Ukrainische Soldaten
Reuters/Violeta Santos Moura
Neue US-Dokumente im Netz

Kiew sieht russische Desinformation

Erneut sollen US-Militärgeheimnisse im Netz aufgetaucht sein. Wie mehrere US-Medien berichten, enthielten die Dokumente etwa Informationen über die Luftverteidigungsfähigkeiten der Ukraine. Das US-Justizministerium leitete Ermittlungen ein. Kiew bezeichnete die Dokumente neuerlich als Fälschung und Teil einer russischen Desinformationskampagne.

Die mehr als 100 als geheim eingestuften Dokumente wurden laut „New York Times“ unter anderem auf Twitter veröffentlicht. Die Dokumente erweckten den Anschein, als stammten sie vom US-Militär und von Geheimdiensten, schrieb das „Wall Street Journal“ („WSJ“).

Das Pentagon untersuche die Angelegenheit, sagte eine Sprecherin des US-Verteidigungsministeriums dem „WSJ“. Das Gleiche gelte für den Auslandsgeheimdienst CIA. Auch das US-Justizministerium leitete Ermittlungsschritte ein.

Ähnliche Veröffentlichung am Donnerstag

Bereits am Donnerstag hatte sich das Pentagon auf diese Weise geäußert, als eine ähnliche Veröffentlichung geheimer Dokumente über die Vorbereitungen der Ukraine für eine gegen Russland gerichtete Militäroffensive bekanntwurde.

Russland-Experte zum Ukraine-Krieg

Russland-Experte Gerhard Mangott, Professor für internationale Politik an der Uni Innsbruck, spricht über die aktuelle Stimmung in Russland und die Chancen für Friedensverhandlungen mit der Ukraine.

Die Dokumente sind laut „New York Times“ über Twitter und Telegram verbreitet worden und sollen Details über Waffenlieferungen, Bataillonsstärken und andere sensible Informationen enthalten haben. Allerdings seien die Informationen in den Dokumenten mindestens fünf Wochen alt und gäben den Stand von Anfang März wieder.

Fachleute warnten dem Bericht zufolge davor, dass einige Dokumente im Rahmen einer russischen Desinformationskampagne verändert worden sein könnten. So seien höhere Todesopfer unter den ukrainischen Truppen und die russischen Verluste niedriger angegeben worden.

„Alptraum“ für Geheimdienstallianz

Der „New York Times“ zufolge beschrieb ein US-Geheimdienstmitarbeiter die Enthüllungen als „Alptraum“ für die „Five Eyes“ (Fünf Augen). Der Begriff bezeichnet die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit von fünf Ländern: USA, Großbritannien, Australien, Neuseeland und Kanada.

Ukraine vor Frühjahrsoffensive

In der Ukraine laufen die Vorbereitungen für eine Frühjahrsoffensive offenbar auf Hochtouren. China und Frankreich plädieren dagegen für baldige Friedensgespräche. Aber die Ukraine und Russland stellen Bedingungen.

In nationalen Sicherheitskreisen frage man sich nach den Enthüllungen, wie viele geheime Informationen noch nach außen gedrungen seien, und bemühe sich nach Kräften, die undichte Stelle zu finden, berichtete die „New York Times“. Die jüngst veröffentlichten Dokumente enthielten neben Informationen zur Ukraine auch geheime Angaben in Bezug auf China, die militärische Lage im Indopazifik, den Nahen Osten sowie Terrorismus, hieß es.

Kiew: „Gewöhnliches Geheimdienstspiel“

Kiew hält die Dokumente für russische Fälschungen und Teil einer Desinformationskampagne Moskaus. „Es ist ein gewöhnliches Geheimdienstspiel“, so Präsidentenberater Podoljak. Die russischen Geheimdienste hätten die Dokumente selbst erstellt mit dem Ziel, unter den Verbündeten der Ukraine Zweifel und Zwietracht zu säen und von den nächsten Etappen im Krieg abzulenken.

Podoljak erklärte, bei dem Material handle es sich um eine Sammlung von Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen, die mit Erfindungen und abgefangenen Informationen vermischt seien. Das alles sei dann, mit dem Stempel eines Lecks geheimer Daten versehen, im Internet und massenhaft in sozialen Netzwerken veröffentlicht worden in der Hoffnung, so eine gewisse Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Podoljak hatte bereits die ersten aufgetauchten Dokumente als Fälschungen und russische Desinformation bezeichnet.

Kreml sieht sich bestätigt

Moskau sah sich indes bereits nach dem Auftauchen der ersten Dokumente in der Einschätzung der Rolle Washingtons in dem Konflikt bestätigt. „Wir haben nicht die leisesten Zweifel an einer direkten oder indirekten Verwicklung der USA und der NATO in den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dem US-Fernsehsender CNN. „Wir behalten den Prozess im Blick. Ja, und natürlich macht es alles komplizierter, aber es kann keinen Einfluss haben auf das endgültige Ergebnis der Spezialoperation“, sagte er.