Heute-Logo auf einem Gebäude
ORF/Michael Baldauf
Hausdurchsuchungen

WKStA ermittelt gegen Dichand und Kurz

Am Donnerstag hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Hausdurchsuchungen bei der Zeitung „Heute“ durchgeführt. Der ehemalige Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, hatte Herausgeberin Eva Dichand schwer belastet – sie dementiert alle Vorwürfe. Ermittlungen gibt es auch gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und acht weitere Personen. Auch Kurz wies am Freitag die Vorürfe zurück.

Am Donnerstag erhielt die „Heute“-Geschäftsführung in der Wiener Innenstadt Besuch von Ermittlern. In den Räumlichkeiten des die Gratiszeitung „Heute“ herausgebenden AHVV Verlags wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Entsprechende Berichte des Ö1-Mittagsjournals wurden am Nachmittag von der Geschäftsführung bestätigt. „Heute“ sei „an vollumfänglicher Kooperation mit den Ermittlungsbehörden gelegen, um bei der raschen Aufklärung des Sachverhalts behilflich zu sein“.

Die Ermittlungen stehen im Zusammenhang mit geschwärzten Seiten von Schmids Aussagen. Darin ging es um Inserate und um Änderungen bei einer Novelle des Stiftungsrechts. „Heute“ und Dichand wiesen alle Vorwürfe zurück.

Wie die WKStA noch bekanntgab, wurden in der Causa Ermittlungen gegen Kurz und acht weitere Personen sowie einen Verband eingeleitet. Es gehe um den Verdacht der Untreue, der Bestechlichkeit und Bestechung sowie bei zwei Personen auch um den Verdacht des Missbrauchs der Amtsgewalt. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Hausdurchsuchungen bei „Heute“

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft führte Hausdurchsuchungen bei der Zeitung „Heute“ durch. Diese könnten im Zusammenhang mit Aussagen von Thomas Schmid stehen, der Herausgeberin Eva Dichand schwer belastet.

Anstieg bei Inseraten

Die Vorwürfe lauten ähnlich wie schon in der Causa um die Zeitung „Österreich“. Eva Dichand habe bei Schmid interveniert, dieser habe sich hilfsbereit gezeigt, um Kurz gute Berichterstattung zu sichern. In einem Fall sei das Finanzministerium gegen eine bei Stiftern ungeliebte Novelle des Stiftungsrechts in Hinblick auf Veröffentlichungspflichten eingetreten.

So habe er Dichand geschrieben, dass man eine negative Stellungnahme zum Stiftungsgesetz abgeben werde, so Schmid laut Ö1. Dichand habe darauf geantwortet: „Danke für Info. Hoffe, sehr negativ“, woraufhin Schmid geschrieben habe: „Wir sagen, dass wir ein Paket und kein Stückwerk wollen und das daher ablehnen.“

Weiters habe sich Dichand ab 2017 beklagt, dass „Österreich“ bei Inseraten des Finanzministeriums gegenüber „Heute“ und „Kronen Zeitung“, die ihr Mann Christoph Dichand herausgibt, bevorzugt werde. Daraufhin habe Schmid den ehemaligen Leiter der Kommunikationsabteilung im Finanzressort, Johannes Pasquali, angewiesen, das Inseratenvolumen zugunsten von „Heute“ und „Kronen Zeitung“ zu verschieben, was auch geschehen sei.

Laut Medientransparenzdatenbank habe es nach 2017 einen sprunghaften Anstieg der Schaltungen des Finanzministeriums gegeben, und zwar von 800.000 auf 1,3 bis 1,6 Mio. Euro bei der „Krone“ und von 730.000 Euro auf 1,0 bis 1,2 Mio. Euro bei „Heute“.

Kurz sei stets über die Vorgänge – sowohl in Sachen Stiftungsrecht als auch bezüglich der Inserate – informiert gewesen, gab Schmid gegenüber der WKStA an. Die Treffen mit Eva Dichand seien immer im Vorfeld von Schmid und Kurz abgesprochen worden. Beispielhaft zitierte Ö1 eine Nachricht von Schmid an Kurz, die besage: „Hatte sehr langes und gutes Gespräch mit Eva Dichand und in der Folge mit Helmuth Fellner. Hier ist wirklich etwas gelungen. Beide stehen voll hinter dir. In dieser Form gab es das bei einem ÖVP-Kandidaten sicherlich noch nie.“

Wie der „Standard“ berichtete, habe Dichand „eine wohlwollende Berichterstattung“ für Kurz in Aussicht gestellt, „insbesondere in der immanent wichtigen Zeit des letztlich erfolgreichen Wahlkampfs“.

