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Die WKStA-Vorwürfe in der Causa Dichand

Am Tag nach der von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) durchgeführten Hausdurchsuchung bei „Heute“ gibt die mehreren Medien vorliegende Durchsuchungsanordnung neue Einblicke in die im Raum stehenden Vorwürfe. Die Rede ist von einem möglichen „Deal“, bei dem es positive Berichterstattung über den damals aufstrebenden ÖVP-Politiker Sebastian Kurz als Gegenleistung für teils nutzlose Inserate und sonstige Vorteile gegeben haben soll.

Hinter den Sachverhaltsannahmen stehen Angaben des ehemaligen Generalsekretärs im Finanzministerium, Thomas Schmid, die sich nach einer ersten stichprobenartigen Überprüfung mit anderen Beweisquellen decken würden, berichtete am Freitag das Ö1-Mittagsjournal mit Verweis auf die Durchsuchungsanordung. Ermittelt wird laut Anordnung gegen neun Beschuldigte, darunter neben Kurz auch das Verlegerehepaar Eva und Christoph Dichand, die Herausgeber von „Heute“ bzw. „Kronen Zeitung“. Für alle gilt die Unschuldsvermutung.

Wie das Mittagsjournal verwies auch das Wiener Wochenmagazin „Falter“ am Freitag auf „ungewöhnlich hohe Einschaltungen“ bei einem „weithin unbekannten“ Produkt des „Heute“-Verlags, dem auch in Deutschland und der Schweiz erscheinenden Reisemagazin „Connoisseur Circle“.

Eine Kombibuchung für alle drei Länder machte laut „Falter“ selbst den Mitarbeiter der Schaltagentur stutzig, weswegen er sich noch einmal eine Extrabestätigung für den Auftrag geholt habe. Fragwürdige Inseratenschaltungen beschäftigen jedenfalls auch die WKStA-Ermittler. Konkret „sollen Amtsträger der Republik Österreich Inseratenschaltungen in erheblichem Umfang entgegen den Interessen der Republik Österreich und ohne konkretes allgemeines Informationsbedürfnis in Auftrag gegeben haben“, teilte die Behörde am Donnerstag per Aussendung mit.

„Wir können auch anders“

Die Durchsuchungsanordnung stellt offenbar auch in den Raum, dass sich die „Heute“-Herausgeberin zunächst bei Schmid über eine „Unverhältnismäßigkeit“, konkret „zu wenig Inserate“ des Finanzministeriums bei „Heute“ und der „Krone“, beschwert und dem damaligen Finanzministeriumsgeneralsekretär mit „wir können auch anders“ gedroht habe.

„Damit meinte sie, dass im Falle der Nichtentsprechung ihrer Wünsche die Berichterstattung in ihren Medien entsprechend schlechter ausfallen werde (…)“, zitierte das „profil“ am Freitag aus dem Akt, in dem es dem Nachrichtenmagazin zufolge auch heißt, dass „Kurz ein gutes Verhältnis zu den Dichands außerordentlich wichtig war“ und dieser Schmid darin bestärkt habe, „die Anliegen der Dichands entsprechend zu berücksichtigen“.

Die genannten „Anliegen“ hätten sich nicht nur auf Inserate bezogen, heißt es im „profil“ unter Verweis auf die 2017 in Arbeit befindliche Novelle des Privatstiftungsgesetzes. „Für Dr. Eva Dichand war wichtig, dass ihre Interessen und die Interessen ihr gleichgesinnter Personen (…) bei der Novellierung des Privatstiftungsgesetzes Berücksichtigung und in den Gesetzesprozess Eingang finden.“

Die WKStA-Vorwürfe in der Causa Dichand

Am Tag nach der von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) durchgeführten Hausdurchsuchung bei „Heute“ gibt die mehreren Medien vorliegende Durchsuchungsanordnung neue Einblicke in die im Raum stehenden Vorwürfe. Die Rede ist von einem möglichen „Deal“, bei dem es positive Berichterstattung über den damals aufstrebenden ÖVP-Politiker Sebastian Kurz als Gegenleistung für teils nutzlose Inserate und sonstige Vorteile gegeben haben soll.

Anstieg bei Inseraten

Laut Medientransparenzdatenbank habe es nach 2017 einen sprunghaften Anstieg der Schaltungen des Finanzministeriums gegeben, und zwar von 800.000 auf 1,3 bis 1,6 Mio. Euro bei der „Krone“ und von 730.000 Euro auf 1,0 bis 1,2 Mio. Euro bei „Heute“.

