Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen und Sprecher der Weißen Hauses Kevin McCarthy
Reuters/David Swanson
Nach Taiwans USA-Besuch

China kündigt „entschlossene“ Reaktion an

China hat das Treffen von Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen mit dem Vorsitzenden des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, scharf kritisiert und eine „entschlossene“ Reaktion angekündigt. China werde auf „den schwerwiegenden Fehler der geheimen Absprache zwischen den USA und Taiwan“ mit „wirksamen und entschlossenen Maßnahmen“ reagieren. China kündigte eine Inspektion der Schiffe in der Taiwanstraße an, Taiwan meldete die Sichtung eines chinesischen Hubschraubers und dreier Kriegsschiffe.

Das Treffen im US-Staat Kalifornien sei ein „schwerer Verstoß gegen die Ein-China-Politik“ gewesen, so das Außenministerium nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua am Donnerstag weiter. Teil der Ein-China-Politik ist es, Peking als alleinigen Repräsentanten Chinas anzuerkennen.

Peking betrachtet seit der Spaltung zwischen Festland-China und Taiwan im Jahr 1949 die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will – notfalls mit militärischer Gewalt. Die Taiwan-Frage sei „eine rote Linie, die in den Beziehungen zwischen China und den USA nicht überschritten werden darf“, fügte das Außenministerium hinzu.

Auch das chinesische Verteidigungsministerium verurteilte das Treffen. „Wir lehnen jede Form der offiziellen Interaktion zwischen den Vereinigten Staaten und Taiwan sowie jeden Besuch eines führenden Vertreters Taiwans in den USA (…) entschieden ab“, erklärte das Ministerium laut Xinhua. Bereits im Vorfeld des Tsai-Besuchs hatte China die USA davor gewarnt, „mit dem Feuer zu spielen“. Es drohe eine „ernsthafte Konfrontation“.

Sprecher der Weißen Hauses Kevin McCarthy
Reuters/David Swanson
McCarthy sprach sich am Mittwoch für eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den USA und Taiwan aus

Chinesischer Hubschrauber entdeckt

Taiwans Verteidigungsministerium meldete indes, dass ein chinesischer Hubschrauber und drei Kriegsschiffe in der Nähe der Insel entdeckt worden seien. „Ein Hubschrauber und drei Schiffe der chinesischen Armee wurden heute um 6.00 Uhr in der Früh in der Nähe von Taiwan entdeckt“, hieß es am Donnerstag in einer Erklärung des Ministeriums. Taiwanische Streitkräfte würden „auf diese Aktivitäten reagieren“, hieß es weiter.

Chinesische Behörden hatten zuvor erklärt, die Patrouillen in den Gewässern zwischen dem Festland und der Insel zu verstärken, ohne jedoch nähere Angaben zu machen.

Schiffsinspektionen in Taiwanstraße

Inmitten der Spannungen hat China zudem eine Inspektion aller Schiffe in der Taiwanstraße angekündigt. Die Operation umfasse „Vor-Ort-Inspektionen“ von Frachtschiffen und Bauschiffen auf beiden Seiten der Taiwanstraße, „um die Sicherheit der Schifffahrt zu gewährleisten und den sicheren und ordnungsgemäßen Betrieb von Schlüsselprojekten auf dem Wasser sicherzustellen“, erklärte die für die Sicherheit im Seeverkehr zuständige Behörde in der südostchinesischen Provinz am Mittwoch.

Hafen in Koahsiung
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Taiwanische Schifffahrtsunternehmen wurden angewiesen, chinesische Anfragen zum Betreten der Schiffe abzulehnen

Das taiwanische Verkehrsministerium legte umgehend Protest gegen die Kontrollen ein. Taiwans Verkehrsminister habe Schifffahrtsunternehmen angewiesen, chinesische Anfragen zum Betreten taiwanischer Schiffe abzulehnen und unverzüglich die taiwanische Küstenwache zu informieren, teilte die Regierung in Taipeh mit.

Zu den betroffenen Routen gehören die direkte Containerstrecke von Pingtan nach Taiwan, die Passagierfähren zu den taiwanischen Kinmen- und Matsu-Inseln nahe dem chinesischen Festland, die übliche Seeroute durch die Taiwanstraße, Gebiete für Handels- und Fischereifahrzeuge sowie Abschnitte, in denen häufig illegaler Sandabbau betrieben wird.

Taiwan: Beweis, dass wir nicht isoliert sind

Tsai war am Mittwoch in den USA durch eine große Gruppe von Parlamentariern von McCarthys Republikanischer Partei und der Demokratischen Partei von Präsident Joe Biden empfangen worden. Die taiwanische Präsidentin nannte den Empfang einen Beweis, dass Taiwan Freunde in der internationalen Gemeinschaft habe und „dass wir nicht isoliert und nicht allein sind“.

McCarthy sei „optimistisch“, dass die USA und Taiwan weiter Wege finden würden „zusammenzuarbeiten, um wirtschaftliche Freiheit, Demokratie, Frieden und Stabilität in Asien zu fördern“. Ein gemeinsamer Glaube an Demokratie und Freiheit sei „das Fundament“ einer dauerhaften Beziehung, so McCarthy zu Tsai.