Dichand: Vorwürfe „FALSCH“

Dichand wandte sich via Twitter zu Wort: „Die Aussage von Thomas Schmitt (sic!) ich hätte positive Berichterstattung bei Heute und Kronen Zeitung (!?) im Gegenzug zu Inseraten vereinbart ist einfach FALSCH“, so Dichand. Das gelte auch in Bezug auf die Novellierung des Privatstiftungsgesetzes.

Weiters verwies Dichand darauf, dass „Heute“ seit elf Jahren von Christian Nusser geleitet wird, der Journalisten „gerne und jederzeit Auskunft darüber geben“ werde, ob Dichand Einfluss auf „den Inhalt zugunsten Sebastian Kurz/ÖVP genommen hätte“. Schmid versuche seinen Kronzeugenstatus zu erhalten und habe deswegen „diese falschen Anschuldigungen getätigt“, so Dichand.

Ähnlich der Verlag: „Die getätigten Vorwürfe eines Beschuldigten (!), der Kronzeugenstatus anstrebt, sind nachweislich falsch. Das werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Niemals wurde seitens der Geschäftsführung der AHVV Verlags GmbH eine positive Berichterstattung im Gegenzug zu Inseratenschaltungen avisiert.“

Die Redaktion, die von der Hausdurchsuchung nicht betroffen gewesen sei, „weist den Vorwurf von Gefälligkeitsberichterstattung auf das Schärfste zurück. Sämtliche Redakteurinnen und Redakteure des Hauses anerkennen den Ehrenkodex der österreichischen Presse und fühlen sich ausschließlich den ‚Heute‘-Leserinnen und -Lesern verpflichtet. Dieser redaktionelle Kurs gilt unverändert seit 19 Jahren.“

Chefredakteur: Dichand nimmt „null Einfluss“

„Heute“-Chefredakteur Nusser twitterte u. a.: „Jeder, der mich einigermaßen kennt, weiß, dass ich auf Interventionen allergisch reagiere, egal woher sie kommen, und das durchaus mit einer gewissen Härte. (…) Ich bin für den Inhalt von ‚Heute‘ zu 100 Prozent verantwortlich, Frau Dr. Dichand nimmt null Einfluss auf meine redaktionellen Tagesentscheidungen, sie sitzt zu keiner Stunde im Newsroom.“ Er gebe allerdings zu: „Der öffentliche Eindruck, der nun erweckt wird, ist bitter für die Redaktion und auch für mich.“

Seitens der WKStA wurden am Donnerstagabend „Hausdurchsuchungen bzw. Sicherstellungen an mehreren Unternehmensstandorten in Wien“ bestätigt. Zudem wurde bekanntgegeben, dass Amtshilfeersuchen an zwei Bundesministerien gestellt wurden.

Inhalt der weiteren Ermittlungen sei der Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung zwischen Amtsträgern der Republik Österreich sowie insbesondere zwei österreichischen Medienunternehmen, wobei „Heute“ und „Kronen Zeitung“ gemeint sein dürften, da die WKStA deutlich machte, dass die nun in Verdacht stehenden Inseratenschaltungen „etwa der Verschleierung der bereits seit Oktober 2021 bekannten (nach der Verdachtslage) korruptiven Vereinbarung mit einem anderen Medium und der Vermarktung politischer Inhalte gedient haben“.

Auch Kurz weist Vorwürfe zurück

Am Freitag meldete sich auch Ex-Kanzler Kurz zu den Vorwürfen zu Wort und schrieb auf Facebook, dass die ihn belastenden Vorwürfe von Ex-ÖBAG-Chef Schmid, darunter etwa Inserate im Gegenzug für wohlwollende Berichterstattung, „frei erfunden“ seien. Auch Kurz stellte den Vorwurf in den Raum, dass Schmid „durch Vorwürfe gegen andere den Kronzeugenstatus erlangen möchte und so versucht, straffrei auszugehen“.