Ladestation an einem Taxistand in Yibin
IMAGO/YYC
Natrium statt Lithium

China führt Revolution bei E-Batterien an

Die EU und die USA setzen voll auf E-Mobilität, binnen weniger Jahre soll die Mehrheit der Fahrzeuge auf der Straße elektrisch angetrieben sein. Das große Geschäft mit dieser Revolution könnte allerdings China machen. Dort haben Firmen eine neue, viel billigere, E-Batterie zur Serienreife entwickelt – mit Natrium statt Lithium.

In der EU sollen ab 2035 Neuwagen nur noch mit E-Motor oder mit E-Fuels zugelassen werden. Und die USA kündigten nun als Ziel an, dass ab 2032 fast drei Viertel aller Neuzulassungen – auch Lkws und Busse – E-Fahrzeuge sein sollen. Damit wird in ganz kurzer Zeit eine der weltweit größten Branchen völlig auf den Kopf gestellt. Daraus ergeben sich naturgemäß riesige Geschäftschancen – und das bei Weitem nicht nur im Bereich E-Mobilität.

Eine besonders gute Startposition hat dabei China. Denn dort haben mehrere Firmen mittlerweile bei der Entwicklung von Natrium-Ionen-Batterien (Na-Ion) die Schwelle zur Serienreife erreicht. Natrium, wesentlicher Bestandteil von Salz, ist so wie Nickel und Calcium eines der am häufigsten vorkommenden Elemente in der Erde und kostet nur einen Bruchteil von Lithium. Natrium hat gegenüber dem derzeit üblichen Lithium nicht nur einen großen Preisvorteil.

Kein Problem mit Kälte

Na-Ion-Batterien sind auch weniger kälteempfindlich, verlieren also bei Minusgraden kaum Ladung. Derzeit sinkt die Reichweite von E-Autos ab gewissen Temperaturen teils spürbar. Dank guter Leistungsdichte können sie auch vergleichsweise schnell geladen werden. Auch die höhere Sicherheit spricht für sie: Denn die Explosions- oder Brandgefahr ist bei Na-Ion-Batterien viel geringer als bei Lithiumbatterien. Sie können zudem völlig entladen werden, wodurch bei einem Transport das Brandrisiko praktisch bei null liegt.

Auch andere, vergleichsweise teure Materialien wie Kupfer und Nickel für Kathode und Anode werden demnach durch deutlich billigere ersetzt. E-Batterien könnten, so Schätzungen, damit um bis zu drei Viertel billiger werden. Die Preise von E-Autos könnten somit insgesamt den gewohnten Preisen von Autos mit Verbrennermotor angeglichen werden.

Produktionsstätte von CATL in Ningde
IMAGO/Lin Shanchuan
Bürogebäude und Produktionsanlage von CATL im chinesischen Ningde

Serienproduktion soll heuer starten

Bereits im Februar präsentierte das Unternehmen HiNa-Battery, das eng mit der Chinesischen Akademie der Wissenschaften kooperiert, bei der Zweiten Chinesischen Natrium-Ionen-Batterien-Konferenz einen Pkw mit einer Na-Ion-Batterie. Laut der staatlichen Tageszeitung „China Daily“ hat die Batterie eine Kapazität von 25 kWh, und eine Ladung soll für bis zu 250 Kilometer reichen.

Der größte Hersteller, CATL – derzeit bereits Zulieferer etwa von Tesla und anderen Autobauern – hat für heuer den Start der Serienproduktion angekündigt. Innerhalb weniger Jahre wurde dabei laut dem derzeit größten E-Batterieproduzenten weltweit die Batterie in mehreren Bereichen entscheidend verbessert.

Batterie mit beiden Zellentypen

Der größte Schwachpunkt bei Na-Ion-Batterien ist offenbar noch die Reichweite, auch wenn diese verbessert werden konnte. CATL entwickelte daher nach eigenen Angaben eine hybride Batterie, in der sich sowohl Natrium- als auch Lithiumzellen befinden. Ein zweiter Nachteil ist, dass Natriumbatterien deutlich größer sind, wenn sie die gleiche Elektrizitätsmenge wie Lithiumbatterien erreichen sollen.

Damit sollen die positiven Eigenschaften beider Systeme – Kälteunempflindlichkeit und günstiger Preis der Natriumtechnologie – mit der höheren Reichweite der Lithiumtechnologie verbunden werden. Noch heuer will CATL laut „New York Times“ mit diesem Kombibatterietyp in die Massenproduktion gehen.

Laut Angaben der chinesischen Batterienbauer haben diese nun auch eine Methode gefunden, um Na-Ion-Batterien ähnlich wie die Lithium-Ionen-Batterien zu produzieren. Mit anderen Worten: Sie können ohne größeren Umbau in bestehenden Produktionsstraßen hergestellt werden.

Monopolstellung China

Laut „NYT“ gibt es weltweit 20 Natrium-Batterien-Werke, die derzeit in Planung oder bereits in Bau sind – 16 davon in China. Dabei begann die Forschung zu Natriumbatterien bereits in den 1970er Jahren – vor allem in den USA. Doch China hat – aufbauend auf die Forschungen westlicher Unternehmen -längst die Führung bei der Kommerzialisierung der Technologie übernommen. 2025 wird China laut der Beratungsfirma Benchmark Minerals 95 Prozent der weltweiten Kapazitäten für die Herstellung von Natriumbatterien haben.

Bei der Automesse in Schanghai, die nächsten Dienstag startet, sollen mehrere Klein-Pkws mit Natriumbatterie für den chinesischen Markt präsentiert werden. Bis Natriumbatterien Lithiumbatterien ablösen, werden wohl noch einige Jahre vergehen, falls das überhaupt in dieser Form eintritt.

Ökobilanz in China fragwürdig

Ob die Natriumtechnologie die Stromspeicherindustrie binnen weniger Jahre auf völlig neue Beine stellt, ist noch ungewiss: China selbst hat praktisch keine natürlichen Vorkommen von Natriumkarbonat, dem benötigten Ausgangsstoff. Es wird daher künstlich erzeugt – mit Strom aus Kohlekraftwerken und wiederholter schwerer Wasserverunreinigung, die Ökobilanz ist damit zumindest derzeit fragwürdig. Und westliche Fachleute zweifeln auch noch an der Haltbarkeit der Batterien unter realen Bedingungen – also nicht im Labor, sondern im Freien.

Stationäre Speicher

Wohl viel schneller dürften Natriumbatterien als stationäre Speicher – etwa bei Photovoltaik- und Windparkanlagen – massenhaft zum Einsatz kommen. Hier gibt es auch westliche Firmen, in den USA Natron Energy, in Großbritannien AMTE und Faradion, in Deutschland Altech Chemicals gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut und in Schweden Altris, das ein spezielles Kathodenmaterial für Natriumbatterien produziert. In kleinerem Maßstab arbeitet etwa in Österreich Kite Rise an „Salzspeichern“ für den Privat- und Gewerbebereich.

Mit der Abkehr von mit fossilen Brennstoffen erzeugtem Strom werden solche Speicher stark an Bedeutung gewinnen. In vielen chinesischen Provinzen etwa müssen Solar- und Windstromerzeuger bis zu 20 Prozent ihres Stroms speichern können.

Das britische Branchenmagazin Energy Storage News meinte daher bereits im Vorjahr, dass Natriumbatterien möglicherweise das Feld nicht völlig auf den Kopf stellen würden. Wahrscheinlicher sei, dass verschiedene Speichertechologien nebeneinander bestehen werden – zumindest in der voraussehbaren Zukunft.