktuellen Entscheidung, „dass offenbar nur Krisenprofiteure geschützt werden sollen“. Markteingriffe seien „mehr als überfällig“. Auch die Gewerkschaft forderte ähnlich der AK „eine Antiteuerungskommission mit Biss“.