Wahlplakat der SPÖ
ORF.at/Carina Kainz
Parteivorsitz

73 Bewerbungen um SPÖ-Chefsessel

Das Rennen um den SPÖ-Parteivorsitz hat doch ungeahnte Ausmaße angenommen. Wie die Partei am Samstag bekanntgab, bewerben sich 73 Personen. Zudem verzeichnet die SPÖ nun rund 9.000 neue Mitglieder. Wie viele der Bewerberinnen und Bewerber dann tatsächlich auf dem Stimmzettel stehen, ist aber noch weiterhin offen.

Bis Freitag um Mitternacht konnten sich Interessierte bewerben, und das wurde offensichtlich auch in Anspruch genommen. 73 Personen bewarben sich für die Mitgliederbefragung um den Parteivorsitz, wie die Bundespartei Samstagnachmittag auf APA-Anfrage mitteilte.

Ob tatsächlich 73 Namen auf dem Stimmzettel stehen werden, ist noch offen. Bis zu den Gremiensitzungen von Präsidium und Vorstand am Montag würde die Liste gesichtet. Wie die SPÖ weiter vorgeht, werde dann entschieden. Ob auch alle Interessierten zugelassen werden, ist damit offen. Prinzipiell wäre es im Vorstand dann möglich, nicht nur Anwärter zu streichen, sondern auch gewisse Mindestanforderungen zu formulieren. Der oberösterreichische Landeschef Michael Lindner dachte etwa das Sammeln von Unterstützungserklärungen an.

Weitere Namen unbekannt

Unter den Bewerbern sind Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner, der burgenländische Landeshauptmann Hans Peter Doskozil und der Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler überregional bekannt.

Ihre Kandidatur angekündigt hatten auch der Burgenländer Berthold Felber und der Niederösterreicher Gerhard Weißensteiner, zwei unbeschriebene Blätter. Weitere Namen nannte die Partei am Samstag nicht. Am Freitag hatten Gerüchte die Runde gemacht, es könnten durchaus prominente Namen auftauchen. Politikberater Rudi Fußi etwa hatte eine Kandidatur zunächst nicht ausgeschlossen, am Freitagabend dann per Twitter aber abgesagt. Das Interesse scheint jedenfalls bei Männern deutlich größer. Unter den Bewerbungen sind nur vier von Frauen.

Die hohe Bewerberzahl erhöht die Gefahr, dass kein Bewerber bei der Befragung die absolute Mehrheit holt. Eine Stichwahl gilt aber aus unterschiedlichen Gründen als unwahrscheinlich. Einerseits kostet sie mehr Geld und zweitens wird es dann im gesamten Zeitplan eng.

Das Ringen um die Führung der Partei hat auch einen großen Mitgliederzulauf ausgelöst: Rund 9.000 kamen den rund 140.000 bisherigen Mitgliedern hinzu, sie dürfen wohl an der Mitgliederbefragung teilnehmen. Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sah darin ein „starkes Zeichen“ und bedankte sich bei den Mitarbeitern, die die Mitgliedsanträge bis in die Nachtstunden bearbeitet hätten.

Videos an die Mitglieder

Am Samstagvormittag hatte sich Rendi-Wagner bereits in einem Video an die Mitglieder gewandt. Darin warb sie für die eingeschlagene Vorgangsweise mit Mitgliederbefragung und Parteitag, damit „Debatten über uns selbst, die uns als Bewegung lähmen“, endgültig beendet werden können. Als Parteivorsitzende sei es ihr wichtig, „diese notwendigen Entscheidungen“ rasch zu treffen, „damit die drängenden Lösungen und Themen, die wir für unser Land haben, wieder im Vordergrund stehen“, sagte Rendi-Wagner. Mit den jüngsten Beschlüssen werde sichergestellt, dass es eine „demokratisch legitimierte Entscheidung“ gebe.

73 Bewerbungen um SPÖ-Parteivorsitz

Der Streit über den Parteivorsitz bescherte der SPÖ ein großes Bewerberfeld und Tausende neue Mitglieder.

Die SPÖ sei eine Partei der Zuversicht, weshalb sie die kommenden Wochen auch als Chance sehe, so Rendi-Wagner, die das Video mit einem „tief empfundenen“ Freundschaft und Glück auf beendete.

Auch Babler veröffentlichte in sozialen Netzwerken ein Video. Er wolle der Bewegung Stolz und Würde zurückgeben. „Es ist die Chance einer Aufrichtung der Sozialdemokratie“, so Babler. Er hatte sich am Freitag zuversichtlich gezeigt. Er würde gerne im ersten Wahlgang ohne Stichwahl gewinnen – mehr dazu in noe.ORF.at.

Abstimmung ab 24. April

Von 24. April bis 10. Mai können SPÖ-Mitglieder über die Parteiführung abstimmen. Die endgültige Entscheidung soll ein Sonderparteitag am 3. Juni bringen. Bei diesem könnte dann ohnehin auch jeder unterlegene Bewerber wieder ein Antreten versuchen, da die Befragung nicht bindend ist. Auch neue Namen könnten über die Delegierten ihr Glück versuchen.

Die Fragestellung für die Mitgliederbefragung soll sinngemäß lauten, ob Rendi-Wagner Vorsitzende und Spitzenkandidatin bei der nächsten Nationalratswahl werden soll oder eben ein anderer Kandidat oder eine andere Kandidatin.

Umfrage zeichnet differenziertes Bild

Eine OGM-Umfrage für den „Kurier“ (1.038 Befragte) widmet sich der Frage, ob Rendi-Wagner oder Doskozil in der Bevölkerung besser ankommen. Das Bild ähnelt dabei früheren Erhebungen. Bei der Wählerschaft insgesamt kommt der Landeshauptmann besser an, bei den roten Sympathisanten Rendi-Wagner. Bei letztere Gruppe ist der Abstand mit 41 zu 22 Prozent beachtlich. In der Gesamtbevölkerung kommt Doskozil auch nur auf Platz zwei. Hier glauben die Österreicher, dass man mit einem dritten Bewerber die besten Chancen bei der Nationalratswahl hätte. 37 Prozent vertreten diese Meinung, 29 sehen Doskozil in der Poleposition, nur 18 Prozent Rendi-Wagner.