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IMAGO/Sven Simon
Berlin setzt sich durch

EU-Einigung im Verbrennerstreit

Im Konflikt darüber, ob in der EU auch nach 2035 noch Autos mit Verbrennermotoren neu zugelassen werden sollen, gibt es nun eine Einigung. Zulassungen werden weiterhin erteilt, wenn die Autos mit E-Fuels betankt werden. Deutschland hatte das fertige Paket noch einmal aufschnüren lassen und setzte sich mit seiner Forderung, auf die auch Österreich aufgesprungen ist, durch.

Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte die Debatte erneut angestoßen. Lange nach der Einigung zwischen EU-Mitgliedsstaaten, Parlament und Kommission, dass nach 2035 keine Verbrennerautos mehr neu zugelassen werden sollen, blockierte Wissing das Paket, das ein zentrales Stück des europäischen „Green Deal“ darstellt. Wissings Forderung: Auch Verbrennerautos können klimaneutral fahren, solange sie CO2-neutral betankt werden. Daher sollten laut FDP auch Verbrennerautos weiterhin eine Zukunft in der EU haben.

Am Samstag teilten Wissing und der EU-Kommissionsvize Frans Timmermans via Twitter mit, dass man sich geeinigt habe. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor, die ausschließlich klimaneutralen Kraftstoffe tanken, könnten auch nach 2035 neu zugelassen werden.

Einigung im Verbrennerstreit

Im Konflikt darüber, ob in der EU auch nach 2035 noch Autos mit Verbrennermotoren neu zugelassen werden sollen, gibt es nun eine Einigung. Zulassungen werden weiterhin erteilt, wenn die Autos mit E-Fuels betankt werden. Deutschland hatte das fertige Paket noch einmal aufschnüren lassen und setzte sich mit seiner Forderung, auf die auch Österreich aufgesprungen ist, durch.

„Der Weg ist frei: Europa bleibt technologieneutral“, so Wissing. Konkrete Verfahrensschritte und ein Zeitplan seien verbindlich fixiert worden. „Wir wollen, dass der Prozess bis Herbst 2024 abgeschlossen ist.“ In einem ersten Schritt solle eine Kategorie rein mit E-Fuels geschaffen werden und dann in die Flottengrenzwertregulierung integriert werden.

E-Fuels werden nicht ausreichen

Timmermans schrieb auf Twitter: "Wir haben mit Deutschland eine Einigung über die künftige Verwendung von E-Fuels in Autos erzielt." Man werde jetzt daran arbeiten, dass die Verordnung über CO2-Standards für Autos so schnell wie möglich verabschiedet werde.

E-Fuels sind klimaneutrale künstliche Kraftstoffe, die mit Ökostrom erzeugt werden können. Die Herstellung ist allerdings wenig effizient und teuer. Daher sollten sie nach dem Willen der EU-Kommission vor allem für den Schiffs- oder Flugverkehr reserviert werden, der nicht direkt mit Strom betrieben werden kann. Einer Studie des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) reicht die 2035 erwartete Produktionsmenge nicht aus, um allein den Bedarf in diesen Bereichen zu decken.

Irritationen in Brüssel

Zudem stellen sich viele Autohersteller seit Jahren selbst auf die Produktion von E-Autos um. Die ursprüngliche EU-Einigung vom Oktober zielte darauf ab, die Herstellung von E-Autos voranzutreiben. Sie sah kein Verbot von Autos mit Verbrennermotoren vor, sondern ein Verbot neuer Zulassungen solcher.

Professor Dudenhöffer zu EU-Verbrennerverbot

Ferdinand Dudenhöffer, Professor und Direktor des Center for Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen, bezeichnet die Energiebilanz von E-Fuels als „grauslich“. Aus Sicht des führenden Autofachmanns Deutschlands gehe die Entwicklung zu 100 Prozent in Richtung des batterieelektrischen Autos.

Diese Einigung sah aber auch vor, die weitere Verwendung von E-Fuels erneut zu prüfen. Der Passus war nicht rechtsverbindlich, doch darauf berief sich Wissing. Eine für Anfang März vorgesehene Bestätigung wurde daher von Deutschland zunächst verhindert. Länder wie Österreich und Italien schlossen sich in der Folge Deutschland an. Entsprechend erfreut zeigte sich Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Samstag: Gemeinsam mit Deutschland habe man gegen ein Verbot von Verbrennungsmotoren gekämpft. Doch dieser habe Zukunft, „wenn wir ihn zum grünen Verbrenner machen und Technologien wie E-Fuels und Wasserstoffantriebe weiterentwickeln“.

Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne), die sich stets für das Neuzulassungs-Aus ausgesprochen hat, kritisierte am Samstag via Twitter „Bremser & Blockierer“. Es sei „gut, dass es nun eine Einigung gibt und damit der Weg in Richtung CO2-neutrale #Mobilität nicht weiter blockiert wird. Und dass nun auch #Deutschland der Verordnung unverändert zustimmen wird. Ab 2035 werden 100 Prozent der Autos emissionsfrei sein müssen“, so Gewessler.

ORF-Korrespondentin Schaidreiter über Einigung im Verbrennerstreit

ORF-Korrespondentin Raffaela Schaidreiter spricht unter anderem über die Einigung im Verbrennerstreit. Des Weiteren bespricht sie was das nun für die Autobesitzerinnen und Autobesitzer bedeutet.

Dass es ein Schlupfloch brauche, „um die Zustimmung der Bremser & Blockierer, die einer alten #fossilen Ideologie nachtrauen (sic!), zu bekommen, ist schade & wird Europas #Autoindustrie schwächen. Dennoch bin ich froh, dass wir die wochenlange Blockade nun ausräumen konnten“.

EU-Grüne wollen Deal prüfen

Die Grünen im EU-Parlament wollen die Einigung nun genau unter die Lupe nehmen. „Wir werden den Vorschlag rechtlich und politisch sehr genau prüfen“, kündigte der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Rasmus Andresen, an. Er betonte aber auch, es sei gut, dass die Hängepartie endlich beendet sei.

Die Umweltorganisation Greenpeace reagierte am Samstag enttäuscht auf die Einigung. „Dieser faule Kompromiss untergräbt Klimaschutz im Verkehr, und er schadet Europa“, so der Mobilitätsexperte der Umweltorganisation in Deutschland, Benjamin Stephan. Die „dringend nötige Ausrichtung der Autobranche auf effiziente Elektromobilität“ werde mit der Einigung verwässert. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) habe die „rücksichtslose Erpressung der EU“ durch die FDP nicht gestoppt.