Kurz sei stets über die Vorgänge – sowohl in Sachen Stiftungsrecht als auch bezüglich der Inserate – informiert gewesen, gab Schmid gegenüber der WKStA an. Die Treffen mit Eva Dichand seien immer im Vorfeld von Schmid und Kurz abgesprochen worden. Beispielhaft zitierte Ö1 eine Nachricht von Schmid an Kurz, die besage: „Hatte sehr langes und gutes Gespräch mit Eva Dichand und in der Folge mit Helmuth Fellner. Hier ist wirklich etwas gelungen. Beide stehen voll hinter dir. In dieser Form gab es das bei einem ÖVP-Kandidaten sicherlich noch nie.“

Dichand: Vorwürfe „FALSCH“

Dichand wandte sich via Twitter zu Wort: „Die Aussage von Thomas Schmitt (sic!) ich hätte positive Berichterstattung bei Heute und Kronen Zeitung (!?) im Gegenzug zu Inseraten vereinbart ist einfach FALSCH“, so Dichand. Das gelte auch in Bezug auf die Novellierung des Privatstiftungsgesetzes.

Weiters verwies Dichand darauf, dass „Heute“ seit elf Jahren von Christian Nusser geleitet wird, der Journalisten „gerne und jederzeit Auskunft darüber geben“ werde, ob Dichand Einfluss auf „den Inhalt zugunsten Sebastian Kurz/ÖVP genommen hätte“. Schmid versuche seinen Kronzeugenstatus zu erhalten und habe deswegen „diese falschen Anschuldigungen getätigt“, so Dichand.

Ähnlich der Verlag: „Die getätigten Vorwürfe eines Beschuldigten (!), der Kronzeugenstatus anstrebt, sind nachweislich falsch. Das werden die weiteren Ermittlungen zeigen. Niemals wurde seitens der Geschäftsführung der AHVV Verlags GmbH eine positive Berichterstattung im Gegenzug zu Inseratenschaltungen avisiert.“

Die Redaktion, die von der Hausdurchsuchung nicht betroffen gewesen sei, „weist den Vorwurf von Gefälligkeitsberichterstattung auf das Schärfste zurück. Sämtliche Redakteurinnen und Redakteure des Hauses anerkennen den Ehrenkodex der österreichischen Presse und fühlen sich ausschließlich den ‚Heute‘-Leserinnen und -Lesern verpflichtet. Dieser redaktionelle Kurs gilt unverändert seit 19 Jahren.“

Chefredakteur: Dichand nimmt „null Einfluss“

„Heute“-Chefredakteur Nusser twitterte u. a.: „Jeder, der mich einigermaßen kennt, weiß, dass ich auf Interventionen allergisch reagiere, egal woher sie kommen, und das durchaus mit einer gewissen Härte. (…) Ich bin für den Inhalt von ‚Heute‘ zu 100 Prozent verantwortlich, Frau Dr. Dichand nimmt null Einfluss auf meine redaktionellen Tagesentscheidungen, sie sitzt zu keiner Stunde im Newsroom.“ Er gebe allerdings zu: „Der öffentliche Eindruck, der nun erweckt wird, ist bitter für die Redaktion und auch für mich.“

Seitens der WKStA wurden am Donnerstagabend „Hausdurchsuchungen bzw. Sicherstellungen an mehreren Unternehmensstandorten in Wien“ bestätigt. Zudem wurde bekanntgegeben, dass Amtshilfeersuchen an zwei Bundesministerien gestellt wurden.

Inhalt der weiteren Ermittlungen sei der Verdacht einer strafrechtlich relevanten Vereinbarung zwischen Amtsträgern der Republik Österreich sowie insbesondere zwei österreichischen Medienunternehmen, wobei „Heute“ und „Kronen Zeitung“ gemeint sein dürften, da die WKStA deutlich machte, dass die nun in Verdacht stehenden Inseratenschaltungen „etwa der Verschleierung der bereits seit Oktober 2021 bekannten (nach der Verdachtslage) korruptiven Vereinbarung mit einem anderen Medium und der Vermarktung politischer Inhalte gedient haben“.

Auch Kurz weist Vorwürfe zurück

Am Freitag meldete sich auch Ex-Kanzler Kurz zu den Vorwürfen zu Wort und schrieb auf Facebook, dass die ihn belastenden Vorwürfe von Ex-ÖBAG-Chef Schmid, darunter etwa Inserate im Gegenzug für wohlwollende Berichterstattung, „frei erfunden“ seien. Auch Kurz stellte den Vorwurf in den Raum, dass Schmid „durch Vorwürfe gegen andere den Kronzeugenstatus erlangen möchte und so versucht, straffrei auszugehen“.