Satellitenbild des Seewinkels im Burgenland
Sentinel Hub
Ausgetrocknete Lacken

Satellitenmonitoring für Seewinkel

Für den von Trockenheit und Dürre besonders betroffenen Seewinkel im Burgenland lassen hohe Wintertemperaturen und die niedrigen Grundwasserpegel auch weiterhin wenig Besserung erahnen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts wird die Lage in der Region auch mittels Satellitendaten überwacht – die teilweise nun auch für Prognosen taugen.

Die Region rückte im Sommer des Vorjahres verstärkt in den Fokus. Damals führten die ausgebliebenen Niederschläge, die schon über mehrere Jahre anhaltenden niedrigen Grundwasserstände und die zunehmende Konkurrenz um Wasser, etwa ausgehend vom Tourismus und der Landwirtschaft, auch zur Austrocknung vieler Salzlacken im Nordburgenland.

Betroffen war auch der nach wie vor ausgetrocknete St. Andräer Zicksee, wobei hier eine großangelegte Fischübersiedlungsaktion im Vorjahr für großes mediales Aufsehen sorgte. Bei den Lacken handelt es sich um in unseren Breiten einzigartige Ökosysteme, die es so nur in Steppenregionen gibt.

Rund 40 Lacken unter Beobachtung

Ein wiederkehrendes, zeitlich begrenztes Austrocknen gehört zur Existenz dieser Gewässer, wie der heute bei der GeoSphere Austria tätige und am Projekt „Fernerkundungsbasiertes Monitoring und datengetriebene Modellierung der Wasserflächen im Nationalpark Neusiedler See – Seewinkel“ (FEMOWinkel) beteiligte Forscher Stefan Schlaffer im APA-Gespräch erklärte. Er hatte sich zuvor schon mit dem Monitoring der Situation von Feuchtgebieten in der nordamerikanischen Prärie mittels Satellitendaten beschäftigt.

Da lag es nahe, sich auch der Frage zu widmen, was aus Fernerkundungsdaten heraus über die rund 40, höchstens 70 Zentimeter tiefen Salzlacken im Seewinkel herausgelesen werden kann. Diese seien nur zum kleinen Teil mit automatischen Pegelmessgeräten ausgestattet, so Schlaffer. Die Satellitendaten können dabei behilflich sein, das Monitoring der übrigen Lacken besser zu gestalten.

„Detailliert und sehr gut“

Mit den seit einigen Jahren in sehr hoher Auflösung verfügbaren Daten aus dem europäischen Erdbeobachtungsprogramm Copernicus könne man schon viel anfangen. Anders ist das bei Informationen aus dem Landsat-Programm des US Geological Survey (USGS). „Damit kommen wir zurück bis 1984“, sagte Schlaffer.

Trotz der etwas gröberen Auflösung funktioniere das Monitoring und die Analyse der monatlichen Unterschiede zwischen den einzelnen Lacken „detailliert und sehr gut“, so die ebenfalls am Projekt beteiligten Wissenschaftler Henri Schauer und Wouter Dorigo von der Forschungsgruppe Klima- und Umweltfernerkundung (CLIMERS) der TU Wien.

Das Team verband die langen Zeitreihen der Satellitendaten mit verfügbaren Wetterinformationen und Grundwassermessungen der Behörden. Mit Methoden des maschinellen Lernens ging man dann daran, ein Modell zur Lackenausdehnung zu entwickeln, das auch Vorhersagen bis einige Monate im Voraus erlauben sollte.

Prognose für ein halbes Jahr

Es zeigte sich, dass die Forscher die Entwicklung der Lacken rund ein halbes Jahr in die Zukunft mit im Schnitt 80-prozentiger Genauigkeit einschätzen konnten, erklärte Schauer – auch wenn man bei der Interpretation sehr aufpassen sollte. Denn: „Der Seewinkel und die Salzlacken sind sehr heterogen.“ Bei manchen wird sogar aktiv Wasser zugeführt. „Das heißt, die Hydrologie dieser Lacken ist nicht mehr natürlich“, so Schauer. Andere Gewässer hätten starke Verbindungen zum Grundwasser und führen meistens Wasser, wieder andere fallen regelmäßig trocken.

Da Daten zur Wassernutzung durch den Menschen fehlen, funktioniere die Prognose bei möglichst natürlich belassenen Lacken besser. Insgesamt entpuppte sich die Entwicklung des Grundwasserspiegels als „von großer Bedeutung“ für die Treffsicherheit der Wasserflächenprognosen. Die Vorschauen für heuer schauen aufgrund der aktuell erneut niedrigen Grundwasserspiegel in der Region „nicht gut aus“, sagte Dorigo. Während sich kleinere Lacken im nördlichen Teil des Seewinkels über den Winter wieder gefüllt haben, blieb z. B. der Zicksee trocken, wie die Satellitendaten zeigen.

Extremwetter

Zwar lassen sich einzelne Extremereignisse nicht direkt auf eine bestimmte Ursache zurückführen, klar ist laut Weltklimarat aber: Durch die Klimakrise werden Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen, Stürme und Hitze häufiger und intensiver. Das heißt: Niederschläge und Stürme werden stärker, Hitzewellen heißer und Dürren trockener.

Undichte Lackenböden nicht erfassbar

Ob die Effekte des Klimawandels – steigende Temperaturen bei im Schnitt eher gleichbleibenden Niederschlägen in der Region – oder die auch aus anderen Gründen, z. B. Wasserentnahme durch den Menschen, unter Druck geratenen Grundwasserreserven den Lacken am stärksten zusetzen, lasse sich nicht klar beantworten, betonte Schlaffer.

Mit dem Modell nicht abschätzbar sei das vor allem bei langer Trockenheit drohende Undichtwerden der Lackenböden, das dazu führt, dass diese auch nach starken Niederschlägen „nicht mehr anspringen“ und das durch das Salz geprägte Ökosystem durch andere Flora und Fauna ersetzt wird, so die Wissenschafter. Interesse an den Forschungen der Gruppe hätte jetzt der Nationalpark Seewinkel geäußert. Auch mit zuständigen Behörden suche man den Austausch.