US-Außenminister Antony Blinken hatte China zuletzt aufgefordert, wegen des Zwischenstopps von Taiwans Präsidentin Tsai in den USA die Spannungen nicht weiter anzuheizen. „Das heißt im Klartext, dass Peking den Transit nicht als Vorwand für Maßnahmen zur Verschärfung der Spannungen (…) nutzen sollte“, so Blinken am Mittwoch im Brüssel. Durchreisen von hochrangigen taiwanischen Politikerinnen und Politikern seien nichts Neues. „Sie sind privat, sie sind inoffiziell.“ Das gelte auch für entsprechende Treffen.

„Stilles“ Treffen mit Senatoren in New York

Tsai, die Dienstagabend auf ihrer Rückreise von einer Mittelamerikavisite in Los Angeles eingetroffen ist, hatte bereits vergangene Woche einen Zwischenstopp in New York gemacht. Erst später wurde bekannt, dass sich Tsai bereits zu diesem Zeitpunkt mit einer parteiübergreifenden Gruppe von Senatoren getroffen hat.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen und Sprecher der Weißen Hauses Kevin McCarthy bei einem Meeting in der Ronald-Reagan-Präsidentenbibliothek
AP/Ringo H.w. Chiu
In der Ronald-Reagan-Bibliothek kam es zu einem Treffen der Politikerinnen und Politiker

Dan Sullivan aus dem US-Bundesstaat Alaska, dessen republikanischer Amtskollege Jone Ernst aus Iowa und der demokratische Senator Mark Kelly aus Arizona brachten bei dem „stillen“ Treffen ihre Unterstützung für Taiwans Demokratie zum Ausdruck, wie die „Washington Post“ am Dienstag berichtete. Thema des Treffens sei auch ein Gesetzesvorhaben gewesen, das im Falle einer Invasion Taiwans strenge wirtschaftliche und finanzielle Sanktionen gegen China vorsehe.

Sullivan sprach der Zeitung zufolge von „einem enormen Druck“ Chinas auf Taiwan und fügte mit Blick auf Tsais USA-Besuch an: „Wenn ein Führer einer so bedeutenden Demokratie in unser Land kommt, ist es wichtiger denn je, dafür zu sorgen, dass die Diktatoren in Peking nicht diktieren, mit wem wir uns treffen können und mit wem nicht, insbesondere auf amerikanischem Boden.“

„Verletzt Nationalgefühle von 1,4 Milliarden Chinesen“

China hatte die USA im Vorfeld mit deutlichen Worten davor gewarnt, dass der Empfang von Taiwans Präsidentin durch den Abgeordnetenhaussprecher McCarthy die Beziehungen zwischen den beiden Ländern weiter verschlechtern werde. Das Treffen werde „die Nationalgefühle von 1,4 Milliarden Chinesen stark verletzen“, untergrabe „die politische Grundlage der China-USA-Beziehungen“ und werde die Beziehungen „weiter beschädigen“, teilte ein Sprecher des chinesischen Konsulats in Los Angeles Anfang der Woche mit.

Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen
APA/AFP/Getty Images/Mario Tama
Es ist das erste Treffen auf dieser Ebene seit 1979

Ein Taiwan-Besuch von McCarthys Vorgängerin an der Spitze des Repräsentantenhauses, der Demokratin Nancy Pelosi, hatte im vergangenen Jahr für enorme Spannungen gesorgt. Im August 2022 hatte China als Reaktion auf Pelosis Taiwan-Besuch umfangreiche Militärmanöver um die Inseln durchgeführt.

Peking wertet ein Treffen auf solch hoher politischer Ebene als Abkehr vom Prinzip der an sich auch von den USA anerkannten Ein-China-Politik, die alle Staaten, die diplomatische Beziehungen zur Volksrepublik China halten, anerkennen müssen. Die USA sind gleichzeitig der wichtigste Verbündete des demokratisch organisierten Taiwan.

Angespannte Beziehung zwischen China und USA

Das Tsai-McCarthy-Treffen fand nun auch zu einem prekären Zeitpunkt in den Beziehungen zwischen den USA und China statt. Inmitten aufflammender Spannungen, die von einem abgeschossenen mutmaßlichen chinesischen Überwachungsballon bis hin zu Halbleiterlieferketten reichen, waren die USA und Peking nach den Worten von CNN zuletzt um eine „Stabilisierung ihrer Kommunikation“ bemüht.

Taiwans Präsidentin traf US-Spitzenpolitiker

Ungeachtet chinesischer Kritik und Drohungen hat der Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, in Kalifornien Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen getroffen.

Sollte Peking nun ähnlich „ausschlagen“ wie nach dem Tsai-Pelosi-Treffen, seien dem US-Sender zufolge diese Annäherungsversuche wohl wieder hinfällig. Taiwan leide jedenfalls „noch immer unter den Folgen dieser Reaktion vom August letzten Jahres, da chinesische Streitkräfte nun regelmäßig die zuvor informelle, aber weitgehend respektierte Kontrollgrenze zwischen Peking und Taipeh in der Meerenge von Taiwan überschreiten“.