Der chinesische Präsident Xi Jinping, der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
AP/Ludovic Marin
Ukraine-Krieg

Appelle und Warnungen an China

Europa zählt im Krieg in der Ukraine auf den Einfluss Chinas auf Russland. Das haben am Donnerstag auch Treffen zwischen dem chinesischen Staatschef Xi Jinping, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron klargemacht. Macron appellierte an China als Vermittler, wobei Russland vorerst ablehnte. Von der Leyen warnte vor Waffenlieferungen nach Russland.

China hat als wirtschaftlich und militärisch starker Verbündeter einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf Russland – und Frankreich jedenfalls will diesen für eine Lösung des Konflikts in der Ukraine nutzen. Bei einem Besuch in Peking betonte Macron gegenüber seinem chinesischen Amtskollegen Xi am Donnerstag die „wichtige Rolle“ der Volksrepublik dabei.

„Ich weiß, ich kann auf Sie zählen.“ Zählen dahingehend, sagte Macron, „Russland wieder zur Vernunft und alle an den Verhandlungstisch zu bringen“. Die „russische Aggression gegen die Ukraine“ sei ein „Schlag für die Stabilität“, so Macron. „Ich bin fest davon überzeugt, dass China eine wichtige Rolle bei der Schaffung von Frieden spielt.“

Macron und von der Leyen bei Xi

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ersuchten Chinas Präsidenten Xi Jinping, im Ukraine-Krieg eine Vermittlerrolle einzunehmen.

Von der Leyen erinnert an internationales Recht

„Den Aggressor zu bewaffnen, wäre gegen internationales Recht, und es würde unsere Beziehungen erheblich schädigen“, warnte Kommissionschefin von der Leyen. Als ständiges Mitglied im UNO-Sicherheitsrat habe Peking eine große Verantwortung.

„Wir erwarten, dass China seine Rolle spielt und einen gerechten Frieden unterstützt – einer, der die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine respektiert, einen der Eckpfeiler der UNO-Charta“, so die Eu-Kommissionschefin. Das Treffen mit ihr fand im Anschluss an den Termin Macrons mit Xi statt.

Roter Teppich und militärische Ehren für Macron

Macron war in Peking mit militärischen Ehren empfangen worden. Der chinesische Präsident lobte seinerseits die Beziehungen zwischen beiden Ländern, bei denen eine „positive und regelmäßige Entwicklung“ zu verzeichnen sei. Xi verwies auch darauf, dass die Welt heute „einen historisch tiefgreifenden Wandel“ erlebe. Beide forderten rasche Friedensgespräche für die Ukraine, „so bald wie möglich“, und bekräftigten ihre Ablehnung gegenüber dem Einsatz von Nuklearwaffen in dem Konflikt.

Staatsempfang für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Peking (in Begleitung des chinesischen Präsidenten Xi Jinping
Reuters/Ng Han Guan
Empfang mit rotem Teppich und militärischen Ehren für Macron in Peking

Moskau sieht aktuell keine Chance

Moskau schloss eine Vermittlung durch China allerdings derzeit aus. „Bisher gibt es keine Aussichten auf eine politische Lösung“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Die Situation mit der Ukraine sei „komplex“, sagte er am Donnerstag. Aktuell sieht Russland laut seinen Worten „keine anderen Möglichkeiten als die Fortsetzung der Spezialoperation“ – ein Euphemismus des Kreml für den russischen Krieg gegen die Ukraine.

Der chinesische Präsident Xi Jinping, der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
Reuters/Ludovic Marin
Nach dem Termin mit Macron gab es ein Treffen mit EU-Kommissionschefin von der Leyen

Xi will „zu gegebener Zeit“ mit Selenskyj telefonieren

Von französischer Seite hieß es, der chinesische Präsident sei „zu gegebener Zeit“ auch bereit, mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu telefonieren. China wolle mit Frankreich zusammenarbeiten, um eine Verhandlung zur Beendigung des Krieges in der Ukraine zu erreichen. Auch Macron habe Xi gedrängt, nichts zu liefern, was Russland „in seinem Krieg in der Ukraine“ verwenden könnte. Mehrfach war Peking zuletzt, vor allem seitens der USA, unterstellt worden, Russland mit Waffennachschub zu versorgen.

