Mit Samstag, dem 15. April, soll die Betriebszeit der AKWs Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen enden. Der Atomausstieg sei „unumkehrbar“, betonte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis90/Die Grünen).
Die letzten drei von ursprünglich 17 deutschen AKWs, die dann vom Netz genommen werden, würden „früher oder später in den Rückbau gehen“, sagte Habeck den Zeitungen der deutschen Funke-Mediengruppe (Montag-Ausgaben). Ein Neubau von Kernkraftwerken habe sich immer als ökonomisches Fiasko dargestellt – ob in Frankreich, Großbritannien oder Finnland.
„Energieversorgungssicherheit wurde gewährleistet“
„Es gibt auch kein Interesse von deutschen Betreibern, neue Atomkraftwerke zu bauen. Unser Energiesystem wird sich anders aufbauen: Wir werden bis 2030 zu 80 Prozent erneuerbare Energien haben“, so Habeck. Die Frage, ob er die Sicherheit der Energieversorgung nach dem Atomausstieg garantieren könne, bejahte er.

„Die Energieversorgungssicherheit in Deutschland wurde in diesem schwierigen Winter gewährleistet und wird auch weiter gewährleistet sein“, sagte Habeck. „Wir haben die Lage im Griff durch die hohen Füllstände in den Gasspeichern und die neuen Flüssiggasterminals an den norddeutschen Küsten und nicht zuletzt durch mehr erneuerbare Energien.“
Schwieriger Abschied auch von der Kohle
Zuletzt hatte Deutschland allerdings noch viel Energie mit Steinkohle erzeugt und wegen der Erdgaskrise letztes Jahr alte Standorte reaktiviert. Neben dem Atomausstieg plant Berlin auch den Kohleausstieg bis spätestens 2038. Der Atomausstieg war bereits 2011 beschlossen worden, der Ausstieg aus Braun- und Steinkohle zur Stromerzeugung 2019.
Die letzten drei deutschen AKWs hätten laut ursprünglichem Zeitplan eigentlich schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise beschloss die „Ampelkoalition“ aus SPD, FDP und Grünen aber, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen.
Deutliche Mehrheit gegen Abschaltung
Über den Ausstieg gehen nicht nur in der deutschen Politik, sondern auch in der Öffentlichkeit die Meinungen auseinander. Fast zwei Drittel der Deutschen sprachen sich zuletzt in einer Umfrage gegen die Abschaltung der letzten AKWs aus. Knapp ein Drittel (32 Prozent) befürworteten einen befristeten Weiterbetrieb, 33 Prozent eine unbefristete Laufzeitverlängerung. Nur 26 Prozent halten die Abschaltung zum aktuellen Zeitpunkt für richtig.
Nur die Anhänger der Grünen sind mit 56 Prozent mehrheitlich für die Abschaltung. Bei den Wählern der anderen beiden Koalitionsparteien überwiegt dagegen die Ablehnung. Von den SPD-Anhängern sind nur 31 Prozent dafür, die Nutzung der Atomkraft zum jetzigen Zeitpunkt zu beenden. Bei den FDP-Wählern sind es sogar nur zwölf Prozent. Auch unter den Anhängern der Linkspartei sind nur 37 Prozent für eine Abschaltung. Bei der CDU/CSU sind es 16 Prozent, bei der AfD sogar nur sechs Prozent.
Rückbau als Großaufgabe
Die bereits abgeschalteten deutschen AKWs wurden in mehreren Wellen stillgelegt, einige befinden sich (noch) in unterschiedlichen Stadien des Rückbaus, nachdem sich Kernkraftwerke nicht einfach vom Netz nehmen und abreißen lassen. Für das AKW Emsland im niedersächsischen Lingen etwa rechnet der Betreiber RWE mit einer 14 Jahre dauernden ersten Rückbauphase einschließlich Nachbetrieb, wie es am Osterwochenende hieß.

„Entsprechend unserer heutigen Planung gehen wir davon aus, dass die Anlage im Jahre 2037 nachweislich frei von jedweder Radioaktivität sein wird und somit aus dem Geltungsbereich des Atomgesetzes entlassen werden kann“, so ein Sprecher des deutschen Energiekonzerns. „Im Anschluss erfolgt der konventionelle Anlagenrückbau“ – sprich der Abriss des Anlagenkomplexes.
Nicht einfach Abriss
Nach Angaben des deutschen Kerntechnik-Branchenverbandes KernD dauert die allein die Nachbetriebsphase in der Regel vier bis fünf Jahre. In dieser Phase werden die Brennelemente aus der Anlage in das Standortzwischenlager gebracht und Anlagenteile abgebaut. Erst danach beginnt die eigentliche Stilllegungsphase.
Die Kosten für Nachbetrieb und Rückbau eines Kernkraftwerks schwanken laut RWE je nach Größe, Alter und Betriebsstunden der Anlagen zwischen 500 Millionen und einer Milliarde Euro. Beton, Glas, Schrott und Kunststoff bildeten mit rund 90 Prozent den überwiegenden Teil der Abfälle beim Rückbau. Was davon recycelt werden könne, werde recycelt.