Nehammer ortet viel Zustimmung für „grünen Verbrenner“

Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ortet im Streit über die Zukunft von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren viel Zustimmung für die deutsche Position. Das sagte er im Anschluss an das Gipfeltreffen der 27 EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Das Thema „grüner Verbrenner“ sei „mit viel Zustimmung und Wohlmeinung getragen worden“, so Nehammer.

„Auch Frankreich unterstützt diese Position jetzt“, sagte er und fügte hinzu: „Das ist für uns ein wichtiges Signal, dass wir weiter technologie- und innovationsfreundlich bleiben“, so Nehammer.

Deutschland drängt darauf, auch nach 2035 noch Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zuzulassen, die E-Fuels tanken, und verärgerte damit mehrere EU-Länder, wie etwa Frankreich. Unterstützung bekam Berlin hingegen von Italien, Polen, Tschechien, Bulgarien und auch Österreich.

Eigentlich hatten sich Unterhändler der Kommission, des Europaparlaments und der EU-Staaten schon im Herbst darauf verständigt, dass in der EU ab 2035 nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden dürfen. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung des Deals durch die EU-Staaten – eigentlich eine Formalie – wurde wegen des Drucks aus Deutschland abgesagt.

Nehammer: „E-Fuels sind die Zukunft“

Tatsache ist, dass auch die zuständige österreichische Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei den Verhandlungen in der Vergangenheit für das Verbrenner-Aus stimmte. Man wolle sich nicht mit „Vergangenheitsbewältigung“ aufhalten, betonte der Kanzler vor Journalistinnen und Journalisten.

„E-Fuels sind die Zukunft“, bekräftigte er. E-Fuels werden auf der Basis von Ökostrom hergestellt, gelten bisher aber als überteuert und wenig effizient. Dass Frankreich die deutsche Position – wie Nehammer angab – unterstützen soll, sorgte am Abend für Überraschung.

Kanzler verweist auf Energieministerrat

Auf die Frage, ob es einen Abtausch zwischen Deutschland und Frankreich gebe, wonach Atomkraft im Gegenzug als erneuerbare Energie eingestuft wird und somit förderbar wird, sagte Nehammer: „Wir haben uns generell darauf verständigt, dass diese Themen im Energieministerinnen- und Energieministerrat zu diskutieren sind“, so Nehammer.

Österreich habe seine Position klargemacht, so Nehammer. Nuklearenergie sei „keine Zukunftsenergie“, betonte er. Natürlich habe Frankreich für Atomenergie lobbyiert, meinte er weiter. Positiv sei dem Kanzler zufolge gewesen, dass Frankreich anerkannt habe, dass E-Fuels eine Zukunftstechnologie sein könnten.

Frankreich: Position unverändert

Ein Vertreter des Elysee-Palasts sagte gegenüber „Politico“, Frankreichs Position sei unverändert. „Wir haben immer betont, eine Lösung zu suchen, aber wir halten am Datum 2035 fest“, zitierte das Magazin einen weiteren Vertreter aus dem Umfeld des französischen Präsidenten.

Zuversicht bei von der Leyen

Im Verbrennerstreit antwortete Deutschland erst gestern Abend auf jüngste Lösungsvorschläge der EU-Kommission. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte indes, der Verbrennungsmotor sei auf dem EU-Gipfel selbst kein Thema gewesen. Dennoch gebe es Verhandlungen, die gut vorankommen würden.

Es gebe den Willen, das Thema innerhalb des Deals zwischen EU-Parlament und Rat zu lösen. Zeit sei von entscheidender Bedeutung. Von der Leyen zeigte sich „zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden werden“.

Zur Atomenergie sagte von der Leyen, jedes EU-Land wähle seinen Energiemix selbst. „Atomkraft kann eine Rolle bei unseren Bemühungen um Dekarbonisierung spielen“, betonte sie. Die vollen Vorteile würden der Atomenergie im Gegensatz zu Erneuerbaren aber nicht eingeräumt. Frankreich drängt auf EU-Förderungen für Atomkraft.

Weitere Unterstützung für Ukraine

Der EU-Gipfel nahm unterdessen den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen Russlands Präsident Wladimir Putin „zur Kenntnis“. Der Beschluss der EU-Außenminister, eine Million neue Artilleriegeschoße in den nächsten zwölf Monaten an die Ukraine zu liefern, wurde bestätigt.

Unter Verweis auf den Beschluss der EU-Außenminister vom Montag heißt es in der Gipfelerklärung, dass das auch die mögliche Lieferung von Raketen an die Ukraine beinhalte, „falls angefragt“, sowie die gemeinsame Beschaffung und Finanzierung über die EU-Friedensfazilität. Auch Migration war Gipfelthema – Nehammer forderte „Taten“. Die jüngst angekündigten EU-Pilotprojekte mit Bulgarien und Rumänien seien wichtig.