Von der Leyen: China von „großer Bedeutung für Europa“

Von der Leyen traf in Peking auch mit dem neuen chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang zusammen. Zu Beginn des Gesprächs am Donnerstag wies sie darauf hin, dass China und die EU stark von ihrer gewachsenen Kooperation profitiert hätten, doch seien die Beziehungen in den vergangenen Jahren „komplexer“ geworden.

Es sei deswegen wichtig, alle Aspekte zu diskutieren, was der EU und China helfen werde, „durch ein schwieriges und unberechenbares Umfeld zu steuern“. China sei von „großer Bedeutung für Europa“, sagte die EU-Kommissionspräsidentin. Es gebe gegenseitige Abhängigkeiten und eine lange gemeinsame Geschichte.

In der Diskussion über den Ukraine-Konflikt wolle er versuchen, „China hinsichtlich einer gemeinsamen Verantwortung für Frieden und Stabilität einzubinden“, hatte Macron zuvor in einer Rede erklärt. Er verwies dabei auf die engen Beziehungen zwischen China und Russland. Peking habe die Einhaltung der UNO-Charta bekräftigt, wozu auch territoriale Integrität und Souveränität einzelner Länder gehörten. „Diese zu verteidigen bedeutet, auch zusammen voranzugehen und zu versuchen, einen Pfad zum Frieden zu finden.“

Pekings Friedensplan für Macron zumindest „interessant“

Macron verwies auch auf das im Februar vorgelegte chinesische Positionspapier zum Ukraine-Konflikt: „Stimmen wir damit in Gänze überein? Nein, aber es ist interessant“, sagte er. „Es zeigt seine Bereitschaft, sich darauf einzulassen, den Konflikt zu lösen.“

Macron und von der Leyen besuchen China

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sind am Donnerstag in Peking zu Gesprächen mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping zusammengekommen. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und die Wirtschaftsbeziehungen stehen im Mittelpunkt des Treffens.

Das Zwölfpunktedokument ruft zu einem Waffenstillstand und einer Wiederaufnahme von Verhandlungen auf. Es war international allerdings kritisch aufgenommen worden, weil es keine Initiative zur Lösung des Konflikts erkennen ließ, die Invasion nicht verurteilte und mit Kritik am Westen auch die russische Argumentation wiedergab.

Seit dem Einmarsch in die Ukraine vor mittlerweile mehr als einem Jahr gibt China Russlands Präsidenten Wladimir Putin politisch Rückendeckung. Der Schulterschluss spiegelt auch die geostrategische Rivalität mit den USA wider. Diese und die NATO werden als Hauptschuldige des Konflikts dargestellt. Während Xi vor zwei Wochen in Moskau mit Putin zusammengetroffen war, gab es seit Beginn des Krieges im Februar 2022 nicht einmal ein Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj.

Diplomatie und Differenzen

Auch die Beziehungen zwischen Europa und China sind deswegen auf einem Tiefpunkt angelangt. Zusätzlich gibt es Differenzen über eine Schieflage in den Handelsbeziehungen, Menschenrechtsverletzungen in China, Territorialansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer sowie Chinas Drohungen gegen Taiwan.

der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen
AP/Ludovic Marin
Die Beziehungen sind gespannt – Europa muss trotzdem auf China zugehen

Macron sprach sich trotzdem explizit gegen eine Abkopplung von China aus. Sicher gebe es eine Rivalität mit der EU, aber beide Seiten müssten in wichtigen internationalen Fragen zusammenarbeiten. Ähnlich äußerte sich von der Leyen: „Ich glaube, es ist weder umsetzbar noch im Interesse Europas, sich von China abzukoppeln. Unsere Beziehungen sind nicht entweder schwarz oder weiß – und auch unsere Antwort kann es nicht sein. Deshalb müssen wir uns auf die Risikominderung anstatt Entkopplung konzentrieren.“