Johanna Mikl-Leitner
ORF
Niederösterreich

Mikl-Leitner rechtfertigt Pakt mit FPÖ

Mit nur 24 von 41 gültigen Stimmen ist Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Donnerstag in der konstituierenden Sitzung des niederösterreichischen Landtags als Landeshauptfrau bestätigt worden. Auch die Stimmen der FPÖ, mit der die ÖVP ein Arbeitsübereinkommen geschlossen hatte, bekam Mikl-Leitner nicht. Überdies wird der Deal mit der FPÖ weiter von Kritik begleitet. In der ZIB2 hat Mikl-Leitner den Pakt einmal mehr gerechtfertigt.

Zum matten Ergebnis im Landtag sagte Mikl-Leitner, das sei „nicht entscheidend, sondern der Wählerwille“. Die Volkspartei NÖ habe 40 Prozent (39,93 Prozent, Anm.) erhalten, das sei ausschlaggebend. Das Ergebnis habe einen Partner erfordert, sagte die Landeshauptfrau. Man repräsentiere (zusammen mit der FPÖ, Anm.) 65 Prozent der Wähler („Mehr Wählerwille geht nicht“). Zudem ortete Mikl-Leitner ein „gewisses Grundvertrauen“, das man bereits aufgebaut habe, sie sprach von einer „tragfähigen Beziehung“.

„Kompromisse zu machen ist keine Niederlage“, gab die Landeshauptfrau an. Aber man habe in manchen Themen ähnliche Haltungen, das wäre mit der SPÖ in einigen Bereichen nicht gegangen, sagte Mikl-Leitner einmal mehr. Die Zweifel an der Umsetzbarkeit diverser Vorhaben, die im Arbeitsübereinkommen formuliert sind – etwa der „Corona-Fonds“ oder Deutschpflicht in den Schulpausen – wies sie einmal mehr zurück – mehr dazu in noe.ORF.at.

Mikl-Leitner (ÖVP) zum Arbeitsübereinkommen in NÖ

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) spricht über ihre Wahl zur niederösterreichischen Landeshauptfrau und das Arbeitsübereinkommen zwischen ÖVP und FPÖ. Der Pakt wird von viel Kritik begleitet.

Viel Kritik aus Opposition und SPÖ

Die Debatte der Klubobleute in der konstituierenden Landtagssitzung war von starker Kritik am schwarz-blauen Arbeitsübereinkommen geprägt – sowohl von der Opposition als auch von der SPÖ, die selbst in der Proporzregierung vertreten ist – mehr dazu in noe.ORF.at.

Kritik gab es auch außerhalb des Landtags: Würdigungspreisträger des Landes und Schriftstellerverbände sprachen von einem „finsteren politischen Kapitel“. Nun sei „nichts mehr ausgeschlossen“, warnen die Künstlerinnen und Künstler – mehr dazu in noe.ORF.at. Mittwochabend und Donnerstagmorgen hatten sich laut Polizei in St. Pölten insgesamt etwa 800 Demonstrierende versammelt, die unter anderem gegen Rassismus und für Menschenrechte protestierten.

Breite Kritik

Das Arbeitsübereinkommen von ÖVP und FPÖ hat seit der Präsentation breite Kritik hervorgerufen. Zu den darin formulierten Plänen zählen unter anderem die Zurückzahlung der in der Pandemie verhängten CoV-Strafen, die vom Verfassungsgerichtshof als gesetzwidrig anerkannt wurden, sowie eine Deutschpflicht in Schulen auch in den Pausen. Ein solcher Plan war in Oberösterreich vor Jahren aus verfassungsrechtlichen Gründen gescheitert.

Das sei aber keine Aufgabe an die Schulen, sondern ein Ermöglichen, so Mikl-Leitner dazu. Einzelne Schulen könnten das bei Bedarf im Rahmen der Schulautonomie einführen: „Das soll nicht Hürde, sondern Hilfe sein“, sagte die Landeshauptfrau. In Wiener Neustadt gebe es eine Schule, wo diese Regel eingeführt worden sei, und dort würden die Kinder „unglaublich profitieren“, so Mikl-Leitner.

„Fonds steht allen offen“

Hinsichtlich der angekündigten Strafrückzahlung aus dem 30 Millionen Euro schweren „Corona-Fonds“ gab es Kritik von vielen Seiten. Verwendet werden Budgetmittel, eingebracht werden aber auch rund 1,3 Millionen Euro an Strafgeldern, die dem Land zugeflossen sind. Juristinnen und Verfassungsrechtler, darunter Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), äußerten starke Zweifel an der praktischen Umsetzbarkeit.

Von diesem Fonds sei ein Prozent für die Rückzahlung verfassungswidriger CoV-Strafen vorgesehen, sagte Mikl-Leitner in der ZIB2 – also etwa 300.000 Euro. „99 Prozent dieser 30 Millionen sind für Behandlungen und Therapien von psychischen Erkrankungen“, verwies sie auf Statistiken und Untersuchungen zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen während der Pandemie. Der Fonds stehe allen offen – auch jenen, „die sich immer an die Regulative gehalten haben“.

Aufregung gab es außerdem über die im Arbeitsübereinkommen auch enthaltene „Wirtshausprämie“, die von der FPÖ schon in der Vergangenheit gefordert wurde. Voraussetzung für einen Bezug dieser Prämie soll dem Arbeitsübereinkommen zufolge sein, „dass der neue Wirt ein traditionelles und regionales Speisenangebot aufweist“.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler kritisierten in einem offenen Brief, dass die FPÖ „eine Politik der Ausgrenzung, des Rassismus und der Wissenschaftsfeindlichkeit“ fördere. Im Arbeitsübereinkommen wird im Kapitel „Integration“ angekündigt, das Land für Wirtschaftsmigranten „möglichst unattraktiv zu machen“.

Angelobung bei Van der Bellen

Freitagmittag wird Mikl-Leitner neuerlich von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt. Sie steht vor ihrer mittlerweile dritten Angelobung. Erstmals war sie am 24. April 2017, damals fünf Tage nach der Übernahme der Funktion an der Spitze des Landes von Erwin Pröll (ÖVP), in der Hofburg. Zum zweiten Mal war das am 23. März 2018 der Fall, wie nun einen Tag nach ihrer Wahl im Landtag zur Landeshauptfrau.